WIEN / Neue Oper Wien / Semperdepot: KAPITÄN NEMOS BIBLIOTHEK von Johannes Kalitzke
Wiener Premiere: 11. April 2023
Bericht von einer persönlichen Kapitulation.
Wer auf der Tribüne im Semper Depot in der elften Reihe sitzt, vor sich eine Phalanx riesiger Köpfe, die jeden Blick auf die Bühne unmöglich machen…
Wer vergeblich versucht, durch Drehen und Wenden wenigstens einen schmalen Ausschnitt des Geschehens zu erhaschen, aber von den anderen herumwackelnden Köpfen stets ausgehebelt wird…
Wer, da er kein Wort des Gesungenen versteht, wenigstens den Text mitlesen will, dies aber nicht kann, weil der relativ kleine Monitor mit der Übersetzung unten rechts neben der Bühne steht und folglich auch von den Köpfen verdeckt wird…
… der wird sich schwer tun, etwas über die Premiere der Oper „Kapitän Nemos Bibliothek“ von Johannes Kalitzke durch die Neue Oper Wien auszusagen, wie es sein Beruf wäre. Zugegeben, man hat – zeitlich gedrängt – sowohl die Einführung versäumt wie auch keine Zeit gefunden, das Programmheft zu lesen, aber das sollte ja keine unabdingbare Voraussetzung für einen Opernbesuch (und dessen Verständnis) sein. Wohl aber im Gegenzug, nur Plätze anzubieten, von denen man auch die Bühne sieht.
Nun weiß man, was man sich flüchtig angelesen hat – Johannes Kalitzke. Geboren 1959 in Köln. Im Theater an der Wien hat man 2010 von ihm die Uraufführung der Oper „Die Besessenen“ nach dem Roman von Witold Gombrowicz gesehen.
Sein jüngstes Werk, eine Auftragsarbeit der Schwetzinger Festspiele in Zusammenarbeit mit den Bregenzer Festspielen, 2022 an beiden Orten gespielt, hat wenig mit Jules Verne zu tun, sondern basiert auf einem Roman des Schweden Per Olov Enquist. (Der Theaterfreund erinnert sich sofort an mehrere von ihm in Wien gespielte Stücke, das war allerdings im vorigen Jahrtausend.)…