Hotelklau-Wer ist unschuldig?

  • Bei diesem Artikel habe ich mich echt amüsiert :D


    Hotelsouvenire
    In deutschen Hotels wird alles geklaut, was nicht niet- und nagelfest ist. Manch ein Gast lässt sich beim Abtransport vom Pagen unter die Arme greifen


    Von Michael Allmaier


    Man merkt es kaum. Man soll es auch nicht merken. Der Fön ist doch sicher nur an die Wand montiert, damit ihn kein Lebensmüder mit in die Badewanne nimmt. Die Spezialschrauben im Bilderrahmen schützen vielleicht bloß das Bild vor dem Verrutschen. Doch spätestens bei den Kleiderbügeln ohne Haken gehen selbst dem treuherzigsten Hotelgast die Erklärungen aus, und er muss sich mit dem Gedanken vertraut machen, dass die Hotelleitung ihn nicht nur als Nutznießer ihrer Sicherheitsvorkehrungen sieht.


    Das Problem hat einen Namen. Er lautet »Schwund« und umfasst die Millionen Dinge, die alljährlich aus deutschen Hotels verschwinden – und zwar in den Koffern der Gäste. Doch bei einer Straftat, die ob ihrer Häufigkeit mehr noch als Volkssport denn als Kavaliersdelikt gilt, mögen selbst die Geschädigten von Diebstahl nicht reden.


    Nach den Erfahrungen von Richy Okorie, Director of Services im Marriott an der Frankfurter Messe, nehmen fünf bis sieben Prozent seiner Gäste etwas aus ihrem Zimmer mit. Allein 30 bis 40 Bademäntel verschwinden jeden Monat. In den sieben Kettenhotels, die die Hotel-Management und Service-Gesellschaft HMG betreibt, geht es ähnlich hoch her. Der Geschäftsführer der HMG, Hartmut Schröder, zählt längst keine Bademäntel mehr, er zählt bloß die Kosten: »Hohe fünfstellige Beträge im Jahr.«


    Die Hoteliers haben vor Jahren einmal Hitlisten der beliebtesten Souvenirs erstellt: Bademäntel standen da auf Platz drei hinter Handtüchern und Aschenbechern. Aber offenbar verschwindet früher oder später so ziemlich alles. Da werden Glühbirnen herausgeschraubt, Seifenspender abmontiert, Fernseher ausgeschlachtet, Türschilder heruntergerissen, Schuhputzautomaten hochgewuchtet und oft genug auch noch, neutral verpackt, vom nichtsahnenden Pagen zum Auto gebracht. »Es gibt nichts, was nicht interessant wäre«, sagt Schröder. Er beklagt aus jüngerer Zeit den Verlust eines Zigarettenautomaten und mehrerer Toilettenbrillen.


    Was treibt brave Bürger, unterwegs Dinge zu klauen, die sie daheim wohl geschenkt nicht annähmen? Bernd Kielmann, Institutsleiter der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie, hat sich auf das Seelenleben von Reisenden spezialisiert. Er unterscheidet fünf Typen. Erstens den Trophäenjäger, der es auf alles abgesehen hat, was ein Hotel-Logo trägt, um daheim damit zu prahlen – sei es mit der exklusiven Herberge, die er sich gegönnt hat, sei es mit der eigenen Unverfrorenheit. Zweitens den Geizhals: Er sieht nicht ein, warum er bei einem Zimmerpreis von 120 Euro noch einmal 8 Euro für ein Fläschchen Cognac berappen soll. Ihm verwandt ist, drittens, der Spießer, der bloß nichts verkommen lassen will. So viele Batterien, die in kaum genutzten Fernbedienungen vergammeln; so viele Biergläser, die die Hotels doch sicher geschenkt kriegen. Wer wird die schon vermissen? Viertens: der Rebell, der sich in der Kunstwelt der Hotels an all das erinnert fühlt, was er am bürgerlichen Leben verabscheut, und handgreiflich protestiert. In diese Gruppe gehören jene Kindsköpfe, die die Minibarfläschchen leer trinken und mit Wasser wieder auffüllen. Fünftens schließlich der Sammler, der gerade im Urlaub Zeit für sein Hobby findet. Das beginnt bei harmlosen Vorlieben wie jener für »Bitte nicht stören!«-Schildchen, von denen ein Liebhaber aus Moers bereits einige tausend beisammen hat, kann aber auch zwanghafte Formen annehmen. Der Rechtsanwalt Rolf Treutler erinnert sich an einen solchen Fall: »Einmal wurde ich von einem Hotelier aus der Nachbarschaft gerufen, weil der einen Gast beim Einstecken eines Salzstreuers beobachtet hatte. ›Sie sind wohl Sammler‹, sagte ich zu ihm. Da rief der: ›Das ist gut!‹, haute mir auf die Schulter und holte mindestens zehn Streuer aus der Tasche.«


    Treutler ist einer der Leute, an die Hotels sich wenden, wenn Gäste die Gastfreundschaft strapazieren. Aber bei Kleindiebstählen, meint er, ist juristisch nicht viel zu machen. Man erwischt die Handtuchmopser ja selten in flagranti. Das Hotel muss darum nachweisen, dass der vermisste Gegenstand beim Einzug des Gastes noch da war und dass niemand sonst als Dieb in Betracht kommt. Richy Okorie hat damit schlechte Erfahrungen gemacht: »Ein Gast hat uns mal das halbe Zimmer ausgeräumt und die Matratze verbrannt. Als wir seine Kreditkarte belastet haben, kam ein Brief von seinem Anwalt: Ob wir Zeugen hätten? Wir mussten das Geld zurückerstatten.«


    Mancher Hotelier hat sich darum zähneknirschend aufs Bitten verlegt. Hartmut Schröder sagt: »Wenn wir einen Bademantel vermissen, schreiben wir dem Gast einen höflichen Brief, ob er über den Verbleib etwas weiß.« Und wenn er es nicht weiß? »Dann haben wir einen Bademantel weniger, und er hat einen mehr.« Selbst wenn mal ein Übeltäter beim Auschecken gestellt werden kann, hat er wenig zu befürchten. Man sieht in ihm auch weiter vor allem den zahlenden Kunden. »Und wer«, fragt Richy Okorie, »möchte schon einen VIP-Gast auf einen abmontierten Duschkopf ansprechen?«


    Bleibt nur die Vorsorge. Dort allerdings wurde schon einiges ausprobiert:


    1. Big Brother: Gegen Diebe von außen muss sich das Hotel ohnehin schützen. Warum nicht nebenbei auch dem Schwund wehren? Das Estrel in Berlin setzt auf kameraüberwachte Flure und elektronische Schlösser, die festhalten, wer wann welche Tür öffnet. Die Marriott-Kette schult Zimmermädchen, beim Saubermachen diskret den Bestand zu kontrollieren. Die Hilton-Hotels haben in Minibars investiert, die hochgehobene Flaschen automatisch auf die Rechnung setzen. Sogar Handtücher mit eingenähtem Diebstahlmelder wurden schon erprobt. Sie erwiesen sich jedoch als nicht waschmaschinenfest.


    2. Die Abwertung der Trophäe: Der Wert eines Souvenirs liegt in seiner Unverwechselbarkeit. Darum sind viele Hotels dazu übergegangen, schwundanfällige Gegenstände nicht mehr mit Emblemen zu versehen. Das nimmt den Trophäenjägern die Freude. Bei ihnen hat sich auch die Jagderleichterung bewährt. So prangt an manchem Bademantel inzwischen der Hinweis, man könne ihn an der Rezeption erwerben. Das tut zwar kaum einer. Aber der Schwund geht zurück.


    3. Appelle ans Gewissen: Den meisten Schwund beklagen große Vier-Sterne-Hotels – solche Häuser also, die einerseits Luxus zur Schau stellen, andererseits aber durch ihre Anonymität das »Hier kennt mich keiner«-Gefühl des Reisenden noch verstärken. Ob die einschlägigen Maßnahmen zur Kundenbindung daran viel ändern, mag dahingestellt sein. Aber sie haben offenbar einen disziplinierenden Begleiteffekt. Eine Anrede mit Namen – und schon merkt der Gast, dass er beachtet wie auch beobachtet wird. Einen solchen moralischen Weckruf haben einige Hoteliers auch ihren Wertsachen eingebaut. Auf den Rücken von Gemälden etwa prangt bisweilen ein Preisschild. Es geht auch weniger vornehm: mit dem Schriftzug »Hier wurde ein Bild gestohlen« an der rückwärtigen Wand.


    4. Nichts tun: »Bei uns wird nichts festgeschraubt«, erklärt Marion Schumacher, die Sprecherin der Ritz-Carlton-Gruppe. Aus der Fünf-Sterne-Hotellerie hört man kaum Klagen über Schwund. Ob dort die Gäste vor lauter Zufriedenheit weniger klauen oder ob man bloß zu vornehm ist, darüber zu reden, bleibt das Geheimnis der Hoteliers. Marion Schumacher jedenfalls gibt sich großmütig: »Wenn ab und an mal ein Bademantel abhanden kommt, ist das ja auch eine Werbung für uns.«


    5. Verzeihen: Die Hotelkette Holiday Inn rief in Amerika im vergangenen Jahr den »Towel Amnesty Day« aus. Allen Handtuchdieben wurde verziehen. Sie wurden sogar ermuntert, dem Unternehmen zu verraten, was mit den Handtüchern passiert ist. Rührende Geschichten kamen da zusammen: Wie junge Eltern ihr Baby darin wickelten. Wie die kleine Tochter zum ersten Mal mit ihren Eltern verreiste und im Hotel entzückt ausrief: »Die haben ja die gleichen Handtücher wie wir!« Wie einmal ein angehender Handtuchdieb eine aufgeschlagene Bibel neben seinem Koffer fand und fortan nicht mehr sündigte. Einer fragte sicherheitshalber, auf wie viele Handtücher sich die Vergebung erstreckt.


    Konkurrenten des Holiday Inn zeigen sich von diesem Marketing-Gag wenig begeistert. Ermuntert man nicht so die Gäste zum fröhlichen Weiterklauen? Doch vielleicht bewirkt gerade die Vergebung mehr als das verschämte Gerede vom Schwund. Der Towel Amnesty Day spricht in aller Heiterkeit die Handtuchdiebe schuldig. Er holt ihre klammheimlichen Gaunereien ans Licht und nimmt ihnen gleichzeitig die Beichte ab.


    Ich habe gestohlen


    Mechthild Werner Handtücher


    Ich war schon erwachsen, der Urlaub ein Revival: mit Eltern und Bruder in den Vogesen, wo wir als Kinder jeden Sommer verbracht hatten. Diesmal aber nächtigten wir luxuriös. Das Grand Hotel hatte wunderbare Handtücher, ganz flauschig und weiß und dick. Meine Mutter, selbst Pfarrersfrau, schimpfte präventiv: »Vergreift euch bloß nicht an fremdem Gut. Denkt an das Siebte Gebot.« So weit die Worte. Die Heimfahrt zeigte die Taten. Ich hatte mir ein Hotelbadetuch unter den Pulli geschoben. Meine Mutter hatte eins in der Handtasche versteckt. Mein Bruder wählte den Rucksack. Eine kleptomanische Pfarrersfamilie, vereint auf dem Autositz. Die Flauschetücher benutze ich noch immer. Manchmal ist mir das peinlich. Etwa wenn Fremde mein Bad benutzen und sehen, aha, Frau Pfarrerin stiehlt Hotelhandtücher. Damals aber dachte ich: So ein teures Hotel – das verkraftet ein bisschen Handtuchklau.


    Mechthild Werner, 42, Pfarrerin, spricht am 4.September »Das Wort zum Sonntag« (ARD). Sie ist eine von acht Theologen im Team

  • Ulrich Wickert Ming-Ziegel


    Mein liebstes geklautes Souvenir – das ist ein alter chinesischer Dachziegel. Einst bedeckte er die Ming-Gräber nahe bei Peking, nun schmückt er mein Regal. Und das kam so: Ich habe neben den Gräbern gepicknickt – und dann lag er da. Er war vom Dach gefallen, direkt vor meine Picknickdecke. Wäre er oben auf dem Grab gewesen und nicht dort im Staub und Gras, ich hätte ihn nicht eingesteckt. Immerhin ist es ein sehr alter Ziegel, die Ming-Zeit ging 1644 zu Ende. So aber habe ich ihn in Wäsche gewickelt und eingepackt. 1979 war es noch nicht üblich, nach China zu reisen, ich dachte: Wer weiß, ob du je wieder hier Urlaub machst? Der Ziegel ist gelb lasiert und mit einem Drachen verziert – zwei Handbreit Altchina in meiner Wohnzimmerecke.


    Ulrich Wickert, 61, ist Moderator der »Tagesthemen«. Er gab »Das Buch der Tugenden« heraus und schrieb den Kriminalroman »Der Richter aus Paris«


    Roger Willemsen Kleiderbügel


    Nö, Hotels beklaue ich nicht, die nicht. Wenn ich an einen Hotelzimmerschrank trete, und da hängen die trostlosen Plastikbügel in Metall-Ösen, dann sehe ich eine Nation von Dieben vor mir, die sogar dieses Gerümpel noch abschleppen würden. Sofort fühle ich mich auch selbst als Dieb und werde moralisch. Ein einziges Mal habe ich einen solchen Bügel wirklich mitgenommen, aber da war ich bezecht, zog den Mantel mit Bügel an und war damit stundenlang in der Nacht unterwegs. Ein Taxifahrer hat mich instand gesetzt und den Bügel einfach in die Nacht geschleudert. Das macht man auch nicht.


    Roger Willemsen, 49, ist Journalist, Moderator und Buchautor (u. a. »Deutschlandreise«). Auf 3sat moderiert er den »Literaturclub«


    Matthias Politycki Kerzenständer


    Wir waren in Dougga, einer antiken Römerstadt im tunesischen Niemandsland – zwei, drei Touristen, die sich in den Ruinenstraßen zerstreuten, meine Freundin und ich. Am Ende der Stadt, viele Trampelpfade entfernt, entdeckten wir die ehemalige Zisterne – ein höhlenhaftes Gewölbe, vollkommen leer. Im Innern sah ich ein Gittertürchen, davor Hühnerfedern und eine brennende Kerze. Eine Kultstätte? Ein Schlachtplatz? Ich konnte nicht widerstehen, ergriff die Kerze, öffnete die Tür – und kroch in einen Gang, der sich hüfthoch durch den Felsen schlängelte. Um nach etwa vierzig Metern in einer Ansammlung aus Decken und Krimskrams zu enden: ein Versteck! Ich griff mir das einzige, das mir souvenirfähig erschien – einen Kerzenständer aus unbemaltem Ton. Zurück am Ausgang, sah ich zweierlei: meine Freundin, die aufgeregt Zeichen machte. Und fünf Männer in wallenden Gewändern, die sich zielstrebig näherten. Schnell stellten wir die Kerze zurück, steckten den Ständer in eine Tasche und schlenderten an ihnen vorbei, so harmlos touristisch wie möglich. Seit jenem Sommer 1980 hat der Kerzenständer einen Ehrenplatz auf meinem Regal. Der Moment war ja auch unvergesslich: Du steckst in einer Zisterne, es gibt nur einen Ausgang, und vor dir stehen fünf tunesische Hühnermörder? Schwerverbrecher?, die du gerade beklaut hast.


    Matthias Politycki, 49, ist Schriftsteller (»Weiberroman«, »Ratschlag zum Verzehr der Seidenraupe«)


    Fritzi Haberlandt »Bitte nicht stören«-Schild


    Vor sechs Jahren war ich in einem Hotel in Slowenien. Da hingen großartige »Bitte nicht stören«-Plastikschilder an den Türen – in knalligem Siebziger-Jahre-Design. Auf der roten Seite sieht man einen Mann, der den Zeigefinger vor den Mund hält. Die grüne Seite zeigt eine junge Frau, die sich über einen Staubsauger beugt. Er ist ein seriöser Herr mit Krawatte und sie so ein sexy Mädel mit Minirock und Bobfrisur. Eigentlich hatte ich das Schild ja für die Freundin geklaut, mit der ich das Hotelzimmer geteilt hatte. Sie fand es toll, ich wollte es ihr schenken. Dann sah ich es zu Hause im Koffer liegen und konnte mich nicht davon trennen. Ein etwas schlechtes Gewissen hatte ich da schon – der Freundin gegenüber, nicht dem Hotel. Jetzt hängt das Schild in Berlin an meiner Zimmertür. Manchmal, wenn ich gestresst bin, drehe ich es um. Der Krawattenmann wirkt – auch bei Freunden.


    Fritzi Haberlandt, 29, ist vielfach preisgekrönte Schauspielerin am Hamburger Thalia Theater. Im Kino war sie zuletzt in »Erbsen auf halb 6« zu sehen


    Kai Hollmann Aschenbecher


    Früher habe ich Aschenbecher aus aller Welt gesammelt. Wenn Freunde kamen, habe ich jedes Mal einen anderen Aschenbecher auf den Tisch gestellt und zum Beispiel gesagt: Den hier habe ich aus dem Four Seasons in Bali. Ich fand das schick. Ich habe auch Aschenbecher aus den USA, Afrika, England, Frankreich und Italien. Zusammen etwa 50 Stück. Den schönsten habe ich in Südafrika mitgehen lassen. Wir schliefen in einer Safari-Lodge, mitten im Nationalpark, wo nachts die Löwen brüllen und in der Ferne Elefanten trampeln. Den Ascher habe ich eingesteckt, weil er so sorgsam geschnitzt war. Erst später sah ich: Der ist ja aus Elfenbein. Da hatte ich ein grausig schlechtes Gewissen. Die meisten meiner geklauten Ascher aber sind nicht wertvoll. Sie sehen bloß hübsch aus. Zweimal habe ich den Hotels sogar nachträglich einen Obolus geschickt – die Bediensteten hatten mich so seltsam angeschaut. Seit meiner Ausbildung kenne ich nun die Gegenseite. In meinen Hotels stehen nur ganz schlichte Aschenbecher ohne Logo. Als Sammler weiß ich: Die packt garantiert niemand ein.


    Kai Hollmann, 47, wurde 2003 zum Hotelier des Jahres gewählt. Er ist Direktor und Betreiber der Design-Hotels Gastwerk und 25hrs in Hamburg


    Bastian Pastewka Badeschlappen


    Ich galt in meiner Band Twilight, in der ich zu New-Age-Zeiten als Keyboarder spielte, schon in meinen frühen Zwanzigern als Hardcore-Spießer, weil ich den Hotelbademantel, den ein Kollege eingesteckt hatte, an die Rezeption zurückbrachte. Mit den Worten, ich hätte ihn versehentlich mitgenommen. Kavaliersdelikt Hotelklau? Von wegen. Ich finde das nicht nur volkswirtschaftlich, sondern auch menschlich unterirdisch. Ein einziges Mal wurde ich weich, aber da war Stuttgart schuld. Die Stadt echauffierte mich derart, dass ich sie fluchtartig wieder verließ, und zwar auf diesen fiesen, labbrigen Hotel-Badeschlappen, die immer drei Nummern zu klein sind. Tags darauf wanderte das baumwollene Grauen direkt in den Müll.


    Bastian Pastewka, 32, Komiker und Schauspieler, spielte zuletzt im Kinofilm »Der Wixxer« mit


    Helga Hengge Gebetsfahnen


    Ich habe auf dem Mount Everest die Götter beklaut. Auf den Wegen hinauf zum Gipfel hängen überall Gebetsfahnen. Wehen sie im Wind, dann tragen sie Gebete in den Himmel und schützen die Bergsteiger. So glauben es die Sherpas. Man darf die Fahnen also nicht entfernen. Doch mir schienen sie ein ideales Souvenir zu sein: Dort in der Höhe waren sie die einzigen Farboasen inmitten von Steinen und Eis. Es war mein größter Traum, den Everest zu bezwingen, drei Männer sind auf der Tour gestorben, ich habe überlebt. Ich wünschte mir so sehr ein Andenken! Also zog ich heimlich los und überredete unseren Küchenchef – der hatte auch eine andere Religion und ein großes Messer. Er hat mir 25 Gebetsfahnen abgeschnitten, die habe ich dann ganz unten in den Rucksack gesteckt. Keiner sollte sie entdecken, denn ein bisschen geschämt habe ich mich schon. Da lebt man zwei Monate mit Menschen einer anderen Kultur zusammen, und dann tut man etwas, das ist, als würde man in der Kirche eine Heiligenstatue klauen. Zu Hause habe ich die Fahnen auf den Balkon gehängt. Als Wiedergutmachung: Wenigstens wehen sie im Wind – vielleicht leiten sie jetzt Gebete in den Münchner Himmel.


    Helga Hengge, 38, Profibergsteigerin, hat 1999 als erste deutsche Frau den Mount Everest bezwungen


    Renate Künast Handtuch


    Es war ein kleines Handtuch in einem Hotel, kurz nach der Wende in Sachsen-Anhalt. Ich hatte Ferien, wollte die Republik erkunden, nun schlief ich im Plattenbau und sah dieses Handtuch. Robuste, gestreifte Baumwolle, mit einer Webkante am Rand. An einer Ecke war das Handtuch seltsam dick. Das habe ich mir genauer angeschaut und vorsichtig die Naht aufgetrennt. Zum Vorschein kamen drei Buchstaben: MfS. Die Hotelbetreiber hatten nur schnell die Ecke umgenäht – und das Ministerium-für-Staatssicherheit-Handtuch wieder den Gästen hingehängt. Ich habe es dann eingesteckt, auch wenn ich das sonst nie tue. Ein Stasi-Handtuch, das ist doch ein unwiederbringliches Relikt. Einen materiellen Verlust hat das Hotel nicht erlitten. Zu Hause stellte ich nämlich fest, dass ich meinen Fön liegen gelassen hatte.


    Renate Künast, 48, ist Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (Grüne)


    Aufgezeichnet von: Cosima Schmitt und Andrea Thilo (Bastian Pastewka)


    (c) DIE ZEIT 02.09.2004 Nr.37

  • In den Hotels die ich mir leisten kann gibt's nichts was sich lohnen würde zu klauen. :D

  • Huch, da muß ich mich wohl schämen :eek: - ich hab mal nen ganz seltsamen Löffel mitgehen lassen :rofl: - eigentlich weiß ich gar nicht, wofür der gut ist - der ist fast völlig flach, vielleicht war's eher sowas wie ein Buttermesser :keineahnung:. Ansonsten muß ich sagen, hat mich im Hotel noch nichts so wirklich reizen können :lol: - aber in einer prähistorischen Höhle in Frankreich hab ich mal zugeschlagen (ich war 15) - da guckte mich aus einer roten Wand etwas Weißes an und fragte mich: Was bin ich?. Das hab ich rausgepuhlt und hinterher festgestellt, daß es ein Knochen war :rofl:. Den habe ich heute noch :lol: . Und in Mexiko City in der Ruinenstätte Teotihuacan habe ich Obsidian-Messerchen vom Boden aufgesammelt und mitgenommen. Die lagen da überall rum und da dachte ich - ähnlich wie der gute Herr Wickert - wenn die hier auf dem Weg rumfliegen, kann ich sie ruhig einsammeln. Aber die sind bestimmt uralt - so aus dem 14. Jahrhundert ca. Das war im zarten Alter von 16. Später habe ich mich dann allerdings anständig entwickelt :clown:. Als ich mit knapp über 20 mit meinem damaligen Freund in Paris war, hatte der sich in den Kopf gesetzt, mir in einem Kaufhaus einen Rouge-Pinsel zu klauen :rofl: - ich hab zwar versucht, es ihm auszureden, es ist mir allerdings nicht gelungen :cool:.

  • Mir ist doch noch eine "Straftat" eingefallen: Ich hab auf der Abifeier des Jahrgangs vor uns, wo ich an der Garderobe geholfen habe, einen schönen Köstritzer-Schwarzbier-Humpen mitgenommen. Das ist glaub ich der einzige Diebstahl, den ich je begangen habe *g*
    Wann verjährt sowas eigentlich? :lol:


    Zitat

    Obsidian-Messerchen


    Wie sieht sowas aus? (Foto!) Von dem Löffel kannst du ja auch eins machen, vielleicht finden wir ja gemeinsam raus, wozu der gut ist - dann kannst du deine Beute auch mal benutzen *g*

  • Ich war zwar schon beruflich in einigen Hotels dank diverser Schulungen, aber dort habe ich nie was mitgehen lassen - das Risiko, daß der Spaß auf der Rechnung auftaucht und der Arbeitgeber unangenehme Fragen stellt, war einfach zu groß :DD
    Und privat ... äh ... ja, das war vor einigen Jahren, da habe ich ein hoteleigenes Handtuch mitgenommen. Das war allerdings vollkommen unbeabsichtigt, weil ich ein ähnliches Handtuch mitgebracht und in Gebrauch hatte und am Tag der Abreise irgendwie nicht stutzig geworden bin, als ich es zum zweiten Mal in die Tasche gepackt habe. Somit gehöre ich zur sechsten Gruppe, nämlich zu den Schusseln :shy:
    Absichtlich klauen :nö:


    Gruß
    Skywise

  • Meine Güte, was seid Ihr alle brav :balla:


    leocat
    Wenn ich die beiden Sachen finde, dann mach ich ein Foto :clown: - mir fällt gerade ein, daß der flache Löffel vielleicht auch ein Fischmesser sein könnte :lol: - und die Obsidian-Messerchen sehen auch nicht spektakulär aus - das sind längliche Steine, die zu den Kanten hin abgeflacht sind, so daß die Seiten jeweils eine Schneide bilden, also nicht grade kunstvoll, aber immerhin ganz klar bearbeitet.

  • Also, ich bin ehrlich unschuldig...
    habe noch nie irgendeinen Kram aus dem Hotel mitgehen lassen.
    Einmal wars umgekehrt, da hat [anscheinend] ein Junge mein Portemonnaie am Abflugtag! in Kanada mitgehen lassen...
    50 Dollar, 30 DM weg, das Portemonnaie habe ich durch Zufall neben dem Hotel in einer Ecke gefunden...inklusive Perso, Führerschein, EC- und Kreditkarten. Da war ich schwerstens erleichtert (hehe, witziges Wortspiel).

    spacie

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    Duff is best !
    :prost:
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    Einmal editiert, zuletzt von spacie ()

  • Da hast Du aber Glück gehabt, Spacie - meiner Mutter ist kürzlich das Portemonnaie geklaut worden - alles weg - Geld, Papiere, Bankkarten, Behindertenausweis, Portemonnaie - eben alles :armed: :reaper: