Robert Kraft: Im Aeroplan um die Erde (Buch)

  • Kategorie: Rezensionen

    Veröffentlicht: Donnerstag, 12. September 2024 15:21

    Robert Kraft
    Im Aeroplan um die Erde
    Titelbild und Innenillustration: Adolf Wald
    Verlag Dieter von Reeken, 2024, Hardcover, 320 Seiten, 30,00 EUR

    Rezension von Carsten Kuhr

    Dr. Karl Breithaupt hat Glück im Unglück. Zwar ist er mitten in der lebensfeindlichen Wüste gestrandet, als letzter Überlebender der Expedition droht nun auch ihm den Tod durch Verdursten, doch dann kommt doch alles anders. Man könnte meinen, es sei ein Fieberwahn, eine Halluzination, eine Fata Morgana: in der Luft über der Sahara wird ein Gefährt sichtbar. Ein Luftschiff, an Bord ein alter Bekannter. Die „Tyrann“ wird von Georg Hartung befehligt, und mit an Bord ist natürlich auch der sächsische Engländer, der Waliser Adam Green.

    Einst waren sie zusammen an Bord des mit Morrisit betriebenen Panzerautomobil um die Erde gefahren, nun haben sie das Geheimnis um das Morrisit gelüftet und treiben ein Luftschiff damit an. Gebaut aus Radiumaluminium und mit entsprechendem Gas gefüllt, ist es in der Lage jeden Punkt der Erde zu erreichen. Mit von der Partie ist auch Lilly Leley und der von ihr gebaute Aeroplan. Was uns zum gestrandeten Dr. Breithaupt bringt, der von der „Tyrann“ natürlich gerettet wird.

    Ein Unfall führt dann dazu, dass Lilly und Karl von der „Tyrann“ getrennt werden. Auf dem Weg zum vereinbarten Treffpunkt werden sie verfolgt, gefangen gesetzt und erpresst.

    Am Monte Cerboli angekommen ist allerdings von der „Tyrann“ nichts zu erblicken. Stattdessen treffen sie auf Alberich, einen kleinwüchsigen Mann, dessen Geist von dem Erlebten zerstört wurde, der nur mehr von Tod und geheimnisvollen Koordinaten munkelt. Unterwegs zu diesen Koordinaten stoßen sie auf Trümmer der „Tyrann“, später warten weitere Gefahren auf sie.

    Sekten und Verschwörer begegnen ihnen, immer wieder geht es um Geheimnisse und Intrigen, ein ums andere Mal müssen unsere Protagonisten sich ihren Weg mit Mut, Einfallsreichtum und ein wenig Glück aus den gefährlichen Situationen suchen…

    Die letzte Robert-Kraft-Veröffentlichung im Verlag Dieter von Reeken liegt vor mir. Mit diesem Band schließt der Herausgeber und Verlagsinhaber seine Kraft-Edition ab, die uns, handwerklich mustergültig gemacht, die alten Kolportage-Romane im Neusatz und mit den Illustrationen der Erstausgaben (vorliegend ergänzt durch weitere Illustrationen einer späteren Ausgabe) endlich wieder zugänglich machte.

    Eigentlich war geplant, noch einige kürzere Texte als Paperback zu publizieren, allein, der Zuspruch blieb letztlich zu gering. Der interessierte Leser sei an dieser Stelle auf die Edition Braatz & Mayrhofer verwiesen, in der seit Jahren entsprechende (kürzere) Texte im Neusatz wieder aufgelegt werden.

    Vorliegend fährt Robert Kraft noch einmal all das auf, was wir an ihm bewundern: Exotische Landstriche, fiese Schurken, tolle Abenteuer, Kämpfe, Intrigen und jede Menge Verrat - eben schlicht all das, was Kraft zu seiner Zeit und darüberhinaus zu einem der unterhaltsamsten und wegweisendsten Autoren gemacht hat. Ohne ihn hätte es weder P. A. Müllers „Sun Koh“ noch „Perry Rhodan“ gegeben, er hat seinen Nachfolgern im Geiste eine Blaupause an die Hand gegeben, wie man die Massen an die gedruckten Buchstaben lockt und sie dort hält.

    Bei ihm reihte sich ein Cliffhanger an den nächsten, lernten wir die Abgründe des Hasses ebenso kennen und fürchten, wie die Kraft der Liebe.

    Dabei darf, ja muss man die Texte gerade in unserer Zeit als etwas verstehen und akzeptieren, das den Zeitgeist der Entstehung widerspiegelt. Damals war Rassismus gang und gebe, fremde Länder zumeist nur aus Reise-Beschreibungen bekannt und eher vage, ihre Kulturen simplifiziert. Das muss man bedenken und bejahen, dann wird man, weit über einhundert Jahre nachdem Kraft seine Einfälle zu Papier gebracht hat, immer noch von der Handlung in ihren Bann geschlagen; warten wir ab, welcher aktuelle Bestseller-Autor dies in 100 Jahren von sich behaupten kann.

    Es bleibt Traurigkeit, dass die Edition mit diesem Band zu Ende geht, aber auch Dankbarkeit, dass Dieter von Reeken unter Mitarbeit von Kraft-Kenner Thomas Braatz uns diese Entdeckung eines wunderbaren Autors ermöglicht hat.

    Quelle: https://www.phantastiknews.de/index.php/reze…m-die-erde-buch