Harry Potter und Co. verdrängen die Helden von Karl May

  • 175. Geburtstag des Kult-Autors : Harry Potter und Co. verdrängen die Helden von Karl May


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    Vor genau 175 Jahren wurde Karl May geboren. Seine Bücher begeisterten Generationen von jungen, aber auch erwachsenen Lesern. Große Hits waren auch die Karl-May-Verfilmungen mit Lex Barker als Old Shatterhand und Pierre Brice als Winnetou, die in den 1960er-Jahren entstanden. Foto: Lisa Stetzkamp


    Münster -
    Generationen von Jugendlichen sind mit den Büchern von Karl May aufgewachsen. Doch seit einigen Jahren geht das Interesse spürbar zurück. Harry Potter und Co. ziehen mehr als Winnetou und Old Shatterhand.
    Von Martin Kalitschke


    Winnetou, Old Shatterhand und Old Surehand begleiten Dr. Hans-Joachim Jürgens bereits seit Jahrzehnten – dabei ist er gerade erst 44 geworden. „Mit neun Jahren habe ich das erste Buch von Karl May gelesen, innerhalb eines halben Jahres folgten 30 weitere Bände – und mit 14 hatte ich dann alle 74 durch“, erinnert sich Jürgens, der heute am Germanistischen Institut der Universität Münster arbeitet und sich dort wissenschaftlich mit dem Werk des Kult-Autors befasst, dessen Geburtstag sich in der kommenden Woche zum 175. Mal jährt.


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    Karl May Foto: dpa
    Wie steht es heute um Karl Mays Werk?
    200 Millionen Karl-May-Bücher sollen bis heute verkauft worden sein. Generationen von Jugendlichen sind mit seinen Romanfiguren groß geworden, haben die Verfilmungen mit Pierre Brice, Lex Barker und Co. im Kino oder im Fernsehen gesehen. Doch wie steht es heute um Karl Mays Werk? Zieht es nach wie vor (junge) Menschen in seinen Bann – oder hat es die beste Zeit hinter sich?


    "Interesse eher mittelmäßig"
    34 Titel, vom Hörbuch bis zur DVD, finden sich im Katalog der Stadtbücherei – darunter zehn Karl-May-Bücher. „Das Interesse ist eher mittelmäßig“, berichtet Lektorin Birgit Büscher. „Seine Bücher sind längst nicht mehr so gefragt wie in den Sechziger- oder Siebzigerjahren.“ Woran liegt's? „Die Schauplätze, an denen die Romane spielen, sind heute keine Wunschräume mehr, weil sie, anders als früher, leicht erreichbar sind“, vermutet die Lektorin. Internet an, Flugticket gekauft – und schon ist man im Wilden Westen, der vor 100 Jahren für die meisten noch unerreichbar war. Die Wunschräume von damals, sie liegen heute woanders – dort, wo sie nicht so leicht entzaubert werden können: im Weltall zum Beispiel oder in Fantasywelten. Harry Potter und Mittelerde lassen grüßen.


    „Seit 15 Jahren kaum noch Thema“
    Nicht nur in der Bücherei, auch im Buchhandel hat Karl May schon bessere Zeiten erlebt. „Vor 25 Jahren hatten wir alle May-Bücher im Regal stehen“, erinnert sich Paul Deppen, Geschäftsführer von Poertgen Herder. „Doch dann haben wir irgendwann gemerkt, dass er nicht mehr so läuft.“ Karl May musste immer mehr anderen Autoren Platz machen. „Seit 15 Jahren“, sagt Deppen, „ist er bei uns kaum noch Thema.“ Nur noch ab und zu komme ein meist erwachsener May-Fan vorbei – „um seine Sammlung zu vervollständigen“. Selbst Mark Twain und Jules Verne würden heute besser laufen. Auch er vermutet, dass Mays Flucht-Orte schlichtweg von der Realität eingeholt wurden.


    Karl May habe nach wie vor eine Menge zu bieten
    Die Orte und die Menschen in Mays Romanen – das sind nur einige der Themen, die Uni-Dozent Jürgens regelmäßig mit seinen Studierenden in Seminaren unter die Lupe nimmt. Auch wenn die zumeist nicht mehr mit Mays Büchern aufgewachsen sind: „Der Seminarraum ist immer voll“, berichtet Jürgens. Selbst bei jenen Studenten, die eher zufällig im Seminar gelandet seien, komme rasch Begeisterung auf. Kein Wunder, meint er, Karl May habe nach wie vor eine Menge zu bieten: skurrile Typen, eine Haltung, die auf Versöhnung statt Konfrontation setzt – und Schauplätze, die bis heute relevant sind, vom Orient bis nach Amerika.


    Der 44-Jährige hat übrigens gerade erst ein Karl-May-Buch wiedergelesen: den „Schatz im Silbersee“, um sich auf einen Vortrag vorzubereiten. Karl May mag weniger angesagt sein als früher – große Fans hat er nach wie vor.


    Zitat

    Vor 175 Jahren wurde Karl May geboren
    Ein echter Sachse war Karl May, der mit zweitem Vornamen Friedrich hieß und am 25. Februar 1842 in Ernstthal, einem Städtchen bei Zwickau, das Licht der Welt erblickte. Sein Geburtstag jährt sich damit zum nunmehr 175. Mal. Karl May gilt als einer der meistgelesenen deutschsprachigen Schriftsteller, seine Bücher erreichten weltweit eine Auflage von rund 200 Millionen Exemplaren, von denen etwa die Hälfte in Deutschland verkauft wurde.
    Karl May stammte aus einer armen, kinderreichen Familie – er war das fünfte von 14 Geschwistern. Als junger Mann fiel er durch Gaunereien auf, landete schließlich in einem Zuchthaus, danach begann er, sich eine bürgerliche Existenz aufzubauen – und zu schreiben.
    Und das äußerst produktiv. Bis zu 100 Titel umfassen die heute erhältlichen Werkausgaben – darunter so bekannte Bücher wie „Winnetou“, „Durchs wilde Kurdistan“, „Der Schut“ und „Old Surehand“. Tausende Menschen sahen ihn auf seinen Lesereisen. Karl May starb am 30. März 1912 in Radebeul.


    Quelle: http://www.wn.de/Muenster/2700…n-die-Helden-von-Karl-May