Im Schatten des Rippers (Folge 1) – Sherlock Holmes – Die geheimen Fälle des Meisterdetektivs

  • Marc Gruppe ist der Autor des vorliegenden Hörspiels. Grundlage ist keine Originalgeschichte von Sir Arthur Conan Doyle.


    Titania Mediens erste vertonte Sherlock Holmes-Geschichte von 2004 (Krimi-Klassiker 2 – Sherlock Holmes – Das Zeichen der Vier) ist die perfekte Folge, die vor dem Genuss der ersten Folge der neuesten Sherlock Holmes Hörspielserie gehört werden sollte. In „Das Zeichen der Vier“ lernt Dr. Watson seine künftige Frau kennen: Mary Morstans.
    Marc Gruppe knüpft genau an diesen Umstand an: Holmes und Watson leben getrennt und sehen sich kaum. Inspektor Abberline besucht den Meisterdetektiv, um ihn über seinen Freund und ehemaligen Gefährten auszufragen. Er ist spurlos verschwunden. Seine Ehefrau kennt seinen Aufenthaltsort nicht – die Ehe ist in einer Krise. Watson wurde zusammen mit einer Prostituierten gesehen, kurz bevor sie vom „Ripper“ ermordet wurde. Ist gar Holmes Freund der berüchtigte Mörder? Immerhin muss dieser über fundierte medizinische Kenntnisse verfügen…


    Die Geschichte überzeugt mich vollends, trotz anfänglicher Skepsis: Das Hörspiel startet direkt mit einer typischen „Ripper“-Szene, wie sie auch reine „Ripper“-Hörspiele enthalten. Die Ahnung, einen simplen Aufguss zu erhalten, erwies sich schnell als falsch.
    Marc Gruppe hat sehr gut typische Holmes-Elemente integriert. Als Beispiel seien seine Verkleidungskunst und sein Starrsinn genannt.
    Das Hörspiel startet mit der unterhaltsamen Suche nach Watson. Im Anschluss wird die Ripper-Geschichte mit vielen bekannten Elementen erzählt, diesmal aus der ungewöhnlichen Sicht einer typischen Sherlock Holmes-Erzählung. Ich mag die Idee, derart klassische Figuren wie den nie überführten Ripper auf der bösen Seite und dem Serien-Detektivduo auf der anderen Seite in einer Geschichte zu haben. Zumal damit eine magische Barriere überschritten wird: Holmes übernimmt widerwillig einen Fall, bei dem er nicht klassisch vorgehen kann, da die Opfer willkürlich gewählt werden. Somit kann es keine typische Auflösungsmöglichkeit geben. Für klassische Sherlock Holmes-Fans, die das bekannte Muster erwarten sicherlich eine herbe Enttäuschung. Ich schätze besonders den eingezogenen Realismus im Holmes-Universum.


    Bei den Sprechern wird wie üblich alles richtig gemacht. Bereits aus den früheren Krimi-Klassikern ist die bewährte Besetzung mit Joachim Tennstedt und Detlef Bierstedt als Holmes und Watson sowie Regina Lemnitz als Holmes Vermieterin zu hören. Ein geniales Trio!
    Sehr gefreut habe ich mich über den Einsatz von Marianne Groß und Eva Michaelis, die ich beide lange nicht mehr in Hörspielen gehört habe. Polonca Olszak ist mir besonders positiv aufgefallen, da ich ihre Stimme bisher nur sehr selten gehört habe (nur bei Titania Medien). Sie überzeugt in ihrer Rolle auf ganzer Linie, genau wie das restliche Sprecherensemble.


    Die Musik- und Geräuschauswahl ist gewohnt gut. Lediglich bei einem Dauerlauf bei dem sich Holmes und Watson unterhalten sind die Geräusche für meinen Geschmack zu monoton. Außerdem ist Holmes bei seiner Erzählung teilweise zu ruhig – als ob er in seinem Sessel säße und alle Zeit zum Erzählen hat. Da muss er in einer hervorragenden physischen Kondition sein.


    Fazit
    Ein gelungener Erstling, dessen Grundgeschichte altbekannt ist, jedoch viele neue Ideen enthält. Marc Gruppes Geschichte erinnert sehr gut an Sir Arthur Conan Doyles Originalgeschichten, ohne diesen zu gleichen. Das mag für manche ein Kritikpunkt sein. Ich komme jedoch auch mit einem nicht überirdisch genialen Fall klar. Der Unterhaltungsfaktor ist hoch und darauf kommt es meiner Meinung nach an.
    Ein untypisches Holmes-Hörspiel, das frischen Wind in zwei altbekannte Themen bringt.