Bettini gewinnt Gold

  • Olympische Spiele
    Paolo Bettini holt die Goldmedaille


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    ATHEN, 14.08.04 (rsn) - Der Italiener Paolo Bettini ist am Samstag beim olympischen Straßenrennen in Athen seiner Favoritenrolle voll gerecht geworden. Die "Grille", bei den Weltcup-Rennen an den letzten beiden Wochenenden zwei Mal Zweiter, holte bei dem Hitzerennen rund um die Akropolis nach 224,4 km die Goldmedaille im Sprint vor dem überraschend starken jungen Portugiesen Sergio Paulinho. Bronze ging an den Belgier Axel Merckx. Das deutsche Quintett spielte bei der Medaillenvergabe keine Rolle. Jan Ullrich enttäuschte im Finale, während der Tour-Zweite Andreas Klöden bereits früh entkräftet aufgab.


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    Foto: Roth
    Paolo Bettini Geb. 1.April 1974 in Cecina (Toskana/Ita); 1,69m/58 kg


    Profi seit 1997
    Teams MG (1997), Asics (1998), Mapei (1999 - 2002), Quick Step (seit 2003)
    Größte Erfolge: Olympiasieger 2004 (Straßenrennen), Italienischer Meister 2003, Weltcup-Sieger 2002 und 2003, Lüttich-Bastogne- Lüttich 2000 und 2002, Meisterschaft von Zürich 2001, Mailand- San Remo 2003, HEW-Cyclassics Hamburg 2003, Clasica San Sebastian 2003, Coppa Placci 2001, Latien-Rundfahrt 2002, Coppa Sabatini 2002, GP de Camaiore 2004.
    Rundfahrten: Etappe Tour de France 2000 (Dax) Lucca-Rundfahrt 1999 (+1 Etappe), Internationale Woche 2000 (+ 2 Etappen), Memorial Cecchi-Gori (+ 2 Etappen), Riviera/Ligurien-Rundfahrt 2002 (+ 2 Etappen), Tour de la Région wallonne (+ 1 Etappe), Mittelmeer-Rundfahrt 2003, Tirreno-Adriatico 2004 (+ 2 Etappen)


    "Für jeden Sportler ist ein Olympiasieg schon etwas besonderes", sagte Bettini. "Ich habe heute versucht, so zu fahren wie immer, konzentriert zu bleiben und ruhig. Seit wir hier in Athen ankamen, habe ich drei herrliche Tage verlebt. Das Rennen heute verlief wie geplant. Meine Mannschaft hat super funktioniert. Ich habe angegriffen, weil ich nicht wollte, dass eine Gruppe auf die Zielgerade kommt. Als ich antrat, habe ich gespürt, dass das erfolgreich sein könnte, denn ich sah viele müde Gesichter um mich herum."


    Paolo Bettini, bester Klassikerspezialist der letzten Jahre, reichte eine einzige Attacke bei dem Hitzerennen durch die Athener Innenstadt, wo Temperaturen von an die 40 Grad herrschten. 21km vor dem Ziel, in der vorletzten von 17 Runden a 13,2km trat der kleine Toskaner an am Anstieg des Lycabette, einem der Hügel oberhalb der griechischen Metropole. Nur der 24 Jahre alte portugiesische Zeitfahrmeister Paulinho konnte an Bettini dranbleiben. Das Duo baute den Vorsprung auf die illustren Verfolger kontinuierlich aus. Weder der Olympiasieger von Sydney Jan Ullrich noch der kasachische Silbermedaillengewinner von damals, Alexandre Vinokourov, vermochten Bettinis Antritt etwas entgegensetzen.


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    Jan Ullrich


    Bettinis entscheidende Offensive ließ am Ende auch Alejandro Valverdes Träume platzen. Der junge Mann aus Murcia, einer der Favoriten des Rennens, war die letzte Hoffnung der arg gebeutelten Spanier, die bereits nach fünf Minuten Rennen Weltmeister Igor Astarloa nach einem schweren Sturz verloren. In der vorletzten Runde gab auch Doppel-Weltmeister Oscar Freire auf und Valverde war schließlich allein, nachdem sich seine Helfer Igor Gonzalez de Galdeano und José Ivan Gutierrez für ihn aufgeopfert hatten.


    Im Sprint um Olympisches Gold spielte Bettini seine ganze Erfahrung aus und wartete eiskalt, bis der junge Portugiese die Nerven verlor und als erster antrat. Bettini ging nach und kam im Spurt souverän zum Sieg. Von Enttäuschung gab es bei dem 24 Jahre alten Paulhino, der für das kleine "LA Pecol"-Team fährt und desen größter Erfolg bisher zwei Etappensiege bei der Portugal-Rundfahrt waren, aber keine Spur. "Das ist der schönste Tag in meinem Leben. Ich habe nicht mal zu träumen gewagt von diesem Resultat", sagte der Silbermedaillengewinner.


    Bronze ging an den Belgier Axel Merckx, der auf den letzten Kilometern allein hinter dem Spitzenduo gekontert hatte. Der Belgier jubelte über den dritten Platz fast mehr als Bettini über den Sieg. Merckx' Vater Eddy, der größte Radsportler aller Zeiten, stand niemals auf dem Podium bei Olympischen Spielen... "Ein Traum wird für mich wahr. Darauf trinke ich nachher ein gutes belgisches Bier", meinte Merckx.


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    Stolzer Vater: Eddy Merckx mit Sohn Axel
    Foto: Roth


    Erik Zabel, der die langgezogene Verfolgergruppe über die Ziellinie führte, blieb derweil nur die "Holzmedaille". Der Berliner ärgerte sich über den undankbaren vierten Platz. "Schade, um vier Sekunden an Bronze vorbei. Das erinnert mich an Barcelona - aber c'est la vie."


    "Mehr war heute einfach nicht drin", sagte Ullrich, der die Chance hatte, als erster Radprofi einen Olympiasieg zu wiederholen. Der Goldmedaillen- Gewinner von Sydney musste am Samstag mit dem 19. Rang zufrieden sein. Ullrich, der sich fest eine Medaille vorgenommen hatte und damit auch seine nach eigenen Maßstäben enttäuschende Vorstellung bei der Tour de France vergessen machen wollte, muss nun alle Hoffnungen auf das Zeitfahren über 48 km am Mittwoch setzen. Ullrich: "Die Form ist gut, eine Medaille möchte ich schon holen."


    Tour-Überraschung Andreas Klöden, der mit Krämpfen ausstieg, und Michael Rich hatten mit dem Ausgang des Rennens ebenfalls nichts zu tun. Sieben Runden vor Ende gaben Klöden und Rich, der beim Zeitfahren neben Ullrich zu den Favoriten zählt, erschöpft auf. "Andreas hat bei der extremen Hitze versäumt, genug zu trinken. Deshalb bekam er Krämpfe", sagte Teamarzt Lothar Heinrich. Den Fahrern war gestattet worden, auch außerhalb der Zone um die Teamstände Getränke aus den Begleitfahrzeugen anzunehmen. "Ich habe genug getrunken, aber trotzdem Krämpfe bekommen. Ich fühle mich nach meiner super- super Tour irgendwie ausgepowert", sagte Klöden, den Ullrich im Finale gut als Helfer hätte gebrauchen können.


    Das hochklassig besetzte Rennen vor der herrlichen Kulisse der Athener Altstadt, das nur wenige Zuschauer anlockte, hatte zunächst der Schwede Magnus Backstedt lange Zeit geprägt. Der bullige Skandinavier, Sieger bei Paris-Roubaix im April, fuhr in der zweiten Runde dem Feld davon und kam auf einen Vorsprung von drei Minuten. Dahinter machten sich der Franzose Richard Virenque und der Ungar Laszlo Bodrogi auf die Verfolgung. Zur Hälfte des Rennens erreichten sie Backstedt, doch im Peloton sorgte vor allem das deutsche Team (Voigt, Klöden) dafür, dass der Vorsprung der Ausreißer nicht zu groß wurde. In Runde 11 gab es schließlich eine Regruppierung des Feldes und ein neues Rennen begann. Eine Gruppe ((Elmiger, Cox, Power, U. Etxebarria, Moreni, McEwen) setzte sich auf den nächsten beiden Runden in Szene, doch die Offensive hatten ebensowenig Erfolg wie der Vorstoß des jungen Franzosen Thomas Voeckler, der am Ende bester seines Landes wurde auf Platz 20 hinter Ullrich.


    Der 30 Jahre alte Bettini, zweifacher Weltcup-Sieger, feierte einen der größten Triumphe seiner Karriere. Er holte den ersten italienischen Olympiasieg im Straßenrennen seit Fabio Casartelli in Barcelona 1992, wo das Rennen noch den Amateuren vorbehalten war. Casartelli war 1995 als Jungprofi bei einem tragischen Sturz während der Tour de France ums Leben gekommen.


    Quelle: www.radsport-news.com