Wie sicher bleibt Renault in der Formel 1?

  • 02. Juni 2006 - 10:54 Uhr

    Durch die Einigung zwischen 'GPMA' und Ecclestone/'CVC' schienen alle Gerüchte um Renault vom Tisch zu sein, doch einige Fragen sind weiter offen


    (F1Total.com) - Renault behauptet seit Jahren, von allen großen Automobilherstellern am wenigsten Geld in die Formel 1 zu pumpen. Dennoch stand das Engagement der Franzosen bis vor kurzem auf wackeligen Beinen, weil durch den Wechsel an der Konzernspitze mit Carlos Ghosn seit einiger Zeit ein eiserner Sparmeister das Sagen hat.


    Ghosn machte Teamchef Flavio Briatore klar, dass Renault sich nur unter zwei Bedingungen einen Weiterverbleib im Grand-Prix-Sport vorstellen kann: erstens, dass der sportliche Erfolg gewährleistet ist, und zweitens, dass die Kosten möglichst niedrig sind. Diese beiden Forderungen sind freilich kaum miteinander zu vereinbaren, denn die konkurrierenden Hersteller stecken seit Jahren immer mehr Geld in ihre Teams.

    Renault brach effektiv aus der 'GPMA' aus


    Also kehrten Briatore und der neue Teampräsident Alain Dassas der 'GPMA' mit einigen politischen Gesten - Renault war als einziges 'GPMA'-Mitglied bei jener umstrittenen Sitzung in Maranello anwesend, bei der das Einfrieren der Motorenentwicklung beschlossen wurde - zumindest halbseitig den Rücken zu. Gleichzeitig traten sie in Gespräche mit Bernie Ecclestone und 'CVC'-Repräsentanten ein, um das Ausverhandeln einer kommerziellen Vereinbarung voranzutreiben.


    Renaults großes Problem war nämlich bis zur Unterzeichnung des Verständnismemorandums zwischen der 'GPMA' und Ecclestone/'CVC', dass man nicht wusste, ob man überhaupt längerfristig in der Formel 1 bleiben würde. Gleichzeitig musste Briatore aber sein Budget zusammenstellen - und Sponsoren davon zu überzeugen, viel Geld in ein möglicherweise sinkendes Schiff zu investieren, ist in der heutigen Zeit ein Himmelfahrtskommando.


    "Wir hatten einige Deadlines", bestätigte Dassas nun in einem Interview mit 'formula1.com', "und weil jeder davon geredet hat, ob Renault nun bleibt oder nicht, wollten wir ein gutes und positives Signal aussenden, dass wir langfristig bleiben werden. Darum waren wir die treibende Kraft dahinter, das Verständnismemorandum so früh wie möglich zu unterschreiben. Wir sind sehr froh über unsere Rolle in diesem Prozess und darüber, dass sich die anderen Hersteller angeschlossen haben."

    Marketingabteilung nun wieder auf Sponsorensuche


    Tatsache ist, dass Renault aufgrund der Unsicherheit im eigenen Vorstand bis vor einigen Wochen noch keinen einzigen Sponsorenvertrag für die Zeit nach 2007 in der Tasche hatte, doch nun kann Marketingmanager Jason Campbell auf dem Markt endlich wieder in die Offensive gehen und möglichen Interessen ein attraktives Paket anbieten; immerhin ist Renault schließlich Weltmeister - und die neue Verpflichtung der Formel 1 gegenüber läuft bis inklusive 2012.


    Die Franzosen operieren 2006 laut der Fachzeitschrift 'BusinessF1' mit einem Budget von knapp 230 Millionen Euro, wobei vom Mutterkonzern ungefähr 85 Millionen Euro beigesteuert werden. Nach diesem Jahr muss allerdings der Abgang von 'Japan Tobacco' ('Mild Seven') abgefedert werden, was ein Loch von gut 40 Millionen Euro aufreißen wird. Dafür gibt es angeblich bereits mündliche Zusagen, dass 'i-mode' und 'Telefónica' bei ihren zwölf Millionen Euro schweren Zahlungen bleiben werden.

    Abgang von 'Mild Seven' muss abgefedert werden


    "Wir arbeiten sponsorenseitig gerade an Lösungen, denn es gibt im Sponsorenumfeld aufgrund der Tabakgesetzgebung eine große Veränderung", erklärte Dassas. "Wir sind aber sicher, dass wir mit anderen starken Sponsoren daherkommen werden. Um zu sagen, in welche Richtung das gehen wird, ist es noch zu früh, aber wir werden unsere Situation genau prüfen und dann entscheiden, was aus Renault-Sicht das Beste ist."


    Sollten die Sponsoreneinnahmen drastisch einbrechen, könnte man immer noch eine Notbremse ziehen, die schon seit längerem als Gerücht im Fahrerlager herumschwirrt: Angenommen, Renault verspürt keine Lust mehr auf die Formel 1, dann könnten die Franzosen als Werksteam aussteigen und die Fabrik samt Manpower an Briatore verkaufen, der den Rennstall auf privater Basis mit Renault-Kundenmotoren und -Support weiterführen würde.


    Freilich ist ein solches Gedankenspiel sehr spekulativer Natur, doch dezidiert auf die Aussage festnageln, dass Renault bis 2012 in der Formel 1 bleiben wird, lässt sich Dassas nicht: "Das bedeutet, dass das Team zumindest bis 2012 bleiben wird", antwortete er auf die Frage, ob Renaults Zukunft in der Königsklasse des Motorsports angesichts des Verständnismemorandums von Barcelona nun hundertprozentig gesichert sei.

    Renault ab 2008 als Briatore- oder Nissan-Team?


    "Wir wollen ganz klar hinter den Dingen stehen, aber um das tun zu können, haben wir schon immer gesagt, dass wir ein gutes wirtschaftliches Umfeld benötigen und eine Kostenreduktion. Alle arbeiten daran. Wir werden 2012 hier sein - unter den richtigen Bedingungen, mit den richtigen Fahrern", erklärte Dassas, dass Renaults Engagement weiterhin an recht strikte Vorgaben seitens des Vorstands geknüpft ist.


    Ein Teil der internen Wirtschaftlichkeitsdebatte bei Renault ist freilich hausgemacht, denn würde man einen überwältigenden Return of Investment für das Formel-1-Projekt einfahren, dann würde niemand das Team in Frage stellen. Dass sich dieser Return of Investment trotz der sportlichen Erfolge in eher bescheidenen Dimensionen bewegt, liegt aber zum Teil daran, dass die beiden WM-Titel von 2005 auf dem Werbemarkt bisher nur sehr zurückhaltend ausgeschlachtet wurden...