Dan Brown - Das verlorene Symbol

  • endlich das neue Buch mit RL:


    Zitat

    Der neue Roman von Bestsellerautor Dan Brown blieb bisher ein Geheimnis. Nun ist er endlich da! Spannend wie nie, gut wie immer!


    Washington, D.C.: In der amerikanischen Hauptstadt liegt ein sorgsam gehütetes Geheimnis verborgen, und ein Mann ist bereit, dafür zu töten. Doch dazu benötigt er die Unterstützung eines Menschen, der ihm freiwillig niemals helfen würde: Robert Langdon, Harvard-Professor und Experte für die Entschlüsselung und Deutung mysteriöser Symbole.
    Nur ein finsterer Plan ermöglicht es, Robert Langdon in die Geschichte hineinzuziehen. Fortan jagt der Professor über die berühmten Schauplätze der Hauptstadt, doch die wahren Geheimnisse sind in dunklen Kammern, Tempeln und Tunneln verborgen. Orte, die vor ihm kaum jemand betreten hat. Und er jagt nicht nur – er wird selbst zum Gejagten. Denn das Rätsel, das nur er zu lösen vermag, ist für viele Kreise von grösster Bedeutung – im Guten wie im Bösen.

    Zwölf Stunden bleiben Robert Langdon, um seine Aufgabe zu erfüllen. Danach wird die Welt, die wir kennen, eine andere sein.


    Für sein neues Buch hat sich Dan Brown gleich mehrere Jahre Zeit gelassen. Worum es darin geht, wusste vor der Veröffentlichung praktisch niemand.



    Donja, wenn du es kaufts, dann lese ich es auch gerne :mrgreen:

  • Eine Leseprobe


    [spoil]Dan Brown – DAS VERLORENE SYMBOL
    Leseprobe
    Fakt:
    Im Jahre 1991 wurde ein Dokument im Safe des CIA-Direktors verschlossen. Dieses Dokument befindet sich heute noch dort. Sein kryptischer Text enthält Hinweise auf ein altes Portal und einen unbekannten Ort im Untergrund. Ausserdem enthält das Schriftstück den Satz: „Es liegt irgendwo dort draussen vergraben.“


    Die Organisationen, die in diesem Roman eine Rolle spielen, existieren tatsächlich, einschliesslich der Freimaurer, des Unsichtbaren Collegiums, des SMSC und des Instituts für Noetische Wissenschaften. Sämtliche Rituale, die geschildert werden, sind authentisch, und die aufgeführten wissenschaftlichen Fakten entsprechen den Tatsachen.


    Die im Roman genannten Kunstwerke und Monumente sind real.
    PROLOG
    Haus des Tempels
    20.33 Uhr
    Im Sterben liegt das Geheimnis.
    So war es seit Anbeginn der Zeit.
    Der vierunddreissigjährige Anwärter blickte auf den menschlichen Schädel, den er in Händen hielt. Der Totenkopf war hohl wie eine Schale und gefüllt mit blutrotem Wein.
    Trink, sagte er sich. Du hast nichts zu befürchten.
    Wie die Tradition es verlangte, hatte er seine Reise im rituellen Gewand eines mittelalterlichen Ketzers angetreten, der zum Galgen geführt wird, mit weit aufklaffendem Hemd, sodass die blasse Brust zu sehen war; das linke Hosenbein bis zum Knie aufgerollt, der rechte Ärmel bis zum Ellbogen. Um seinen Hals hatte eine schwere geknüpfte Schlinge gelegen – ein „Kabeltau“, wie die Brüder es nannten. Heute jedoch trug der Anwärter – ebenso wie die Bruderschaft, die das Geschehen bezeugte –, die Kleidung eines Meisters.
    Die versammelten Brüder, die den Anwärter umstanden, waren in vollem Ornat angetan: Schurz, Schärpe und weisse Handschuhe. Um den Hals trugen sie Bijous, zeremonielle Schmuckabzeichen, die in dem gedämpften Licht wie geisterhafte Augen funkelten. Viele dieser Männer hatten ausserhalb der Loge bedeutende Ämter und Machtpositionen inne, und doch wusste der Anwärter, dass ihr weltlicher Rang innerhalb dieser Mauern nichts bedeutete. Hier waren alle gleich – eine verschworene Gemeinschaft, vereint durch ein mystisches Band.
    Als der Blick des Anwärters über die beeindruckende Versammlung schweifte, fragte er sich, wer in der Welt ausserhalb des Tempels wohl glauben würde, dass eine solche Gruppe von Männern tatsächlich zusammenkam – zumal an einem Ort wie diesem, der wie ein antikes Heiligtum aus einer versunkenen Welt erschien.
    Die Wahrheit jedoch war noch unglaublicher.
    Ich bin nur ein paar Hundert Meter vom Weissen Haus entfernt.
    Dieses machtvolle Gebäude an der Sechzehnten Strasse NW, Nr. 1733, in Washington, D.C., war die Nachbildung eines vorchristlichen Heiligtums, des Tempels König Mausolos II., des ursprünglichen Mausoleums – ein Tempel der Toten. Vor dem Haupteingang bewachten zwei siebzehn Tonnen schwere Sphingen das bronzene Portal. Das Innere war ein reich verziertes Labyrinth von Ritualkammern, Sälen, verschlossenen Räumen und Bibliotheken; eine hohle Wand barg die Überreste zweier menschlicher Körper. Jede der Kammern und jeder der Säle in diesem Gebäude enthielte ein Geheimnis, hatte man dem Anwärter anvertraut.
    Die grössten Mysterien jedoch barg jener riesige Saal, in dem er nun kniete, den Totenschädel in den Händen. Der Tempelsaal.
    Dieser Saal war von quadratischem Grundriss – die vollkommene Form – und hatte gewaltige Ausmasse. Die Decke, gestützt von monolithischen Säulen aus grünem Granit, befand sich hundert Fuss über dem Boden. Eine mehrstufige Galerie mit dunklem Gestühl aus russischem Walnussholz und Schweinsleder, von Hand punziert, erstreckte sich an den Wänden. Ein dreiunddreissig Fuss hoher Thron beherrschte die westliche Wand; auf der gegenüberliegenden Seite erhob sich eine verdeckte Orgel. Die Wände waren ein Kaleidoskop uralter Symbole – ägyptische und hebräische Zeichen, astronomische und alchemistische Symbole sowie Darstellungen noch unbekannter Natur.
    Am heutigen Abend wurde der Tempelsaal von einer Reihe genau ausgerichteter Kerzen erhellt. Ihr matter Schein vermischte sich mit einem bleichen Lichtstrahl, der durch die polygonale Kuppel in der Mitte der Decke in den Tempelraum fiel und dessen eindrucksvollstes Element beleuchtete, einen mächtigen Altar aus poliertem schwarzem Marmor, der genau im Zentrum des Saales stand.
    Im Sterben liegt das Geheimnis, rief der Anwärter sich ins Gedächtnis.
    „Es ist Zeit“, flüsterte eine Stimme.
    Der Anwärter richtete den Blick auf die ehrwürdige, weiss gekleidete Gestalt, die vor ihm stand. Der oberste Meister vom Stuhl. Dieser Mann, Ende fünfzig und mit silbergrauem Haar, war eine amerikanische Ikone – beliebt, bodenständig und unermesslich reich. Auf seinen Gesichtszügen, die in den Vereinigten Staaten jeder kannte, spiegelten sich ein Leben voller Macht und ein kraftvoller Geist.
    „Sprechen Sie den Eid“, sagte der Meister vom Stuhl, und seine Stimme war weich und sanft wie Schnee, der zu Boden rieselt. „Vollenden Sie Ihre Reise.“
    Die Reise des Anwärters hatte mit dem ersten Grad begonnen, wie alle derartigen Reisen. Damals, bei einem ähnlichen abendlichen Ritual wie diesem, hatte der Meister vom Stuhl ihm mit einer samtenen Binde die Augen verbunden, hatte ihm einen zeremoniellen Degen an die blosse Brust gehalten und ihm die Frage gestellt: „Erklären Sie aufrichtig bei Ihrer Ehre, unbeeinflusst von Gewinnstreben oder anderen unwürdigen Motiven, dass Sie aus freiem Entschluss und Willen Aufnahme in diese Bruderschaft begehren?“
    „Ja“, hatte der Suchende gelogen.
    „Dann möge dies ein Stich für Ihr Gewissen sein“, hatte der Meister ihn gewarnt, „und desgleichen sofortiger Tod, sollten Sie je die Geheimnisse verraten, die man Ihnen anvertrauen wird.“
    Damals hatte er keine Furcht verspürt. Sie werden meine wahre Absicht nie erkennen.
    Am heutigen Abend jedoch glaubte er eine düstere, bedrohliche Stimmung im Tempelsaal wahrzunehmen, einen ahnungsvollen Ernst. Schaudernd musste er an die grausamen Strafen denken, die ihm auf seiner bisherigen Reise angedroht worden waren für den Fall, dass er eines der uralten Geheimnisse verriet, die man ihm anvertraut hatte:
    Der Hals durchschnitten von Ohr zu Ohr ... die Zunge bei der Wurzel ausgerissen ... die Eingeweide herausgerissen und verbrannt ... in die vier Winde des Himmels zerstreut ... das Herz aus der Brust gerissen und streunenden Tieren zum Frass vorgeworfen ...
    „Bruder“, sagte der grauäugige Meister und legte dem Anwärter die linke Hand auf die Schulter. „Sprechen Sie den letzten Eid.“
    Der Anwärter wappnete sich für den abschliessenden Schritt seiner Reise, straffte seine kräftige Gestalt und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Totenkopf zu, den er noch immer in Händen hielt. Der rote Wein in der Schädelhöhle sah im matten Kerzenlicht fast schwarz aus. Tiefes Schweigen hatte sich über den Tempelsaal gesenkt. Der Anwärter spürte beinahe körperlich, wie die aufmerksamen Blicke sämtlicher Zeugen auf ihm ruhten, wie sie darauf warteten, dass er den letzten Eid ablegte und sich ihren Reihen hinzugesellte, den Reihen der Auserwählten.
    Heute Abend, ging es ihm durch den Kopf, wird in diesen Mauern etwas geschehen, was es in der Geschichte dieser Bruderschaft noch nie gegeben hat, nicht ein einziges Mal in all den
    Jahrhunderten ...
    Er wusste, es würde der entscheidende Funke sein, und es würde ihm unermessliche Macht verleihen.
    Mit neuem Mut holte er tief Atem und sprach laut dieselben Worte, die zahllose Männer vor ihm in allen Ländern der Erde gesprochen hatten:
    „Möge dieser Wein, den ich nun trinke, mir ein tödliches Gift werden ... sollte ich je wissentlich oder willentlich meinen Eid verletzen.“
    Seine Worte hallten von den hohen Wänden wider. Dann breitete sich tiefe Stille aus.
    Mit ruhigen Händen hob der Anwärter den Schädel an den Mund und spürte, wie seine Lippen das trockene Gebein berührten. Er schloss die Augen, hob den Schädel an und trank in langen, tiefen Schlucken. Als der letzte Tropfen getrunken war, liess er den Totenschädel sinken ...
    ... und bekam einen Augenblick lang keine Luft mehr, während sein Herz wild zu pochen begann und seine Hände zitterten. Für einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen.
    Mein Gott, sie wissen Bescheid!
    Dann schwand das beängstigende Gefühl so schnell, wie es gekommen war.
    Eine angenehme Wärme durchströmte den Körper des Anwärters. Er atmete aus und lächelte in sich hinein, als er zu dem grauäugigen Mann aufblickte, der so arglos gewesen war, ihn in die allergeheimsten Ränge der Bruderschaft aufzunehmen.
    Bald wirst du alles verlieren, was dir lieb und wert ist.
    Kapitel 1
    In dem Otis-Aufzug, der an der Südseite des Eiffelturms hinauffuhr, drängten sich die Touristen. In der beengten Kabine blickte ein seriös gekleideter Herr auf den Jungen neben ihm hinunter. „Du siehst blass aus. Du hättest lieber unten bleiben sollen.“
    „Ach, mir geht’s gut ...“, antwortete der Junge, bemüht, seine Angst in den Griff zu bekommen. „Ich steig auf der nächsten Etage aus.“
    Der Mann beugte sich tiefer zu dem Jungen. „Ich dachte, du hättest deine Angst überwunden.“ Er strich dem Kind zärtlich über die Wange.
    Der Junge schämte sich, weil er seinen Vater enttäuscht hatte, doch durch das Klingeln in seinen Ohren konnte er kaum etwas hören.
    Ich krieg keine Luft. Ich muss hier raus!
    Der Fahrstuhlführer sagte irgendetwas Beruhigendes über Pendelschaftkolben und Puddeleisenkonstruktion, doch der Junge blickte voller Furcht auf die Strassen von Paris, die sich tief unter ihnen in sämtliche Richtungen erstreckten.
    Wir sind fast da, sagte er sich im Stillen, legte den Kopf in den Nacken und blickte hinauf zur Ausstiegsplattform. Halt durch!
    Als die Kabine sich steil auf die obere Aussichtsplattform zu bewegte, verengte sich der Schacht. Die massiven Stützen wuchsen zu einem engen, senkrecht in die Höhe führenden Tunnel zusammen. „Dad, ich glaub nicht ...“
    Plötzlich ein Knall. Noch einer. Und noch einer. Der Aufzug ruckte, neigte sich gefährlich zur Seite. Zerrissene Kabel peitschten um die Kabine, wild zuckend wie gereizte Schlangen. Der Junge griff Hilfe suchend nach der Hand seines Vaters.
    „Dad!“
    Ihre Blicke trafen sich eine Schrecksekunde lang.
    Dann sackte der Fussboden unter ihren Füssen weg, und der Lift schoss in die Tiefe ...
    Mit einem Ruck schreckte Robert Langdon in seinem weichen Ledersitz aus dem Halbdämmern seines Tagtraums. Er sass ganz allein im grosszügig bemessenen Passagierraum eines Falcon- 2000EX-Firmenjets, der soeben von Turbulenzen durchgeschüttelt wurde. Im Hintergrund summten im Gleichklang die zwei Pratt-&-Whitney-Triebwerke.
    „Mr. Langdon?“ Der Lautsprecher in der Decke knisterte.
    „Wir setzen jetzt zur Landung an.“
    Langdon richtete sich auf und schob seine Vortragsnotizen zurück in die lederne Umhängetasche. Er war mit einer Rekapitulation freimaurerischer Symbolik beschäftigt gewesen, als seine Gedanken abgedriftet waren. Der Traum über seinen verstorbenen Vater war, so vermutete er, auf die unerwartete Einladung durch seinen langjährigen Mentor Peter Solomon zurückzuführen.
    Der andere Mann, den ich niemals enttäuschen will.
    Der achtundfünfzigjährige Philanthrop, Historiker und Wissenschaftler hatte Langdon vor nahezu dreissig Jahren unter seine Fittiche genommen und damit in mancher Hinsicht die Leere gefüllt, die nach dem Tod von Langdons Vater entstanden war. Wenngleich Solomon einer einflussreichen Familiendynastie angehörte und über immensen Reichtun verfügte, hatte Langdon in den sanften grauen Augen dieses Mannes Demut und Wärme gefunden.
    Draussen war die Sonne bereits untergegangen, doch durch das Fenster konnte Langdon noch die schlanke Silhouette des grössten Obelisken der Welt ausmachen, der wie der Zeiger einer riesigen Sonnenuhr am Horizont aufragte. Das 555 Fuss hohe Monument markierte das Herz der Nation. Um den Obelisken herum erstreckten sich die geometrischen Kraftlinien der Strassen und Bauwerke der Stadt.
    Selbst aus der Luft strahlte Washington, D.C., eine beinahe mystische Macht aus.
    Langdon liebte diese Stadt. Als der Jet auf der Landebahn aufsetzte, spürte er eine wachsende Erregung bei dem Gedanken daran, was vor ihm lag. Die Maschine rollte zu einem privaten Terminal auf der weiten Fläche des Dulles International Airport und kam zum Stehen.
    Langdon packte seine Sachen, dankte den Piloten und trat aus dem luxuriösen Innern des Falcon hinaus auf die Gangway. Die kalte Januarluft war eine Wohltat.
    Tief durchatmen, Robert, sagte er sich, erleichtert über die Weite der Umgebung.
    Eine weisse Nebeldecke wogte über dem Boden. Langdon hatte das Gefühl, sich einem Sumpf zu nähern, als er zum nebligen Asphalt hinunterstieg.
    „Hallo!“, rief eine singende Stimme mit britischem Akzent. „Hallo! Professor Langdon?“
    Langdon blickte auf und sah eine Frau mittleren Alters mit einem Abzeichen und einem Klemmbrett auf ihn zueilen, wobei sie freudig winkte. Lockiges blondes Haar lugte unter einer modischen Strickmütze hervor.
    „Willkommen in Washington, Sir.“
    Langdon lächelte. „Vielen Dank.“
    „Mein Name ist Pam, Sir, vom Passagierservice!“ Die Frau sprach mit einem Überschwang, der fast schon auf die Nerven ging. „Wenn Sie bitte mit mir kommen wollen, Sir, Ihr Wagen steht bereit.“
    Langdon folgte ihr über die Rollbahn zum Signature-Terminal, der von funkelnden Privatjets umgeben war. Ein Taxistand für die Reichen und Berühmten.
    „Verzeihen Sie, wenn ich Ihnen lästig falle, Professor“, sagte die Frau, „aber sind Sie der Robert Langdon, der die Bücher über Symbole und Religion schreibt?“
    Langdon zögerte und nickte dann.
    „Hab ich’s mir doch gedacht!“, verkündete sie strahlend.
    „Mein Lesekreis hat Ihr Buch über das göttlich Weibliche und die Kirche gelesen! Hat ja für einen schönen Skandal gesorgt! Es macht Ihnen wohl Spass, den Fuchs im Hühnerstall zu spielen?“
    Langdon lächelte. „Das war nie meine Absicht.“
    Die Frau schien zu spüren, dass Langdon nicht in der Stimmung war, über sein Werk zu diskutieren. „Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht vollquatschen. Ich kann mir denken, dass Sie es leid sind, erkannt zu werden ... aber das ist ja Ihre eigene Schuld.“ Neckisch wies sie auf seine Kleidung. „Ihre Uniform hat Sie verraten.“
    Meine Uniform? Langdon blickte an sich hinunter. Er trug seinen gewohnten anthrazitfarbenen Rollkragenpullover, ein Harris-Tweed-Jackett, eine Khakihose und Halbschuhe aus Korduanleder – seine übliche Kleidung für den Hörsaal, Vortragsreisen, Autorenfotos und gesellschaftliche Anlässe. Die Frau lachte. „Ihr Rolli ist völlig aus der Mode.
    Ausserdem würde eine Krawatte Ihnen viel besser stehen!“
    Nur über meine Leiche, dachte Langdon. Bloss kein Galgenstrick.
    In der Phillips Exeter Academy, die er besucht hatte, waren Krawatten Pflicht gewesen, und trotz der romantischen Vorstellungen des Direktors, der Urspung dieser Halszierde ginge auf die seidenen fascalia zurück, die von römischen Rednern getragen wurden, um ihre Stimmbänder zu wärmen, wusste Langdon, dass das Wort Krawatte sich etymologisch von einer brutalen Bande „kroatischer“ Söldner herleitete, die sich Halstücher umgeknüpft hatten, bevor sie in die Schlacht gestürmt waren. Bis heute wurde diese alte Kriegstracht Tag für Tag von modernen Bürokriegern angelegt, um ihre Feinde beim Kampf an den Konferenztischen einzuschüchtern.
    „Vielen Dank für den Hinweis“, sagte Langdon mit einem Glucksen. „Ich werde es mir für die Zukunft merken.“
    Zum Glück stieg in diesem Augenblick ein elegant gekleideter Mann in dunklem Anzug aus einem funkelnden Lincoln Town Car, der nahe dem Terminal parkte, und hob den Finger. „Mr. Langdon? Ich bin Charles von Beltway Limousine.“ Er öffnete die hintere Beifahrertür. „Guten Abend, Sir. Willkommen in Washington.“
    Langdon drückte Pam für ihre Freundlichkeit ein Trinkgeld in die Hand und stieg ins feudale Innere des Town Car. Der Fahrer zeigte ihm den Temperaturregler, die Mineralwasserflaschen und das Körbchen mit heissen Muffins. Sekunden später rauschte Langdon auf einer privaten Zufahrtsstrasse davon. Schön, mal wieder wie einer von den oberen Zehntausend zu leben.
    Als der Fahrer den Wagen den Windsock Drive hinauf beschleunigte, konsultierte er seinen Auftragszettel und tätigte einen kurzen Anruf. „Hier Beltway Limousine“, sagte er in geschäftsmässigem Tonfall. „Ich sollte bestätigen, dass mein Passagier gelandet ist ...“ Er machte eine Pause.
    „Ja, Sir. Ihr Gast, Mr. Langdon, ist angekommen. Ich setze ihn um neunzehn Uhr am Capitol Building ab. Gern geschehen, Sir.“
    Langdon konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
    Nichts dem Zufall überlassen. Peter Solomons Aufmerksamkeit fürs Detail war eine seiner grössten Stärken; nur sie machte es ihm möglich, seine nicht unwesentliche Macht mit scheinbarer Mühelosigkeit auszuüben. Ein paar Milliarden Dollar auf der Bank schaden dabei auch nicht.
    Langdon liess sich in den weichen Ledersitz sinken und schloss die Augen, als die Geräusche des Flughafens hinter ihm verklangen. Das U.S. Capitol war eine halbe Stunde entfernt, und er war froh, dass ihm ein wenig Zeit blieb, seine Gedanken zu ordnen. Alles war heute so schnell gegangen, dass er erst jetzt in Ruhe über den unglaublichen Abend nachdenken konnte, der vor ihm lag.
    Ankunft unter dem Schleier der Geheimhaltung, ging es ihm durch den Kopf. Die Vorstellung erheiterte ihn.


    Zehn Meilen vom Capitol Building entfernt traf eine einsame Gestalt ungeduldig die letzten Vorbereitungen für Robert Langdons Ankunft.
    Kapitel 2
    Der Mann, der sich Mal’akh nannte, drückte die Nadel gegen seinen rasierten Kopf und seufzte vor Befriedigung, als die scharfe Spitze rhythmisch in sein Fleisch stach. Das leise Summen des elektrischen Werkzeugs machte süchtig ... so wie der Stich der Nadel, die sich in seine Dermis bohrte und dort ihre Farbpartikel hinterliess.
    Ich bin ein Meisterwerk
    Das Ziel des Tätowierens war niemals Schönheit. Das Ziel war Veränderung. Von den narbengeschmückten nubischen Priestern des dritten Jahrtausends vor Christus über die tätowierten Akolythen des Kybele-Kults im alten Rom bis hinzu den der modernen Maori mit ihren Moko-Narben hatten Menschen die Tätowierung als einen Weg betrachtet, ihren Körper als partielles Opfer darzubieten, den physischen Schmerz der Prozedur zu erdulden und als veränderte Wesen daraus hervorzugehen.
    Trotz des ominösen Gebots in Levitikus 19, Vers 28, sich keine Zeichen auf dem Körper einritzen zu lassen, waren Tattoos für Millionen von Menschen im modernen Zeitalter Mutprobe und Ritus zugleich geworden - für adrette Teenager über verdreckte Junkies bis hin zu gelangweilten Hausfrauen.
    Der Akt des Sich-Tätowieren-Lassens war eine machtvolle Transformation und zugleich eine Verkündigung an die Welt:
    Siehe, ich beherrsche mein eigenes Fleisch. Das berauschende Gefühl der Kontrolle, das sich aus der physischen Verändung speiste, hatte Millionen süchtig gemacht nach Modifikationen des eigenen Körpers: kosmetische Chirurgie, Piercing und Branding, Bodybuilding und Steroide, selbst Bulimie und Geschlechtsumwandlung. Der menschliche Geist verlangt nach Herrschaft über seine fleischliche Hülle.
    Ein Glockenschlag ertönte von Mal'akhs Standuhr, und er blickte auf. Halb sieben. Er legte das Tätowierwerkzeug beiseite, hüllte den nackten, ein Meter neunzig grossen Körper in eine Baderobe aus japanischer Seide und trat auf den Flur hinaus. Die Luft in dem grossräumigen Wohnhaus war geschwängert vom beissenden Geruch der Tätowierfarbe und dem Rauch der Bienenwachskerzen, mit denen er seine Nadeln sterilisierte. Vorbei an wertvollen italienischen Antiquitäten - einer Radierung von Piranesi, einem Savonarolastuhl, einer silbernen Bugarini-Öllampe - ging der hoch gewachsene junge Mann über den Flur.
    Im Vorübergehen warf er einen Blick durch ein wandhohes Fenster und bewunderte die klassische Skyline in der Ferne. Die angestrahlte Kuppel des Kapitols hob sich machtvoll gegen den dunklen Winterhimmel ab.
    Das ist der Ort des Geheimnisses, überlegte er. Irgendwo dort draussen liegt es begraben.
    Wenige Menschen wussten überhaupt von seiner Existenz ... und noch weniger kannten seine beeindruckende Macht oder wussten, auf welch raffinierte Art und Weise es versteckt worden war. Bis heute blieb es das grösste unerforschte Rätsel des Landes. Die Wenigen, die die Wahrheit kannten, hielten sie hinter einem Schleier von Symbolen, Legenden und Allegorien verborgen.
    Jetzt haben sie ihre Türen für mich geöffnet, dachte Mal'akh.
    Vor drei Wochen war er in einem dunklen Ritual in Anwesenheit einiger der einflussreichsten Männer Amerikas in den dreiunddreissigsten Grad erhoben worden, die höchste Stufe der ältesten noch existierenden Bruderschaft der Welt. Trotz Mal'akhs neuen Rangs hatten die Brüder ihm nichts erzählt. Und das werden sie auch nicht, dachte er. So funktionierte das nicht. Es gab Kreise innerhalb voKreisen ... Bruderschaften innerhalb von Bruderschaften. Selbst wenn Mal'akh Jahre wartete, würde er vielleicht nie ihr letztes Vertrauen gewinnen.
    Zum Glück brauchte er ihr Vertrauen nicht, um an ihr tiefstes Geheimnis zu gelangen.
    Meine Erhebung hat ihren Zweck erfüllt.
    Nun ging er auf das Schlafzimmer zu, angespornt von dem, was vor ihm lag. In seinem ganzen Haus drangen aus deLautsprechern betörende Klänge: die seltene Aufnahme einer Kastratenstimme, die das „Lux Aeterna“ aus dem Verdi- Requiem sang - eine Erinnerung an ein früheres Leben. Mal'akh drückte auf eine Fernbedienung, um zu dem majestätischen „Dies Irae“ zu gelangen. Begleitet von donnernden Pauken und parallelen Quinten sprang er sodann die breite Marmortreppe hinauf, dass die Robe sich um seine muskulösen Beine bauschte.
    Während er rannte, knurrte protestierend sein leerer Magen. Seit zwei Tagen nun hatte Mal'akh gefastet, hatte nur Wasser getrunken und nichts gegessen, um seinen Körper gemäss den alten Vorschriften bereit zu machen. Bei Sonnenaufgang wird dein Hunger gestillt werden, sagte er sich. Und auch dein Schmerz.
    Mal'akh betrat das Allerheiligste seines Schlafgemachs und schloss hinter sich die Tür. Als er zu seinem Ankleidebereich schritt, hielt er inne, hingezogen zu dem riesigen, von einem Goldrahmen eingefassten Spiegel. Er konnte der Versuchung nicht wiederstehen, sich umzuwenden, um sein eigenes Spiegelbild in Augenschein zu nehmen. Langsam, als würde er ein Geschenk von unschätzbarem Wert auspacken, öffnete Mal'akh seine Robe und enthüllte seine nackte Gestalt. Der Anblick verschlug ihm die Sprache.
    Ich bin ein Meisterwerk.
    Sein massiger Körper war rasiert und glatt. Mal’akh schaute zuerst auf seine Füssen, die mit den Schuppen und Klauen eines Falken tätowiert waren; dann bewegte sein Blick sich hinauf zu seinen muskulösen Beinen, die als gemeisselte Säulen gestaltet waren - das linke Bein spiralförmig, das rechte mit vertikalen Streifen. Boas und Jachin. Seine Lenden und sein Magen bildeten einen verzierten Torbogen, und seine mächtige Brust war mit dem doppelköpfigen Phönix geschmückt ... jeder Kopf im Profil zur Seite gewandt, sodass Mal'akhs Brustwarzen das jeweilige Auge bildeten. Schultern, Hals, Gesicht und der rasierte Kopf waren vollständig mit einem verschlungenen Muster von alten Symbolen und Zeichen bedeckt.
    Ich bin ein Artefakt ... ein sich entfaltendes Bild.
    Es gab nur einen sterblichen Menschen, der Mal'akh nackt gesehen hatte, achtzehn Stunden zuvor. Der Mann hatte vor Angst geschrien: „Mein Gott, Sie sind ein Dämon!“
    „Wenn Sie mich als solchen betrachten“, hatte Mal'akh geantwortet. Für die Menschen der Antike waren Engel und Dämonen ein und dasselbe gewesen - zwei Seiten einer Münze, alles eine Sache der Polarität: Der Schutzengel, der deinen Feind im Kampf besiegte, wurde von deinem Feind als dämonischer Zerstörer betrachtet.
    Mal'akh senkte nun das Haupt, um in dem riesigen Spiegel einen Blick auf die Oberseite seines Kopfes werfen zu können. Dort, innerhalb eines kronengleichen Strahlenkranzes, leuchtete ein kleiner Kreis blassen, nicht tätowierten Fleisches. Diese sorgfältig ausgesparte Fläche war Mal'akhs einziges verbleibendes Stück jungfräulicher Haut. Die geweihte Stelle hatte geduldig gewartet, und heute Nacht würde sie gefüllt werden. Auch wenn Mal'akh noch nicht besass, was er zur Vollendung seines Meisterwerks benötigte, so wusste er doch, dass der Augenblick rasch näherrückte.
    Erregt durch sein eigenes Spiegelbild, konnte er bereits seine Macht wachsen spüren. Er schloss seine Robe und trat ans Fenster, blickte erneut hinaus auf die mystische Stadt.
    Irgendwo dort draussen liegt es begraben.
    Mal’alk konzentrierte sich wieder auf die vor ihm liegende Aufgabe. Er ging zum Frisiertisch und trug sorgfältig eine Schicht von deckendem Make-up auf Gesicht, Kopfhaut und Hals auf, bis seine Tattoos verschwunden waren. Dann legte er die vorbereitete Kleidung und einige andere Dinge an, die er zuvor sorgfältig für diesen Abend zusamengestellt hatte. Als er fertig war, überprüfte er sein Äusseres im Spiegel. Zufrieden strich er sich mit der Hand über den blanken Schädel und lächelte.
    Es ist da draussen, dachte er. Und heute Nacht wird mir jemand helfen, es zu finden.
    Als Mal'akh sein Haus verliess, bereitete er sich geistig auf das Ereignis vor, das bald das Kapitol erschüttern würde. Er hatte weder Kosten noch Mühen gescheut, um das Spielbrett für den heutigen Abend aufzubauen und die Figuren in Szene zu setzen.
    Und jetzt war endlich seine letzte Figur ins Spiel gekommen.


    Copyright © 2009 by Dan Brown
    Copyright © 2009 der deutschen Übersetzung by Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
    [/spoil]

  • Zitat von "donja"

    Bei uns ist die Deutsche Version ab 14. Oktober lieferbar.


    Bin gespannt.


    Kannst dann mal auf Besuch kommen und es mir mitbringen :)

  • Zitat von "donja"

    Manchmal komme ich mit nichts und geh mit Vielem heim :-?



    :mrgreen:


    Kann dich beruhigen, keine Flaschen im Moment :)

  • Heute im Radio gehört:


    Der Deutsche Verlag Lübbe hat die Rechte am Buch. Die Auflage beträgt 1'200'000 Exemplare in Deutsch. Für die Übersetzung waren sieben Personen verantwortlich, die genau 10 Tage Zeit hatten. Jeder von ihnen übersetzte immer drei Kapitel hintereinander. Vom Start der Übersetzung bis zum 14. Oktober hatten sie 30 Tage Zeit. inkl. Druck und Auslieferung der Bücher. Der Seitenumfang beträgt übrigens 768 Seiten.


    ps. Ich habe das Buch gestern am 15. erhalten.

  • Zitat von "donja"

    Heute im Radio gehört:


    Der Deutsche Verlag Lübbe hat die Rechte am Buch. Die Auflage beträgt 1'200'000 Exemplare in Deutsch. Für die Übersetzung waren sieben Personen verantwortlich, die genau 10 Tage Zeit hatten. Jeder von ihnen übersetzte immer drei Kapitel hintereinander. Vom Start der Übersetzung bis zum 14. Oktober hatten sie 30 Tage Zeit. inkl. Druck und Auslieferung der Bücher. Der Seitenumfang beträgt übrigens 768 Seiten.


    ps. Ich habe das Buch gestern am 15. erhalten.


    ich hole es heute Abend ab. :)

  • Zitat von "donja"

    Heute im Radio gehört:


    Der Deutsche Verlag Lübbe hat die Rechte am Buch. Die Auflage beträgt 1'200'000 Exemplare in Deutsch. Für die Übersetzung waren sieben Personen verantwortlich, die genau 10 Tage Zeit hatten. Jeder von ihnen übersetzte immer drei Kapitel hintereinander. Vom Start der Übersetzung bis zum 14. Oktober hatten sie 30 Tage Zeit. inkl. Druck und Auslieferung der Bücher. Der Seitenumfang beträgt übrigens 768 Seiten.


    ps. Ich habe das Buch gestern am 15. erhalten.


    Wow, das habe ich auch noch nicht gehört, dass sieben Übersetzer gleichzeitig an einem Werk arbeiten. Das stelle ich mir schwierig vor. Bin mal gespannt, ob man das beim Lesen merkt, ob manche Sachen etwas unterschiedlich übersetzt sind.