80 Days im Test: Das Brettspiel für Reiselustige und Kosmopoliten
Von: Sebastian Hamers
80 Days erscheint über Piatnik und kostet 30-35€. © Piatnik
Piatnik greift den Klassiker von Jules Verne auf und erzählt in 80 Days eine eigene Version der Geschichte in Form eines neuen Brettspiels.
Die Geschichte der Reise um die Erde in 80 Tagen des französischen Autors Jules Verne stammt zwar bereits aus dem 19. Jahrhundert, findet sich in der modernen Popkultur aber immer noch regelmäßig wieder. Erst vor gut einem Jahr etwa strahlte das ZDF eine achtteilige Fernsehserie aus, die auf dem alten Schinken von 1873 basiert. Es ist also wenig verwunderlich, wenn sich auch andere Medien der Geschichte gerne bedienen. Der Wiener Brettspiel-Verlag Piatnik hat im vergangenen Herbst das passende Brettspiel zur Phileas Foggs Abenteuern veröffentlicht. Das schlicht auf den Titel „80 Days“ getaufte Spiel bildet die Weltreise des britischen Globetrotters nach und macht euch zu abenteuerlustigen Kosmopoliten mit einer ganz besonderen Mission. Von London nach London soll es gehen, einmal rund um den Erdball… und das Alles in nicht mehr als achtzig Tagen.
Abenteuer sammeln in 80 Days
Um euch auf der Weltkarte fortzubewegen, ist euch jedes Verkehrsmittel recht. Das Reisen per Schiene oder auf dem Schifffahrtsweg sind als komfortable Fortbewegungsarten im ausgehenden 19. Jahrhundert gesetzt. Doch Not macht erfinderisch, hat sich bereits Phileas Fogg gesagt. So bietet das Spiel auch die sogenannten Spezialfahrten an, die stellvertretend für extravagante Ausflüge mit dem Heißluftballon oder dem Ritt auf einem Elefanten stehen. Je nachdem welche Route ihr einschlagt, müssen andere Fortbewegungsmittel eingesetzt werden.
In 80 Days reist ihr einmal über den Erdball, von London nach London. © Piatnik
Welche Reiseart angewendet werden soll, lässt sich dem wunderschönen Spielbrett von 80 Days entnehmen. Die Verbindung zwischen zwei Städten gibt vor, ob ihr per Zug, per Schiff oder per Spezialfahrt vorankommt. Egal wie gereist wird, für die Fortbewegung auf der Weltkarte benötigt ihr vor allem eines: jede Menge Geld! Deshalb gibt es zu Beginn einer jeden von insgesamt fünf Spielperioden ein kleines Einkommen.
Name des Spiels 80 Days
Spielerzahl 2-4 Personen
Altersempfehlung ab 10 Jahren
Spieldauer 50 Minuten
Autor Emanuele Briano
Verlag Piatnik
Preis 30-35€
80 Days mit vielen Variablen
Mit wie viel Münzen ihr kalkulieren dürft, hängt von einem Zufallseffekt ab. In jeder Periode wird eine Zeitungskarte aufgedeckt, die euer Einkommen und eine kleine Regeländerung enthüllt. Es ist eine von zahlreichen Variablen in 80 Days, die den Spielverlauf so abwechslungsreich wie möglich gestalten sollen. Mit frischem Geld ausgestattet, bewegt ihr nun eure Figuren von Stadt zu Stadt. Zu Beginn einer Periode ist das Reisen noch vergleichsweise erschwinglich. Doch je öfter einer der drei Reisemethoden verwendet wird, desto kostspieliger fällt der nächste Städtetrip aus.
Der Erwerb neuer Gegenstände ist in 80 Days eine eurer Hauptaufgaben. © Piatnik
Im Spielverlauf bewegt ihr von Westen nach Osten. Start- und Zielort ist die britische Metropole London. Die Stadt ist daher auch gleich zweimal auf dem Plan abgebildet, einmal ganz links auf dem Spielbrett und einmal auf der anderen Seite. Gelangt eure Spielfigur an den rechten Kartenrand, habt ihr die Erde einmal umrundet. Um die Reise abzuschließen stehen euch fünf Perioden zur Verfügung, stellvertretend für die 80 Tage aus dem Roman von Jules Verne.
80 Days stellt euch vor logistische Herausforderungen
Die Umrundung der Welt ist vor allem ein logistisches Problem. Ihr müsst mit euren paar Münzen gut planen und möglichst die günstigsten Transportwege wählen. Wie teuer eine Reise jedoch tatsächlich ausfällt, hängt maßgeblich von den Plänen der Mitspieler ab. Ihr müsst daher mutmaßlich während eurer Reise das ein oder andere Mal kräftig umdisponieren und Flexibilität beweisen. Glücklicherweise führen ja viele Wege nach London.
Zu Beginn einer jeden Periode in 80 Days enthüllt eine Schlagzeile das Einkommen sowie eine kleine Regeländerung. © Piatnik
Es reicht allerdings nicht aus, die eigene Spielfigur stur in die östliche Richtung zu bewegen. Um nachzuweisen, dass ihr die Welt auch wirklich umrundet habt, müssen von unterwegs ein paar Kleinigkeiten aufgesammelt werden. Gesammelt werden jedoch nicht profane Gegenstände, sondern echte Abenteuer, die über einen eigenen Kartensatz ins Spiel gebracht werden. Wurde ein Abenteuer erfolgreich abgeschlossen, zieht ihr zwei neue Abenteuerkarten und behaltet eine davon auf der Hand.
Kofferpacken in 80 Days
Ein Start-Abenteuer erhaltet ihr bereits zu Spielbeginn. Um die Aufgabe abzuschließen, müsst ihr euch in einer Stadt befinden, die eine bestimmte Eigenschaft aufweist. Je nach Abenteuer sollte diese entweder über einen Basar oder eine Boutique verfügen. Habt ihr einen passenden Ort erreicht und könnt jetzt noch die auf der Karte angezeigten Gegenstände abgeben, ist das Abenteuer auch schon bestanden. Die Beschaffung der Gegenstände ist also eine weitere Aufgabe, mit der ihr euch in 80 Days herumschlagen dürft.
Die Reisekoffer der Weltenbummler sind in 80 Days verdammt klein ausgefallen. © Piatnik
Einige Utensilien lassen sich nur auf Basaren, andere nur in Boutiquen erwerben… und die gibt es nun einmal nicht überall. Außerdem fallen für den Kauf wieder einige Münzen an, die euch dann im weiteren Verlauf möglicherweise für die Reisetätigkeiten fehlen. Für den Kauf von Gegenständen gilt dabei die gleiche Regel wie schon für das Reisen. Je öfter ein Basar oder eine Boutique innerhalb einer Periode genutzt wurde, desto höher steigen die Preise. Ein weiteres Problem kann außerdem der Umfang des Reisegepäcks darstellen. Kann ein Gegenstand nicht mehr auf dem Kofferplättchen verpuzzelt werden, darf dieser nicht mit auf die weitere Reise gehen.
80 Days und der Schwarzmarkt
Eine Alternative zum regulären Kauf von Gegenständen stellt der Besuch des Schwarzmarkts dar. Die Preisgestaltung fällt hier zwar identisch aus, welche Gegenstände ihr beim Kauf erhaltet, wird jedoch per Zufall durch Würfelwurf ermittelt. Wie ihr seht, das Erfüllen von Abenteuern ist gar nicht mal so leicht und erfordert neben einer Portion Glück auch taktisches Vorgehen. Mindestens drei Abenteuer wollen erfüllt werden, bevor ihr euch auf den Weg nach London macht. Dort angelangt, hofft ihr nun darauf, mehr Siegpunkte durch das Bestehen von Abenteuern erzielt zu haben als die anderen Weltreisenden.
Am Ende eurer Reise in 80 Days solltet ihr in London wieder angekommen sein. © Piatnik
Ein vorzeitiges Eintreffen in der britischen Hauptstadt kann sich dennoch lohnen. Für alle Reisenden, die in London eintreffen wird ein Punktebonus vergeben. Dieser fällt besonders großzügig aus, wenn ihr als erster Spieler dort eintrefft. Seid ihr einmal am Zielort angelangt, dürft ihr keine weiteren Reisen mehr tätigen. Dafür erhaltet ihr Zugriff auf spezielle London-Abenteuer. Da London natürlich sowohl über einen Basar als auch über eine Boutique verfügt, lassen sich hier weiterhin Gegenstände erwerben, mit denen ihr selbst in der Hauptstadt noch erfolgreich Abenteuer abschließen könnt.
Mini-Erweiterung bei 80 Days inklusive
Nach Ablauf von fünf Spielperioden werden dann nur noch die gesammelten Siegpunkte miteinander verglichen, um den Sieger des Wettstreits zu küren. Erfahrene Weltenbummler können die Spielerfahrung noch ein wenig aufwerten und das Assistenten-Modul hinzunehmen. Jeder Spieler erhält einen Adjutanten mit individuellen Fähigkeiten, der euch mächtige Hilfsaktionen gewährt. Auf Wunsch lassen sich weiterhin die Passplättchen ins Spiel einbauen. Wollt oder könnt ihr keine weiteren Aktionen mehr durchführen, setzt ihr für den restlichen Verlauf der Periode aus. Dafür dürft ihr euch nun eines der noch verbleibenden Plättchen nehmen, das euch ebenfalls einen besonderen Vorteil gewährt.
Als 80 Days zum ersten Mal auf dem Spieltisch landete, waren die Erwartungen gar nicht mal so groß. Klar, das Spiel sieht super aus und auch das Spielmaterial mit den schönen großen Karten ist absolut hochwertig. Das Regelwerk vermittelte dafür jedoch eher den Eindruck, sich ziemlich geschmeidig innerhalb der gegebenen Zeit nach Osten durchschlagen zu können. Tatsächlich, die Regeln von 80 Days sind - trotz der sechzehnseitigen Anleitung - ziemlich einfach. Und dennoch, das Spiel hat es ganz schön in sich. Die Reisekosten schnellen ziemlich flott in ungeahnte Höhen und reißen ein dickes Loch ins eigene Budget. Eigentlich wollte ich doch noch eben schnell nach San Francisco schippern, dort einen Revolver kaufen und das nächste Abenteuer bestehen. Da die Schiffsreise aber plötzlich unerschwinglich geworden ist, stecke ich in Yokohama fest und muss mir einen neuen Plan überlegen. 80 Days stellt euch nicht nur vor erhebliche logistische Herausforderungen, sondern lässt euch die eigenen Pläne ständig wieder über den Haufen werfen. Eine gewisse Flexibilität in euren Handlungen solltet ihr schon mitbringen, um das Spiel zu meistern. Das Spiel lebt von der großen Interaktivität und spielt sich vor allem zu dritt oder viert sehr lebhaft. Auf diese Weise wird die Piatnik-Herbstneuheit zu einem geselligen Erlebnis, das eine gute Mischung aus Zugänglichkeit und Komplexität sowie Glück und taktischem Vorgehen findet.
Pro Con
+ tolles Spielmaterial - entfaltet seine vollen Qualitäten erst ab 3 Spielern
+ Mini-Erweiterungen inklusive
+ hoher Interaktionsgrad
+ viel Varianz im Spielaufbau
Quelle: https://www.ingame.de/brettspi…k-rezension-92020742.html