110. Todestag von Jules Verne

  • ... bald ist es wieder soweit: Am Mittwoch dem 24. März haben wir wieder den Todestag von Jules Verne.


    Anlässlich dieses Tages hier von mir das Bild einer Skulptur, die der Künstler Albert Roze am Sterbebett dem Toten als Maske abnahm und die er dann in ein erhabenes Relief 1909 verwendete.

  • Interessant, kannte ich noch nicht. Ich kannte nur dieses Foto auf seinem Sterbebett:

    Quelle des Fotos: https://en.wikipedia.org/wiki/…Verne_on_his_deathbed.jpg


    Es ist übrigens der 116. Todestag, was auch bedeutet, dass wir uns ziemlich genau vor 16 Jahren kennengelernt haben und gemeinsam nach Amiens gefahren sind. Dort habe ich dann Volker und Bernhard erstmalig gesehen und kennengelernt. Und noch ein paar weitere internationale Jules-Verne-Freunde.

  • ... das Bild ist eine amerikanische Nach-Colorierung. Aus dieser "Feder" gibt es mehrere Motive. Sie haben sich alte Zeitungsbilder genommen und diese (aus meiner Sicht) gefühlvoll "modernisiert". Das o.g. Bild ist von Douard fotografiert worden und kam dann in die Zeitschrift L'ILLUSTRATION.


    Ich habe noch von Douard das nachfolgende Motiv, welches nicht in den Zeitschriften zu sehen war:

  • Eine kleine Korrektur: Von Jules Verne ist keine Totenmaske bekannt. Die Skulptur von Andreas' Postkarte geht auf ein anonymes Gemälde zurück (das vermutlich auch von Roze stammt), das vor ein paar Jahren in Paris auf einer der Weissenberg-Auktionen versteigert worden ist.

  • Dann haben wir mal einen neuen Fakt in Verne-Historie gefunden. Denn ich habe eine Zeitschrift mit einen Artikel, in dem der Skulpteur interviewt wurde. Es ist die Zeitschrift NORD FRANCE vom 14. Okt. 1950. Dort ist dieser Beitrag drin:



    ... und im Text sagt es der Skulpteur anders: Er sei in das Zimmer des Toten gerufen worden um die Maske des Verstorbenen abzunehmen. So habe ich zumindest den Text des Interviews von Roze übersetzt. Hier noch mal der Ausschnitt, die Aussage ist in der rechten Spalte:


    Und die Geschichte der Postkarte nach dem Gemälde habe ich auch definitiv gelesen. Im Zuge seiner Arbeiten hat Roze ein Halbrelief geschaffen, für das er die Maske als Basis nahm. Aber dazu muss ich noch ein bisschen nachgraben, denn wo ich die Aussage her habe, ist mir nicht gleich präsent.


    Sollten wir die Aussagen Rozes anzweifeln?

  • Jau, ich war schon auf dem Sprung, musste aber noch etwas nachprüfen. Den Artikel von 1950 habe ich selbst, habe ich aber wohl nur flüchtig gelesen ! Daraus geht eindeutig hervor, dass Roze Verne die Maske abgenommen hat, und wegen der Details, die er liefert, gibt es daran auch gar keinen Zweifel. Allerdings ist nichts über den Verbleib dieser Maske bekannt.


    Ich schrieb auch, dass ein anonymes Ölporträt vor ein paar Jahren in Paris versteigert worden ist, präziser auf der 4. Weissenberg-Auktion bei Boigirard-Antonini am 19. März 2019. Die Kataloge dieser opulenten Sammlung, und damit auch das fragliche Bild, müssten immer noch online sein.


    Im Hinterkopf hatte ich aber ein anderes (ebenfalls anonymes) Gemälde desselben Motivs, dass seit 2000 im Besitz der Stadtbibliothek von Amiens ist, allerdings habe ich davon keine Reproduktion gefunden.


    Sorry, Andreas, wegen meiner Schlaumeierei... man lernt nie aus!

  • Hallo "Schlaumeierei". Hier geht es um einen freien Gedankenaustausch. Da kann man jederzeit Dinge hinterfragen oder andere Gesichtspunkte und Meinungen haben. Ich finde es immer wieder toll, wenn Anregungen, Hinweise und Ergänzungen aus allen Richtungen kommen. So wie vor kurzem auch im PAWLAK-Threat. Wir packen unsere Informationen zusammen und jeder hat was davon. In diesem Sinne: Wieder ein kleiner neuer Puzzlestein.

  • "Daraus geht eindeutig hervor, dass Roze Verne die Maske abgenommen hat, und wegen der Details, die er liefert, gibt es daran auch gar keinen Zweifel."


    DOCH!


    Wenn die Wissenslage bislang so war, dass es keine Totenmaske gibt, dann muss dies nicht verkehrt sein. Warum?


    Ich glaube nicht, dass Journalisten damals wesentlich korrekter gearbeitet haben als heutzutage... Und meine eigenen Erfahrungen ( u.a. als Vorsitzender des Clubs) mit Journalistischer Wiedergabe gehen dahin, dass gerne wenige Aussagen ordentlich ausgeschmückt werden. Wenn Roze gesagt hat "ich habe von JV auf seinem Totenbett eine Skizze angefertigt" dann kann ein Journalist durchaus daraus gemacht haben "Ich habe die Totenmaske abgenommen" ...

    Ich würde den Umstand also nicht so als Tatsache annehmen wollen, nur weil es da gedruckt zu lesen steht ...


    Best


    B-

    :seemann: :baer:


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    I love you, you love me, ja wo lawe ma denn hi??

  • Hallo Bernhard,

    da magst du durchaus Recht haben, die Fakten werden von Journalisten nicht immer 1:1 wiedergegeben, und das muss nicht immer böser Wille sein. Ich habe gestern abend einen Artikel aus dem Jahre 1978 wiedergefunden, von zwei Roze-Spezialisten aus Amiens, die ihn noch gekannt hatten. Sie schreiben nichts von einer Totenmaske, nur von Skizzen, die Vernes Familie autorisiert hätten.

    Das Relief bräuchte auch keine Maske, es genügen völlig die bekannten Bilder, von denen ich geschrieben hatte, die ebenfalls im Profil angefertigt wurden.

    Und für das Porträt für Denkmal und Grab hat Roze nicht auf die hypothetische Maske zurückgegriffen, sondern nachgewiesenermaßen auf die Büste, die 1882 der Skulpteur Fabio Stecchi angefertigt hatte (heute im Musée Jules Verne in Nantes).

    Stecchis Archiv soll 1944 geplündert worden sein, als die Deutschen Amiens überrannten, somit dürfte offen bleiben, ob etwaiges Material noch irgendwann wieder auftaucht. Das Relief von Andreas' Postkarte existiert noch, im Amienser Musée de Berny, wo es zusammen mit Entwürfen für das Denkmal aufbewahrt wird, das einen Jules Verne zeigt, der hoch auf einem Felsen aufs weite Meer zu blicken scheint. Der Plan wurde aufgegeben, vielleicht aus Kostengründen, vor allem aber weil unter dem Park die Bahnlinie verläuft und die Verantwortlichen zweifelten, ob der Boden die Belastung aushalten könnte. Für Interessierte hier die Literaturangabe:


    Jacques & Pierre Foucart: "Albert Roze et Jules Verne", in Visions nouvelles sur Jules Verne. Amiens: Centre de documentation JulesVerne, 1978, S. 96-99

  • ... nur mal so als Einwurf: Wieso soll die Familie den Skulpteur Roze gerufen haben um eine Skizze zu machen, wo doch der Fotograf Douard viel exaktere Fotos schoss? Den Gipsabdruck als Auftrag zu nehmen erschien mir plausibel. Nicht um später eine Skulptur davon zu machen, sondern weil es einfach zu den Sterbe-Ritualen gehörte.

    Hier die Maske, die Victor Hugo 1885 genommen wurde (was damals bei vielen üblich war):

  • Dein Einwurf ist sicherlich absolut berechtigt, nur wenn es - außer dem Artikel von Dir - bis heutigen Tags keinen Beleg ddafür gegeben hat das tatsächlich eine Totenmaske existiert oder angefertigt wurde, dann sollte das doch zumindest zu denken geben... Vielleicht bestand ja die ursprüngliche Absicht für eine Totenmaske, aber die Familie hat Herrn Roze dann doch gebeten es bei einer Skizze zu belassen, weil ihr das Prozedere der Maskenabnahme nicht zusagte?

    Ich denke eine Antwort werden wir nie erfahren, aber ich ziehe nach Volkers Verweis auf eine Quelle "contra-Maske" doch weiterhin die Annahme vor, das hier Journalistisch unsauber gearbeitet wurde, wenn bis heutigentags kein Maske bekannt geworden ist...

    :seemann: :baer:


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