Williams wollte 1994 gegen Schumacher protestieren

  • 18. Juni 2006 - 15:34 Uhr

    Wegen der entscheidenden Kollision von Adelaide wollte Williams 1994 gegen Michael Schumacher protestieren - Patrick Head stichelt gegen den Deutschen


    (F1Total.com) - Gut drei Wochen ist es nun schon wieder her, dass Michael Schumacher mit seiner Parkaktion in der Rascasse-Kurve von Monaco eine Welle der Entrüstung in der Formel 1 ausgelöst hat. Im Zuge dieses Zwischenfalls wurde natürlich das frühere Sündenregister des siebenfachen Weltmeisters ausgepackt, in dem die eine oder andere kontroverse Aktion zu finden ist.


    Dazu zählt auch die fragwürdige Kollision von Adelaide 1994, als Schumacher und Damon Hill vor dem WM-Finale nur durch einen Punkt getrennt waren. Der damalige Benetton-Pilot kam von der Strecke ab, verteidigte sich aber gegen den von hinten herankommenden Williams und fuhr diesem in einer Rechtskurve über die Radaufhängung. Schumacher musste noch an Ort und Stelle aussteigen, Hill gab wenige Minuten später in der Box auf.

    Benetton bewegte sich 1994 auf kontroversen Pfaden


    Zuvor hatte es in jener Saison schon intensive Diskussionen über das Benetton-Team gegeben, denn erst wurden der Truppe von Flavio Briatore unerlaubte elektronische Systeme unterstellt, dann gab es die Flaggenaffäre von Silverstone, als Schumacher disqualifiziert wurde, aber trotzdem auf der Strecke blieb und anschließend für zwei Rennen gesperrt wurde, und schlussendlich sorgte auch noch das wegen eines entfernten Pflichtfilters der Tankanlage ausgelöste Boxenfeuer bei Schumachers Teamkollege Jos Verstappen für Aufruhr.


    Die Kollision von Adelaide brachte das Fass zum Überlaufen - und im Nachhinein fühlt sich Williams-Teilhaber Patrick Head in seinen damaligen Unterstellungen bestätigt: "Das Urteil der Kommissare in Monaco zeigt, dass sie und die FIA der Meinung sind, dass Michael ein Foul begangen hat. Irgendwie bedeutet das doch auch, dass ein Mann, der einmal ein Foul begangen hat, dazu fähig ist, dies mehrere Male zu tun", sagte er in einem vorab veröffentlichten Auszug aus dem Fachmagazin 'F1 Racing'.


    "Wir bei Williams waren uns an jenem Tag in Adelaide schon zu 100 Prozent sicher, dass Michael ein absichtliches Foul begangen hatte. Es war zu offensichtlich. Er wollte gerade seinen angeschlagenen Benetton in den Notausgang steuern, als er Damons Williams sah, wie er ihn überholt hätte, und deshalb wechselte er abrupt die Richtung zur Straße hin, um genau das zu verhindern", erinnerte sich Head an die damaligen Vorkommnisse.

    Williams wollte keinen WM-Titel am grünen Tisch


    "Wir zogen ernsthaft in Betracht, dagegen zu protestieren, weil es so offensichtlich war, aber wir entschieden uns wegen der Ereignisse davor in jenem Jahr dagegen", fuhr er fort. "Da 1994 ein so schreckliches Jahr war - wegen des Todes von Ayrton Senna in einem unserer Autos in Imola -, dachten wir, dass es nicht richtig gewesen wäre, wenn Damon Weltmeister geworden wäre, schon gar nicht auf dem grünen Tisch, also sparten wir uns den Protest."


    Head und sein Partner Frank Williams handelten damit eigenen Angaben nach im Interesse des Sports, der in jenem schwarzen Jahr einen weiteren Skandal wohl kaum verkraftet hätte. Unmittelbar nach der Tragödie von Imola hatte es ja sogar Diskussionen um die gesellschaftliche Berechtigung des Grand-Prix-Sports gegeben - und eine umstrittene WM-Entscheidung durch das FIA-Schiedsgericht hätte sicher nicht geholfen, das Ansehen der Formel 1 zu rehabilitieren.

    In einem anderen Jahr hätte Williams protestiert


    "Wäre es ein anderes Jahr gewesen oder wäre Ayrton nicht in einem unserer Autos gestorben, dann hätten wir ziemlich sicher einen Protest auf der gleichen Basis, auf der Michael in Monaco für schuldig befunden wurde, eingereicht", so Head. Möglicherweise hätte dies zu einer ähnlichen Situation wie nach Jerez 1997 geführt, als Schumacher nach einer Kollision mit Jacques Villeneuve sämtliche Punkte jener Saison nachträglich gestrichen wurden.


    Unabhängig davon findet es Head "bemerkenswert", dass Ferrari auch nach der Rascasse-Affäre nach außen hin eine "Stimmung der berechtigten Entrüstung" an den Tag legt: "Ich bin keiner der Extremen, die Michaels Rausschmiss aus der Formel 1 fordern, aber diese Episode beweist - genau wie Adelaide 1994 und einige weitere Situationen -, dass er kein Sportsmann im sportsmännischen Sinn des Wortes ist", gab der Brite zu Protokoll.


    "Michael besitzt einen überwältigenden Siegestrieb. Es ist ziemlich offensichtlich, dass er sich nicht darum kümmert, wie er seine Ziele erreicht. Mich überrascht jedoch, dass die Menschen sich noch über die Dinge, die er so anstellt, wundern, wenn man sich seine Vergangenheit anschaut. Dieses Verhalten ist ganz klar einfach ein Teil seiner Persönlichkeit", stichelte der 60-Jährige abschließend in Richtung des Ferrari-Piloten.