Karel Zeman (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Tschechischer Animationsfilm – von der Stopptechnik bis 3D
Er war für seine innovative Tricktechnik bekannt: der tschechische Filmregisseur Karel Zeman. Selbst Größen wie Charlie Chaplin, Terry Gilliam oder und Tim Burton bewunderten und bewundern seine Künste. Was daran so außergewöhnlich war, das sagen wir Ihnen nun in der zweiten Folge unserer Serie zur Geschichte des tschechischen Animationsfilms.
„Die Erfindung des Verderbens“ (Foto: Archiv des Karel-Zeman-Museums)
„Die Erfindung des Verderbens“ (Vynález zkázy) heißt der zweite Spielfilm von Karel Zeman. Das Werk geht auf den gleichnamigen Roman von Jules Verne zurück. Nach seiner Veröffentlichung im Jahr 1957 wurde der Streifen in mehr als 70 Länder der Erde verkauft. Damit ist er der erfolgreichste tschechische Film aller Zeiten. Mehrfach wurde „Die Erfindung des Verderbens“ mit Preisen bedacht und machte nicht nur Regisseur Zeman berühmt, sondern die tschechische Kinokunst überhaupt.
Karel Zeman (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Der Regisseur, Drehbuchautor und bildende Künstler Karel Zeman kam 1910 im Örtchen Ostroměř im Böhmischen Paradies zur Welt. Als junger Mann absolvierte er eine zweijährige Handelsschule, ehe er im französischen Aix-en-Provence einen Kurs über Reklamezeichnung belegte. Seine Karriere in der Werbebranche wurde dann vom Militärdienst unterbrochen. Letztlich entdeckte der Regisseur Elmar Klos das Talent von Karel Zeman und lockte ihn in die Filmstudios von Zlín.
Schauspieler und Puppen
„Weihnachtstraum“ (Quelle: AniFest)
Gleich Zemans erster animierter Kurzfilm „Weihnachtstraum“ (Vánoční sen) war ein Erfolg. Der Streifen entstand zusammen mit Hermína Týrlová und wurde in Cannes ausgezeichnet. In den folgenden zehn Jahren setzte Zeman seine Puppenspiel-Kurzfilme mit der populären Comic-Figur „Prokouk der Bürokrat“ fort.
Comic-Figur „Prokouk der Bürokrat“ (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prague International)
Weltweite Anerkennung erhielt der Regisseur aber erst mit seinen abendfüllenden Filmen. Denn diese seien mit einer revolutionären Drehtechnik entstanden, sagt Michaela Mertová aus dem Nationalen Filmarchiv in Prag:
„Der größte Beitrag von Karel Zeman zur Kinematographie liegt darin, dass er sich nach einigen Puppenfilmen einem neuen Erzählstil zuwandte. Und zwar verband er reale Szenen von Schauspielern mit Trickfilmsequenzen. Zusätzlich verwendete er Spezialeffekte, so dass die Zuschauer in eine neue Fantasie-Welt eintauchten. Diese Welt begeistert selbst heute noch, in Zeiten digitaler Technologie. Karel Zeman griff die Sehnsucht der Menschen nach Abenteuern und exotischen Welten auf. Und er schuf solche Welten für jedes Alter.“
Dreharbeiten zum Film „Reise in die Urzeit“ (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Reise in die Urzeit“ (Cesta do pravěku) nannte Zeman seinen ersten Spielfilm aus dem Jahr 1955. Der populärwissenschaftliche Streifen vermittelt Einblicke in die Entwicklungsgeschichte der Erde – und zwar durch die Zeitreise von vier Jungen. Diese treffen dabei auf Mammuts und Dinosaurier. Bis heute ist die „Reise in die Urzeit“ einer der beliebtesten Kinder- und Jugendfilme in Tschechien.
„Die Erfindung des Verderbens“ (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Drei Jahre später schuf Karel Zeman die schon erwähnte „Erfindung des Verderbens“. Der Film wurde weltweit gefeiert, unter anderem gewann er 1958 den Grand Prix bei der Weltausstellung in Brüssel. Und er wurde, wie ebenfalls bereits gesagt, der erfolgreichste Film in der tschechischen und tschechoslowakischen Geschichte. Zeman und seine Mitarbeiter nutzten die Illustrationen der originalen Jules-Verne-Romane als Vorlage für eine surrealistische Kulisse, die der Atmosphäre der Literaturvorlage sehr nahekam.
Dreharbeiten zum Film „Baron Münchhausen“ (Foto: Archiv des Karel-Zeman-Museums)
Wie die anderen beiden Begründer des tschechischen Animationsfilms, Hermína Týrlová und Jiří Trnka, dachte sich auch Karel Zeman alle neuen Techniken selbst aus. Laut Michaela Mertová verband er dabei die zu seiner Zeit modernste Technik mit unterschiedlichen Kunstformen:
„Seine Animationsfilme entstanden dadurch, dass er klassische Tricktechniken, Zeichentricksequenzen und von Menschen gespielte Szenen miteinander verband. Dabei wurde ein Teil des Bildes verdeckt und später um die anderen Elemente ergänzt. Einige Kostüme, die bei lebenden Szenen künstlich gewirkt hätten, kreierten durch dieses Vorgehen so etwas wie eine eigene Welt. Der Zuschauer muss sehr aufmerksam sein, um zum Beispiel zu erkennen, wann ein lebender Schauspieler sich im Film in eine Puppe verwandelt. Wichtig ist aber gerade, dass diese Verwandlung nicht auffällt.“
Karel Zeman (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Für sein Schaffen nutzte Zeman nicht nur seine langjährigen Erfahrungen aus der Werbebranche, sondern lebte auch seine unerfüllte Sehnsucht nach Reisen und Abenteuer aus, wie Michaela Mertová betont.
Eigene Welt in bewegten Bildern
Georges Méliès (Foto: Maëlann LE GAL, Wikimedia Commons, CC0)