Gruselkabinett Nr. 71 - Der Eschenbaum

  • „Der Eschenbaum“ von M. R. James in der Umsetzung von Titania Medien ist ungleichmäßig zweigeteilt: Im ersten Drittel wird eine mutmaßliche Hexe verurteilt und mit dem Henkerskarren durch das hiesige Dorf gezogen, ehe der Henker seines Amtes waltet. Mrs Mothersole, so der Name der gehenkten, warnt ihren Ankläger Sir Matthew vor „Besuchern“: er solle sich vorbereiten. Mit dem plötzlichen Tod von Sir Matthew endet das erste Drittel. Der Rest des Hörspiels spielt zurzeit von Sir Matthews Nachfahren Sir Richard Fell, der nach und nach in die damaligen Geschehnisse eingeweiht wird und Unheimliches erlebt. Der Titel des Hörspiels ist der Hinweis auf den Ursprung allen Übels und der Ort, an dem die Person, der ein Hexenprozess gemacht wurde, der Hexerei überführt wurde.


    Das erste Drittel empfinde ich als relativ schwach. Das liegt an den Sprechern. Katarina Tomaschewsky als Mrs Mothersole ist gut, zum „Hervorragend“ reicht es nicht. Einige Betonungen klingen in meinen Ohren unglaubwürdig. Es klingt entweder zu wenig gespielt oder übertrieben Klischeehaft, sodass es mehr bemüht als gekonnt wirkt. Dies mag jetzt sehr hart rüberkommen, ist aber in der Tat minimal und nur bei ihrer Stellung durch Sir Matthew und einer weiteren Szene etwas später für mich zu hören. Es ist eine Kleinigkeit, die mir auffiel. Wäre es nicht Titania Medien, würde ich es wohl gar nicht erwähnen, aber bei so viel Gutem, sind es die Kleinigkeiten an denen ich minimale Schwächen entdecken kann. In anderen Szenen ist sie wiederrum absolut überzeugend – zum Beispiel bei der Ankündigung der „Gäste“ mit dem Hinweis, vorbereitet sein zu müssen (bis auf die Lache – am Ende). Ähnliches gilt für den Diener, dessen Überraschung nicht vollends überzeugt. „Oh Gott! […] Mord, Mord!“ Das klingt aus Louis Friedemann Thieles Mund komisch, mehr gewollt.
    Der Rest ist sprechermäßig hervorragend. Sebastian Schulz als Sir Richard Fell spricht erstklassig und mit seiner sympathischen Stimme ist er ein angenehmer Protagonist. Frank-Otto Schenk spricht den Vorfahren Sir Matthew Fell mit harter Stimme ebenfalls hervorragend, ist durch seine Rolle allerdings nicht ganz so sympathisch. Ab Track 5 gibt es somit ausnahmslos exzellente Sprecher und Sprecherleistungen zu hören, angefangen beim Totengräber Ronald Nitschke, bis hin zu Lutz Mackensy als Bischof. Zuletzt ist Felipe Pirl als Gärtner zu hören, der beeindruckend das Finale bestreitet.


    Musikalisch ist das Hörspiel schön ruhig ausgelegt und passt damit hervorragend zur Handlung. Die Geräusche sind ebenfalls gut ausgewählt. Zu Beginn noch etwas ruhig, am Ende dann laut und packend.


    Das Cover von Firuz Askin gefällt mir außerordentlich gut. Es ist wunderschön, kann aber nicht den titelgebenen Eschenbaum zeigen, da dieser so nahe des Anwesens Castringham Hall sein muss, dass die Äste des Baumes die Fenster berühren könnten, wenn sie etwas länger wären.


    Fazit
    Spannend wird es erst ab dem 11. Track (von 13), davor wird der Hörer bei der Stange gehalten, indem Informationen vorenthalten werden und vieles nicht eindeutig ist. Insgesamt ein gutes Hörspiel mit einem tollen Finale (das wirklich gruselig ist).