Gruselkabinett Nr. 98 – Der Schimmelreiter

  • Als der Schimmelreiter wird der Deichgraf Hauke Haien bezeichnet, da er auf einem Schimmel über seine Deiche reitet und sich die Dorfbewohner unheimliche Geschichten über ihn erzählen. Und das nicht nur, weil er mit neuen Ideen aneckt. Ob an dem Altweiberklatsch etwas dran ist?


    Den Schimmelreiter von Theodor Storm erzählt Titania Medien in einem üppigen Hörspiel von Marc Gruppe. Üppig deshalb, weil es über eine Laufzeit von 100 Minuten verfügt und damit bisher die erste Hörspielfolge ist, die auf zwei CDs erschien. Zuvor waren es sonst immer Mehrteiler: jede CD als einzelne Folge.


    Während des gesamten Hörspiels lauschte ich gespannt. Im Gegensatz zum DDR-Film, den ich einst sah und eine ähnliche Laufzeit hat, erschien mir die Stimmung weniger düster, die Szenerie romantischer und weniger norddeutsch-frostig. Hierfür mache ich neben den Stimmen der Schauspieler die Musik und vor allem die fehlenden düsteren Bilder der See verantwortlich. Der große Vorteil für mich: Das Hörspiel ist mir wesentlich gefälliger, ähnlich wie das Original (zum Beispiel im Gutenbergprojekt nachlesbar), als der Film. Das Hörspiel kommt mir kurzweiliger vor. Die Änderungen gegenüber der Novelle machen das Hörspiel für die Masse zugänglicher und ich finde Hauke Haien auch wesentlich sympathischer dargestellt.


    Die famose Vertonung begeistert mich mit ihrer zweistufigen Erzählstruktur, die es zuletzt im Gruselkabinett häufig gibt und mir jedes Mal ein großes Vergnügen bereitet. Peter Weis als alter Schulmeister und Erzähler ist genial. Die Rahmenerzählung erwecken Claus Thull-Emden, Marc Gruppe und Max Schautzer (eine wunderbare sympathische Stimme für einen Deichgrafen) mit Peter Weis zum Leben. In der Binnenerzählung sind weitaus mehr großartige Schauspieler zu hören. Als Tede Haien (Vater von Hauke) ist Hans Bayer zu hören. Johannes Raspe spricht Hauke Haien, den späteren Deichgrafen. Dem Deichgrafen Tede Volkerts leiht Horst Naumann seine Stimme und dessen Tochter Elke Kristine Walther. Sie alle und die übrigen elf Sprecher leisten hervorragende Arbeit.
    Als eine der emotionalsten und mitreißendsten Szenen empfand ich die Unterhaltung von Elke und Hauke über ihre gemeinsame Tochter. Besonders Kristine Walther transportiert die Emotionen ihrer Rolle unglaublich realistisch und natürlich nur mit ihrer Stimme. Eine großartige Schauspielerin!


    Die Musik- und Geräuschkulisse überzeugt wie gewohnt. Sie unterstützt an den richtigen Stellen und sorgt bei zart besaiteten Menschen für wohlige Schauer.


    Fazit
    Ein weiteres atmosphärisches Meisterwerk im Gruselkabinett. Diese grandiose Vertonung des Klassikers von Theodor Storm werde ich mir noch häufig anhören.