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Hamburg - Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) kämpft an diesem Dienstag in einem Berufungsverfahren vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) in Hamburg weiter um die Ausstrahlung eines Fernsehfilms über den Contergan-Skandal.
Der Film "Eine einzige Tablette" thematisiert die Affäre um das Schlafmittel Contergan, nach dessen Einnahme tausende Frauen Ende der 50er Jahre missgebildete Kinder geboren hatten.
Das Hamburger Landgericht hatte auf Klage des Contergan-Herstellers Grünenthal und eines Anwalts hin die Ausstrahlung des Films mit einer einstweiligen Verfügung im Juli 2006 verhindert. Dagegen sind der WDR und die Produktionsfirma Zeitsprung vor das OLG gegangen.
Die Grünenthal GmbH (Aachen) und der Anwalt, an dessen Lebensgeschichte sich der Film anlehnt, hatten an dem Drehbuch mehr als ein Dutzend Stellen moniert, die sie als Verdrehung der historischen Tatsachen sahen. Die Richter der Pressekammer folgten dieser Ansicht und stoppten den Film des renommierten Regisseurs Adolf Winkelmann ("Die Abfahrer", "Jede Menge Kohle").
Der WDR wertete dies als schlechtes Signal für die fiktionale Aufarbeitung zeitgeschichtlicher Ereignisse und rief die höhere Instanz an. Der Sender kritisierte auch, dass die Richter die Ausstrahlung des Films untersagten, ohne das Endprodukt in voller Länge gesehen zu haben. Die Kläger haben inzwischen am Hamburger Landgericht eine zweite einstweilige Verfügung gegen "Eine einzige Tablette" erwirkt, die sich auf zwei beanstandete Passagen des Films selbst bezieht.
Der Bundesverband Contergangeschädigter kritisierte in einer Erklärung, dass das Schicksal der Betroffenen in dem Streit mittlerweile eine untergeordnetet Rolle spiele. Der Bundesverband werde sich für keine der Parteien stark machen, hieß es. Der WDR und die Produktionsfirma hätten den Verband in die Arbeit für den Film nicht eingebunden. Eine Beratung zum Inhalt oder zur Gestaltung des Drehbuchs habe nie stattgefunden.
Die Betroffenen des Contergan-Skandals streiten inzwischen auch untereinander über dessen Aufarbeitung und die Bewertung des Contergan-Prozesses gegen sieben Grünenthal-Manager, der 1970 eingestellt wurde. So kritisiert etwa die Föderation Conterganbehinderter und deren Freunde e. V. immer wieder Arbeit und Vorgehen des Bundesverbandes. (dpa)
Quelle: digitalfernsehen.de