Neu: 20.000 Meilen unter dem Meer

  • „20.000 Meilen unter dem Meer“ als Comic: Tauchfahrt mit Jules Verne



    Thilo Krapp hat Jules Vernes „20.000 Meilen unter dem Meer“ als Comic adaptiert. Im Februar präsentiert er sein Werk mit einem Lesekonzert in Berlin.


    Von Gerrit Lungershausen

    16.01.2023


    Der Schriftsteller Jules Verne hat seine Leser:innen vor 150 Jahren dorthin geschickt, wo sie sonst niemals hingelangen würden: auf den Mond. Ins Innere der Erde. In die Tiefsee. „20.000 Meilen unter dem Meer“ (1869/70) ist einer seiner erfolgreichsten Romane, dessen Story in Film, Literatur und Musical immer wieder adaptiert wurde - und natürlich auch im Comic. 800 Seiten umfasst der Roman-Klassiker in der deutschen Übersetzung. Der Comic des Berliner Zeichners Thilo Krapp schafft es auf 256 Seiten (Carlsen, 26 €).


    Der Naturwissenschaftler Arronax gelangt auf Kapitän Nemos U-Boot, das längst rund um den Erdball für Aufregung gesorgt hat. Ist es ein Seeungeheuer? Ist es ein Narwal? Nein, es ist die „Nautilus“! Der Wissenschaftler Arronax, der Haudrauf Ned Land und der Diener Conseil bereisen nolens volens gemeinsam mit Kapitän Nemo die Welt.


    Eine Doppelseite aus „20.000 Meilen unter dem Meer“. © Carlsen


    Thilo Krapp, der sich zuvor des Science-Fiction-Klassikers „Krieg der Welten“ von H. G. Wells annahm, vergisst keine der ikonischen Kernszenen: die Besichtigung der unterseeischen Ruinen von Atlantis, den Angriff des Riesenkraken oder die Rettung des Perlentauchers. Auch die Charakterisierung Nemos als umweltfreundlicher Zivilisationskritiker, der aber auch auf persönliche Rache sinnt, entspricht ganz dem Original.


    Zitat

    Musikalische Comic-Lesung in Berlin

    Der Comicautor Thilo Krapp hat zusammen mit dem Musiker Jörg Walter ein Lesekonzert zu Krapps Adaption von „20.000 Meilen unter dem Meer“ erarbeitet. Sie führen es am 19. Februar von 16 bis 18 Uhr in der Johanneskirche in Berlin-Frohnau auf (Gemeindesaal, Zeltinger Platz 18, 13465 Berlin). Im Anschluss gibt Krapp Einblicke in die Arbeit an dem Comic und signiert sein Buch. Der Eintritt ist frei, die Kirchengemeinde Frohnau freut sich über Spenden.


    Krapps Zeichnungen konkurrieren mit den zeitgenössischen Holzstichen von Henri Théophile Hildibrand, vor allem aber mit diversen Verne-Comic-Adaptionen etwa von Ramón de Fuente (Kult Comics, 2021) oder Gary Gianni (Insektenhaus, 2021).


    Krapps cartoonige Figuren sind sehr dynamisch, agieren aber auch nicht selten vor leeren Hintergründen, so dass das anachronistische Jugendstil-Dekor nicht durchweg zur Geltung kommt. Der Zeichner wählte dies ganz bewusst, um der in den 1860ern verfassten Geschichte einen zukünftigen Touch zu verleihen.


    Das Titelbild von Thilo Krapps „20.000 Meilen unter dem Meer“. © Carlsen


    Im Vergleich etwa mit Gary Gianni fällt auf, dass die Kernszenen bei Krapp nicht so gewaltig geraten sind. Man gerät als Leser*in nicht ins Staunen, wenn die Figuren Atlantis entdecken, nicht ins Schwärmen, als sie die Riesenperlen entdecken. Lediglich der Kampf mit dem Kraken – ein beliebtes Highlight – ist ein wahres Tentakelspektakel.


    Vor allem gewinnen Jules Vernes Wissenschaftsromane (im Gegensatz zu denen von H.G. Wells) ihre Faszination daraus, dass Verne ausufernd über geografische Details oder technische Abläufe fabuliert. Das macht es grundsätzlich zu einer Herausforderung, Verne zu adaptieren, weil solche wissenschaftlichen Exkurse in Bildmedien ganz anders repräsentiert werden müssten. Aber natürlich lassen Adaptionen auch die Freiheit, den Stoff ganz und gar anders anzugehen.


    Krapp ist der Handlung und der Figurencharakterisierung des Originals sehr stark verpflichtet, kann den Reiz von Jules Vernes Roman aber nicht in den Comic übertragen. Insofern fehlt dieser Adaption, die auf den ersten Blick alles richtig macht, am Ende doch das Jules-Verne-Feeling.


    Quelle: https://www.tagesspiegel.de/ku…-jules-verne-9188406.html