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Martin Scorseses neuer Film „Hugo Cabret“, gerade für elf Oscars nominiert, erweist dem Stummfilmpionier Georges Méliès (1861-1938 ) die Ehre. Der Franzose erkundete die Tricktechnik des neuen Mediums, lud ein zu allerlei fantastischen Reisen und begründete den utopischen Film mit.
Saarbrücken. Eine Rakete steckt tief im rechten Auge des Mondes (der das Ganze mit dem linken wenig wohlwollend betrachtet) – ein klassisches Bild der Filmgeschichte. Erträumt und realisiert hat es der Franzose Georges Méliès vor 110 Jahren, in seiner frech freien Jules-Verne-Adaption „La voyage dans la lune“.
An diesen Pionier des Stumm-, Trick- und Science-Fictionfilms erinnert nun Martins Scorseses Film „Hugo Cabret“; er macht Meliès zu einer tragenden Figur und zeigt ihn in den Jahren nach dem großen (und flüchtigen) Ruhm als Regisseur. Die 3D-Produktion „Hugo Cabret“ basiert auf Brian Selznicks preisgekröntem Buch „Die Entdeckung des Hugo Cabret“ und spielt 1931 in den Gewölben eines Pariser Bahnhofs: Dort versteckt sich ein Waisenjunge, der den Nachlass seines verstorbenen Vaters zu entschlüsseln versucht – der hat ihm ein Notizbuch hinterlassen und eine beschädigte mechanische Puppe. Dabei hilft ihm der Spielzeughändler Georges (gespielt von Ben Kingsley), der einen Laden im Bahnhof führt und selber großes Interesse an mechanischen Puppen hat. Dies ist der mehr oder weniger wahre Kern von Buch und Film, denn Mélies führte zeitweise tatsächlich einen Spielzeugladen, wenn auch in der Metrostation Montparnasse.
Da hatte er seine Zeit als Filmpionier schon hinter sich und war ein nahezu vergessener Mann, merkwürdigerweise. Den Fabrikantensohn, 1861 in Paris geboren, trieb früh eine Faszination für die Zauberkunst um; mit Ende 20 kaufte er ein Varieté-Theater, in dem er ab und an auch zauberte; seine wahre Leidenschaft fand er 1895, als er Zeuge bei einer der ersten Kino-Vorführungen der Gebrüder Lumìere war (Scorseses Film zitiert deren berühmten Film von der Einfahrt eines Zuges). Mélies war fasziniert und drehte fortan selbst Filme, meist in seinem eigenen Glashaus-Studio (des natürlichen Lichtes wegen) in Montreuil. 500 Filme entstanden bis 1912, Dokumentarisches, Nachgestelltes und immer wieder fantastische Reisen ins All oder generell ins Unbekannte. Mélies lotete dabei die technischen Möglichkeiten des Mediums aus: Er verband Theatertricks, Falltüren etwa oder gemalte Kulissen, mit Modell- und Stopptricks. So ließ er Menschen aus dem Nichts erscheinen oder verschwinden, indem er während Auf- oder Abgang die Kamera anhielt. Ideen, die wohl jeder Steppke später mit einer Super-8-Kamera ausprobierte.
Mondgestalten und Unterwasserwesen bevölkerten seine Filme, in der realen Welt machten frühe Raubkopierer und die Konkurrenz Méliès den Garaus: Kopien seiner Film liefen erfolgreich in den USA, ohne dass er Tantiemen erhalten hätte, während die französischen Pathé-Brüder, die ihre Filme nicht mehr verkauften, sondern verliehen – ein Novum –, ihm den Rang abliefen. Méliès gab auf, tingelte als Varietékünstler, verarmte und wurde vergessen – bis zu seiner späten Wiederentdeckung. Heute wird seine Bildwelt gerne zitiert: ob in Videos der Smashing Pumpkins und Queen oder in Serien wie „Futurama“ und den „Simpsons“. Da die Urheberrechte seiner Filme abgelaufen sind, kann man einige legal im Internet unter https://inside-forum.de/www.archive.org sehen. Ein großes Vergnügen.