Illustrationen zu San Carlos und überhaupt

  • Ich schreibe es mal hierher, auch wenn es vielleicht nur ganz allgemein zu den Verne-Werken selbst zu rechnen ist.


    Vor einiger Zeit habe ich mir die 1993er Ausgabe von Jules-Vernes-Nachlasspublikation „San Carlos“ besorgt. In erster Linie um mal zu sehen, wie umfangreich die abgedruckten Erzählungen sind, und ob ich, nach Ablauf der Schutzfrist, davon vielleicht eine von ihnen übersetzen und in meiner Edition Dornbrunnen verwerten kann. Nun kann ich das Buch, mangels französischer Sprachkenntnisse zwar nicht lesen, doch zumindest anschauen, denn es ist recht üppig bebildert. Und damit komme ich zum Kern dieses Themas. Ich kann mir nicht helfen, aber ich finde die Illustrationen furchtbar. Ein wenig erinnern sie mich an späte Illustrationen aus den Verne-Bänden des Verlags Neues Leben, die ja manchmal schon recht experimentell wirken. Irgendwie kommt da bei mir die Frage auf, wieso wird Verne heutzutage (leider nicht nur seine Werke) so grausam illustriert? Die Originalillustrationen sind ja nun weitgehend über jeden Zweifel erhaben, auch die alten Weichert-Illustrationen gefallen mir, oder das, was ich an italienischen Verne-Illustrationen aus der Vorkriegszeit so gesehen habe. Aber das meiste danach, weiß mir, mit wenigen Ausnahmen (Klemke, Goßmann), nicht mehr so recht zu gefallen. Ist schlecht illustriert besser als gar nicht?

  • ... wie die Verfahrensweise aktuell aussieht, kann ich nur vom "Hörensagen" andeuten. Nach nach einem Gespräch mit einem Grafiker der früher auch schon Bücher illustriert hat kam als Extrakt rüber, dass viele Verlage heute keinen "Buchschmuck" (so der Überbegriff) in Auftrag geben, da die Kalkulation oft sehr eng ist.


    Im Ergebnis sehen wir dann die mehr oder weniger technisch gelungene Nachnutzungen alter rechtfreier Illustrationen oder bei vielen Romanen gar keine grafische Ergänzung.


    Der Verlag Neues Leben hatte in seinen Reihen (von denen JV nur eine von vielen war) von vorn herein Illustrationen geplant - geschuldet auch den Kinder und Jugendlichen, die als Zielgruppe angesprprochen werden sollten. Ich hatte Rücksprachen mit zwei Künstlern, die damals involviert waren. Zum einen mit der Tocher von Bartsch/Blumfeld (selbst auch Künstlerin), die bei NL die geheimnisvolle Insel illustrierten und mit Bärmich, der bei NL den Kin-Fo illustrierte. Unterm Strich kam heraus, dass die Auftragsvergebenen nicht immer unbedingt das Erscheinungsbild des Gesamtbuches vor Augen hatten. Es gab ein Beziehungswirrwar zwischen Nachwuchskünstlern denen man eine Chance geben wollte, Günstlingen die immer was abbekommen haben und Ausschreibungssieger die sich redlich Mühe gaben. Trotz allem hat der Verlag selbst bei den Umsetzungen noch oft -teilweise auch wenig sinnvolle- gestalterische Vorgaben eingebracht, manchmal auch Sparsamkeitsfestlegungen die manche Umsetzung beeinträchtigten.


    Was mich - so wie auch Predantus - nicht nur bei NL sondern auch anderen Verlagen der damaligen Zeit in Ost und West störte war, dass die Illustrationen sich oft vom Zeitgeist leiten ließen. Dazu kam noch, dass sich einige Künstler nicht in das Sujet oder dem Umfeld des 19. JH hineinversetzen konnten. Das Ergebnis war oft eine Entfremdungen in der Darstellung, oft auch sehr wiedersprüchlich zu den textlichen Beschreibungen der Situation.


    Aus Letztgenanntem tendiere ich zu der Aussage, das manchmal KEINE Illustration durchaus besser sein kann als eine misslungene.


    ?(

  • Ich habe aus gegebenen Anlass gerade die beiden Bände Von der Erde zum Mond und Die Reise um den Mond aus dem Kinderbuch Verlag Berlin vorliegen. Also, mir gefallen darin die Illustrationen von Alfred Will und mehr noch die von Eberhard Binder. Sie sind - natürlich zielgruppenabhängig - kindlich-frech und haben sehr wohl Bezug zum Text.
    Bei den frühen Weichert-Bänden halte ich die Frontispize für nicht so sehr gelungen. Im Gegenteil dazu finde ich Weichert-Einbände von Hermann Tischler nicht schlecht.
    Aber wie heißt es so schön, "Geschmack macht einsam"

  • ... das sind durchweg Illustrationen mit denen ich gut leben kann. So mag ich allgemein Abenteuerbücher. Schade, bei vielen Autoren und Ausgaben ist diese phantasievolle Untermalung in der Neuzeit verloren gegangen. Das macht oft auch den Charme älterer Ausgaben (auch im Bereich der sogenannten Trivialliteratur) aus. Es unterstützt das Träumen ...

  • Ja, wenn die Illustrationen nicht gut sind, kann man sie besser ganz weg lassen. Und wenn die alten Holzstiche zu aufwändig nachzudrucken sind, kann man sie einfach nachzeichnen:
    (Das Beispiel stammt aus L’Épave du Cynthia, Bibliothèque Verte, Hachette. Leider ist die Ausgabe nicht wirklich empfehlenswert; es wurden längst nicht alle Illustrationen übernommen und der Text weist (kleine) Lücken auf.) (Es kann natürlich sein, dass Neues Leben keine nachgezeichneten Versionen nehmen konnte, möglicherweise waren die Illustrationen damals noch urheberrechtlich geschützt.)

  • Hallo liebes Jules Verne Forum!
    ich schreibe gerade an meiner Masterarbeit über Illustrationen in der Kinderliteratur und bin bei der Recherche auf euer forum gestoßen. Da ich hier neu bin, weiß ich nicht genau ob meine Frage in diesen Thread passt - falls nicht, entschuldigung dafür. :S
    Ich möchte mir gerne eine Reproduktion des Hartleben Verlags zulegen (die mit dem rot-goldenen Einband), jedoch gibt es ja verschieden Auflagen davon (1976 in zwei Teilen oder aktuell auf Amazon für 18 Euro beide Teile in einem Band). Nun zu meiner Frage, welche Auflage ist hinsichtlich der Illustration der französischen Originalausgabe ungekürzt? Oder gibt es eine Ausgabe die vollständiger illustriert ist als andere?
    Es sollten schon die alten Holzstiche sein. Gibt es noch detailliertere/aufwändigere Illustrationen als die von Leon Benett?

  • Ist schlecht illustriert besser als gar nicht?


    Meine Meinung: Ja! Ich habe lieber "schlechte" Illustrationen als gar keine. "Schlecht" ist ja geschmacksabhängig und Geschmäcker können sich auch ändern. Ich finde, dass die Illustrationen auch den jeweiligen Zeitgeist wiedergeben. Und der kann sich in über 30 Jahren ändern.


    Ich habe die Bücher des Verlags Neues Leben erst sehr spät kennengelernt. Die Illustrationen mögen mal mehr, mal weniger gut sein, aber ich finde, sie gehören dazu. Ich bin z. B. mit der Fischer Taschenbuchausgabe groß geworden. Die Coverillustrationen sind ja auch teilweise sehr gewöhnungsbedürftig, aber ich mag sie sehr.


  • Meine Meinung: Ja! Ich habe lieber "schlechte" Illustrationen als gar keine. "Schlecht" ist ja geschmacksabhängig und Geschmäcker können sich auch ändern. Ich finde, dass die Illustrationen auch den jeweiligen Zeitgeist wiedergeben. Und der kann sich in über 30 Jahren ändern.


    Ich habe die Bücher des Verlags Neues Leben erst sehr spät kennengelernt. Die Illustrationen mögen mal mehr, mal weniger gut sein, aber ich finde, sie gehören dazu. Ich bin z. B. mit der Fischer Taschenbuchausgabe groß geworden. Die Coverillustrationen sind ja auch teilweise sehr gewöhnungsbedürftig, aber ich mag sie sehr.

    Das ist eben das Schöne, dass die Geschmäcker so unterschiedlich sind. :):