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Von Holger Dambeck
Buchautoren haben es in Deutschland immer leichter - dank Lulu.com. Das Prinzip: Autoren kopieren ihre Texte auf einen Lulu-Server, ohne dafür einen Cent zu zahlen. Sobald sich ein zahlender Leser findet, wird ein Buch gedruckt. Die Idee könnte den Markt revolutionieren.
Bob Young vergleicht sein Geschäftsmodell gern mit den großen Errungenschaften der Menschheit: "Wir glauben, dass Lulu das Potential dazu hat, die Welt so zu verändern, wie seinerzeit Gutenbergs Erfindung." Young ist Chef von Lulu.com, einem sogenannten Print-on-Demand-Service aus den USA, der seit diesem Sommer auch in Deutschland seine Dienste anbietet.
200.000 Bücher druckt Lulu derzeit im Monat - fast alle in Kleinstauflagen. Wenn nötig, produziert Lulu von einem Buch nur ein Exemplar. Die Print-on-Demand-Technik ("Druck auf Nachfrage") macht's möglich: Statt mit herkömmlichen Druckmaschinen arbeitet Lulu mit Laserdruckern.
Ob das fertige Buch als Paperback oder Hardcover erscheinen soll, kann der Autor selbst festlegen. Vor allem bei Mini-Auflagen von einigen hundert Exemplaren ist das Lulu-Buch deutlich billiger als der klassische Druck.
Gratis publizieren gab es bei Print-on-Demand noch nicht
Das Verfahren ist nicht neu. Seit Jahren wird der Durchbruch der Technik prophezeit, ohne dass er tatsächlich je stattgefunden hat. Lulu könnte dies womöglich ändern - denn anders als bei deutschen Anbietern wie Books on Demand (BoD) kostet das Publizieren hier keinen Cent.
Wer aus einem eigenen Text ein Buch machen will, muss sich bei Lulu registrieren und dann die Textdatei auf den Lulu-Server hochladen. Autoren mit Layout-Ambitionen können selbst gestaltete PDFs statt einer Word-Datei als Druckvorlage nehmen. Dann wird noch ein Cover ausgewählt - auch hier sind eigene Layouts möglich -, und der Verkaufspreis festgelegt. Lulu gibt die Druckkosten vor. Der Autor kann diesen Preis um jenen Betrag erhöhen, den er selbst pro Buch verdienen will. Geld vom Autor verlangt Lulu nur für Zusatzdienste wie eine ISBN-Nummer.
Young, der einst die Linux-Firma Red Hat gegründet hat, sieht bei Lulu sogar Ähnlichkeiten zur Open-Source-Bewegung. Diese habe das Software-Geschäft revolutioniert, weil sie den Verbrauchern die Kontrolle überlassen habe. Mit Hilfe des Internets und der Print-on-Demand-Technik revolutioniere Lulu jetzt den Buchmarkt auf ähnliche Weise: indem es Autoren die alleinige Kontrolle über ihre Werke gebe. "Wir nehmen das Veröffentlichen aus den Händen einer Elite und öffnen es für Tausende neuer Autoren, indem wir es so einfach machen, ein Buch zu veröffentlichen, wie einen Blog zu starten."
Suchmaschinen als Verkaufsplattform
Für den europäischen Markt lässt Lulu seine Bücher bisher in Spanien und Großbritannien drucken. Demnächst wird auch die Norderstedter Firma Books on Demand (BoD) für Lulu produzieren. BoD bietet einen ähnlichen Service für Autoren wie Lulu - allerdings nicht gratis. Fast alle Kleinverleger wählen ein Komplettpaket, das eine ISBN-Nummer und die Aufnahme in die Buchhandelskataloge umfasst. "Aus gutem Grund", sagt BoD-Geschäftsführer Moritz Hagenmüller im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. "Denn ein signifikanter Teil unseres Umsatzes kommt aus Buchhandelsbestellungen." Für Lulu dagegen spielt nicht der Buchhandel, sondern das Internet die Hauptrolle in der Buchvermarktung: "Weil wir so schnell gewachsen sind und so viele Bücher bei uns auf der Seite haben, liegen wir im Google-Ranking sehr weit oben", sagt Mathijs F. Suidman im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Er leitet das Lulu-Geschäft in Europa.
Viele Autoren verlinken von ihrem Blog oder ihrer Homepage auf ihre bei Lulu angebotenen Bücher. Dies erhöhe das Google-Ranking von Lulu.com, sagt Suidman. Wenn die Autoren ihre Bücher mit passenden Schlagworten versehen, dann landen sie bei Google-Anfragen automatisch auf den oberen Plätzen, behauptet Suidman. So könnten sie mitunter ihr Buch verkaufen.
BoD geht sogar noch einen Schritt weiter und gibt Buchinhalte für "Search inside a book" von Amazon und die Volltextsuche von Google Books frei (sofern die Autoren die Option nicht abwählen). Ein Fachbuch eines Hobbyautors kann so auch Leser finden, die weder Autoren noch Buch kennen.
YouTube für Hobbyautoren
BoD-Chef Hagenmüller glaubt, dass sich der Buchmarkt ohnehin in massiven Veränderungsprozessen befindet: "Bei den Verlagen und im Buchhandel dominieren immer mehr die großen Namen. Man konzentriert sich nur noch auf wenige Titel, die Bestsellerpotential haben." Gleichzeitig gebe es auf der Konsumentenseite ein "wahnsinniges Bedürfnis", sich selbst zu vermarkten - siehe YouTube oder Myspace. Print on Demand mache dies auch mit Büchern möglich.
Die Revolution des Buchmarktes, von der man bei Lulu und BoD so gern spricht, ist vor allem eine Revolution der Autoren, die im klassischen Verlagsgeschäft nicht unterkommen. "Wir sind ein Sprungbrett", sagt Hagenmüller, "wir sind aber auch ein Auffangbecken für Manuskripte, die bei großen Verlagen nicht angenommen werden". Über die Qualität der gedruckten Bücher will man bei BoD und Lulu gar nicht urteilen - entscheidend sei, dass die Bücher gekauft würden.
BoD hat jedoch auch herkömmliche Verlage als Kunden, die fast die Hälfte des Geschäfts ausmachen. Mit Print on Demand könnten die Verlage schwer zu kalkulierende Titel realisieren, erklärte Hagenmüller. "Wir ermöglichen somit Vielfalt."
Und natürlich hat die Print-on-Demand-Branche auch Erfolgsgeschichten zu bieten. So verkaufte der Autor Markolf H. Niemz von seinem Buch "Lucy mit c - Mit Lichtgeschwindigkeit ins Jenseits" binnen weniger Monate knapp 14.000 Exemplare. Die populärwissenschaftliche Darstellung des Themas Nahtod schaffte es sogar bis in die Bestsellerliste für Taschenbücher. Vorausgegangen waren Interviews mit dem Autor im Fernsehen und in Tageszeitungen.
Wem das Schreiben eines eigenen Buchs zu anstrengend ist, der kann Dienste wie Lulu allerdings auch noch anders nutzen. Beispielsweise, indem er sich frei zugängliche Texte aus dem Internet kopiert und daraus ein eigenes Werk bastelt. So lassen sich mittels "Suchen und Ersetzen" die Namen der Akteure austauschen - und plötzlich spielen Freunde und Verwandte die Hauptrolle in einem Märchen. Dabei sollte man jedoch zwingend das Urheberrecht beachten - sonst kann das Spaßgeschenk schnell extrem teuer werden. Das Urheberrecht erlischt erst 70 Jahre nach dem Tod des Autors.
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