Mutter aus Teterow gesteht vor Gericht Vergiftung ihrer Tochter

  • Am Donnerstag hat vor dem Rostocker Landgericht der Prozess um einen besonders grausamen Fall von Kindesmisshandlung begonnen. Angeklagt sind die Eltern eines heute fünfjährigen Mädchens aus Teterow. Zum Auftakt der Verhandlung gestand die 27-jährige Mutter, ihre kleine Tochter jahrelang mit Essig und Kalklöser vergiftet zu haben. Sie sei sich der gesundheitlichen Folgen für die heute Fünfjährige bewusst gewesen, sagte die Angeklagte Mandy N.. Warum sie dem Kind immer wieder die gefährlichen Flüssigkeiten eingeflößt habe, könne sie sich auch ein halbes Jahr nach ihrer Festnahme nicht erklären.


    Haushaltsgifte in immer höheren Dosen


    Die Hausfrau aus Teterow steht gemeinsam mit ihrem drei Jahre älteren Mann, der in einem Schlachthof arbeitet, vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau 27 Fälle vor, in denen sie ihrer Tochter die Haushaltsgifte in immer höheren Dosen verabreicht haben soll. Die Anklage stützt sich auf 27 Krankenhausberichte. 21 Straftaten räumte die Angeklagte "in vollem Umfang" ein, die anderen Krankenhausaufenthalte seien auf natürliche Erkrankungen zurückzuführen, sagte sie. Die Eltern hatten das kleine Mädchen jeweils in verschiedenen Kliniken vorgestellt und behandeln lassen. Erst im Sommer dieses Jahres wurde ein Kinderarzt misstrauisch und alarmierte die Polizei.


    Kind mit kochendem Wasser verbrüht


    Außerdem gab Mandy N. die absichtliche Verbrühung ihrer Tochter zu, um sich Geld aus der Unfallversicherung zu erschleichen. Sie habe die damals ein Jahr und drei Monate alte Lea Marie in die Wanne gesetzt und ihr mit kochendem Wasser die Oberschenkel überbrüht. Sowohl Ärzte als auch Versicherung glaubten die Version der Mutter, das Kind habe sich einen Topf mit kochendem Kartoffeln gegriffen. Es wurden 864 Euro ausgezahlt. Auch der Vater Thilo N. muss sich wegen Misshandlung seiner Tochter vor Gericht verantworten. Er soll das Mädchen in mindestens zwei Fällen geschlagen und dabei gefährlich verletzt haben. Vater und Mutter hatten vor Gericht angegeben, Lea Marie sei ein Wunschkind gewesen, aber auch oft aufgeregt und anstrengend.


    Durch Misshandlungen schwer geschädigt


    Lea-Marie, die inzwischen bei einer Pflegemutter lebt, wurde durch die Misshandlungen dauerhaft schwer geschädigt. Laut Anklage bestand in einem Fall Lebensgefahr. Der von der Pflegemutter beauftragte Anwalt der Nebenklage beantragte daher zu Prozessbeginn, neben Misshandlung, schwerer und gefährlicher Körperverletzung und Betrug auch versuchten Mord in die Anklage aufzunehmen. Der Vorsitzende Richter stellte den Antrag zurück, weil zu diesem Zeitpunkt kein hinreichender Tatverdacht bestehe. Dies könne sich jedoch im Laufe des Prozesses ändern.


    Ermittlungen gegen Ärzte und Jugendamt


    Nach Recherchen des NDR Nordmagazins wird außerdem anhand der Krankenunterlagen überprüft, ob einem der zahlreichen behandelnden Kinderärzte fahrlässige Körperverletzung vorzuwerfen sei. Das Mädchen sei 31 Mal stationär behandelt worden, bis Ärzte die Verätzungen in Mund, Speiseröhre und Magen erkannten. Nach einem Bericht von NDR 1 Radio MV unter Berufung auf die Rostocker Staatsanwaltschaft wird auch gegen eine Mitarbeiterin des zuständigen Jugendamtes ermittelt. Es bestehe der Verdacht der unterlassenen Hilfeleistung. Sie soll es versäumt haben, auf einen ersten Hinweis zu reagieren.


    Stand: 30.11.2006 13:35
    Quelle: [URL=http://www1.ndr.de/ndr_pages_std/0,2570,OID3388870,00.html]ndr.de[/URL]