Wie kommt das Buch ins Regal?

  • Hallo Leute,


    da hier die meisten ja "Bücherwürmer" sind, und ich in einer Bibliothek arbeite, dachte ich mir, es könnte Euch vielleicht interessieren, wie wir Medien anschaffen und was nötig ist, bis wir ein Buch ausleihen können.


    Der komplette Bestand ist in Sachgruppen unterteilt. Diese Gruppen basieren auf der sog. ASB, der Allgemeinen Systematik für Bibliotheken. In fast allen deutschen Öffentlichen Bibliotheken stehen die Bücher nach dieser Systematik. Daraus resultiert auch die Signatur, dass ist das, was auf dem Etikett am Buchrücken steht. Die ASB ist eine alphanumerische Notation, dass heißt, sie besteht aus maximal 3 Buchstaben und 3 Zahlen. Die Abstufung reicht von allgemein (ein Buchstabe) bis zu speziell (6 Zeichen). Als Beispiel mal PC Bücher. Ein Lexikon über PCs hätte die Signatur "W", ein Buch über eine einzelne Anwendung in MS Word dann "Wcx 345". Ist nicht so ganz einfach und für den Leser schon gar nicht zu verstehen, deshalb haben wir über den Regalen Klartext, was wo steht ;)


    Ich lektoriere bei uns die Sachgruppe W (Technik, wen wunderts ;) ) und einen Teil der Belletristik. Das heißt, ich suche die Titel aus, bestelle sie und arbeite sie in den Bestand ein...was wir oft gefragt werden, ist wonach wir die Titel bestellen. Nun, dann lüfte ich mal ein Geheimnis ;)


    Natürlich kriegen wir viel über die Medien mit, Leser fragen gezielt nach Büchern und letztlich weiß man einfach, was so am Markt ist...aber, ein großes Hilfsmittel ist der Informationsdienst der ekz. Die ekz ist die Einkaufszentrale für Bibliotheken und sie bringt wöchentlich einen Service raus, in dem Neuerscheinungen vorgestellt und kurz besprochen werden. Ein solcher "ID-Zettel" erleichtert uns die Arbeit ungemein, da wir so nicht jedes Buch lesen müssen...hier ist mal so ein Teil für Clive Cussler...


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    Oben rechts in der Ecke steht die Signatur in ASB Format, dass B ist von mir und heißt, dass das Buch in die Zweigstelle Bürgerhaus soll...der Themenkreis ist Thriller. Das LA ist die interen Lagernummer der ekz, wenn man das Buch direkt dort bestellt. Dann folgt eine Titelaufnahme nach einem bestimmten Regelwerk, incl. der ISBN und dem Preis. Im letzten Satz steht dann die Empfehlung...ein Cusslertypisches "Thriller 1. Klasse. Unbedingt anbieten".


    Generell bestellen wir dann bei der Buchhandlung am Ort...das hat bei Bibliotheken in Deutschland so Tradition, da man den lokalen Handel stärken möchte...


    So, ich hoffe, es war nicht zu langweilig für Euch. Wenn es Fragen gibt, würde ich mich freuen...beantworte sie gerne ;)


    Gruß,
    K-Man

  • Besten Dank für die Infos. Da ich jeden Tag in einer Bibliothek bin, habe ich mir auch schon die Frage gestellt, wie ein Buch schlussendlich den Weg hierhin findet.

  • Nachdem das gute Stück bestellt ist, geht es ja noch weiter. So ein Buch hat schon einige Stationen hinter sich, wenn es im Regal steht. Wenn es geliefert wird, muss die Lieferung und die Rechnung überprüft werden, ist ja klar, wie bei jeder anderen Lieferkontrolle auch. Dann muss das Buch unserem Bestand hinzugefügt werden. Dazu wird es, nach strengen Regeln im PC erfasst. In diesen Regeln steht dann, wie der Autor angesetzt wird, wo der Titel hinkommt, was man mit Auflage, Übersetzter, Seitenzahl, Erscheinungsjahr und Schlagwörtern macht und sowas halt alles. Durch eine fortlaufende Zugangsnummer wird das Buch dann unser Besitz. Anhand dieser Nummer muss auch die Rechnung und der Preis nachvollziehbar sein...und zwar für immer. Somit können wir Rechenschaft vor unserem Kämmerer bei der Stadt ablegen, es muss ja klar sein, wo unser Etat hingeht. Dann wird das Buch in eine (scheißteuere) Spezialfolie eingeschlagen, durchaus auch eine Kunst für sich und letztlich mit einer Mediennummer versehen. Diese erscheint auf dem Barcodeetikett auf der Rückseite des Buches. Außerdem haben unsere Medien RFID Chips, auf die ebenfalls die Informationen aufgespielt werden...so können wir die Medien verbuchen ohne die Bücher aufschlagen oder auch nur anfassen zu müssen...


    Gruß,
    K-Man

  • Und das bei so vielen Büchern. Wie viele neue Bücher finden den Weg in eine Bibliothek pro Monat/Jahr?


    Wie wird entschieden, wann und wie ein Buch aus der Bibliothek genommen wird?

  • Auf die erste Frage würde ich mir Antwortzeit bis Montag ausbitten...da muss ich echt mal nachsehen. Derzeit stimmen die ganzen "normalen" Statistiken sowieso nicht, da wir nach dem Brand in einer Zweigstelle ja enorm viele Medien für diesen Standort neu kaufen...


    Was das Aussondern angeht, macht das auch jeder Lektor für seinen Bestand. Man kann via EDV sog. Nullerlisten ausdrucken. Auf diesen Listen tauchen dann die Medien auf, die seit einem Jahr nicht mehr ausgeliehen worden sind, oder seit zwei und so weiter. Dann geht man halt ans Regal und schaut sich das Buch an. Der Zustand ist ein großes Aussonderkriterium...Medien, die abgegriffen und schäbig aussehen fliegen raus...je nach Wichtigkeit des Titels wird dann ein neues Exemplar angeschafft. Das ist wiederum abhängig von der Ausleihzahl und dem "Bibliotheksprofil". Einige Sachen werden auch dann nicht ausgesondert, wenn sie nicht oft ausgeliehen sind, Klassiker etwa...Heine, Goethe, Shakespeare, Mann...solche Bücher bleiben im Bestand...gerade in meiner Sachgruppe gehe ich natürlich auch nach Aktualität...Bücher über Multiplan müssen Word Büchern weichen, ASCI Zeichen benutzt heute auch fast keiner mehr. Gebrauchtwagenratgeber von 1989 oder ein Flugzeugbuch, wo der Airbus A300 da neueste Flugzeug ist haben im Regal auch nichts mehr verloren. Vieles macht man nach einigen Jahren aber auch nach Gefühl...man weiß letztlich, was für seine Bücherei ausleihfähig ist und was nicht... Man muss drauf achten, dass die Aussonderquote recht hoch ist...nur ein aktueller und übersichtlicher Bestand wird vom Leser akzeptiert...


    Gruß,
    K-Man

  • Danke für deinen Einblick.


    Wie entscheidet man dann genau, welches Buch zb von Cussler aufgenommen wird? Als Cussler Fan könntest du ja alle aufnehmen, oder?

  • Man muss sich die Ausleihkurve der Vorgänger ansehen...einige Autoren laufen immer, die kann man dann unbesehen anschaffen...Sparks, Clancy, Grisham, Berndorf, King, Granger, Riches, Schätzing, Robertson und eben Cussler...


    Gruß,
    K-Man

  • Kommt auf den Zustand des Buches an...wenn es noch einigermaßen ansehnlich ist und ausgesondert wurde, weil die Aktualität fehlt, kommt es bei uns auf den "Permanent-Trödel". Das ist ein Regal, in dem die Leser für 50 Cent oder einen Euro Bücher kaufen können...der Erlös kommt dann wieder dem Etat zu Gute. Seit einiger Zeit haben wir auch jemanden, der uns die Bücher Kistenweise abkauft und sie versucht bei booklooker zu verkaufen...alles andere kommt ins Altpapier...das fällt nicht immer leicht, aber man muss sich da durchringen können... ;)


    Gruß,
    K-Man

  • Zitat von "K-Man"

    Kommt auf den Zustand des Buches an...wenn es noch einigermaßen ansehnlich ist und ausgesondert wurde, weil die Aktualität fehlt, kommt es bei uns auf den "Permanent-Trödel". Das ist ein Regal, in dem die Leser für 50 Cent oder einen Euro Bücher kaufen können...der Erlös kommt dann wieder dem Etat zu Gute. Seit einiger Zeit haben wir auch jemanden, der uns die Bücher Kistenweise abkauft und sie versucht bei booklooker zu verkaufen...alles andere kommt ins Altpapier...das fällt nicht immer leicht, aber man muss sich da durchringen können... ;)


    Gruß,
    K-Man


    Werden Cussler-Bücher oft ausgewechselt, weil sie so oft ausgeliehen wurden?

  • Nein, eigentlich nicht...bei Cussler Büchern ist das eher so wie bei einem Simple Minds Album ;) Das Teil kommt raus, alle Fans kaufen es, es steigt in die Charts, es werden aber wenig bis keine neuen Fans dazugewonnen...bei Cussler ist es ähnlich. Wenn das neue Buch im Rgeal auftaucht, wird es fast immer am selben Tag mitgenommen. Dann ist es mindestens 4 Wochen aus dem Verkehr...bei Rückgabe liegt es oftmals ein bis zwei Tage und wird dann wieder ausgeliehen...so, dass es im Erscheinungsjahr etwa 6, 7 Mal ausgeliehen wird, es halten ja nicht alle Leute das Buch 4 Wochen zu Hause. Wenn es dann die Gruppe der Cussler-Leser durch hat, wird es nur noch selten ausgeliehen. Bei uns in Erkrath ist Cussler eigentlich recht unbekannt...wenn man den Autor den Leser empfiehlt und sie eines gelesen haben, leihen sie oftmals die anderen auch aus, aber von selber fängt bei uns keiner an einen Cussler zu lesen...das war in Rheinber, da habe ich die Ausbildung gemacht, anders...nun ja, ich empfehle ja fleißig ;)


    Gruß,
    K-Man

  • Zitat von "K-Man"

    Du wirst es nicht glauben, aber ich empfehle Cussler Fans natürlich auch dieses Forum hier....


    Gruß,
    K-Man


    Das freut uns natürlich Alle :)

  • Zitat von "mirage91"


    Irgendwann liest halb Deutschland Cussler :mrgreen: :wink:


    Dann müsste man sich nur noch hier anmelden ;)