Wie sich Mercedes beinahe WilliamsF1 geangelt hätte

  • (F1Total.com) - McLaren und Mercedes sind heute unzertrennliche Partner, miteinander verstrickt durch Anteile und die gemeinsame Erfolgs- und Niederlagengeschichte der vergangenen Jahre. Ein Mann war bei allen Sternstunden und Rückschlägen der "Silberfeile" in der modernen Formel 1 mit dabei: Jürgen Hubbert, ehemaliger Vorstand von Mercedes.


    Der Deutsche hat inzwischen das Pensionsalter erreicht und ist aus dem Unternehmen ausgeschieden, in dem nun mit Eckhard Cordes jemand das Sagen hat, dem man nicht unbedingt eine leidenschaftliche Affinität zur Formel 1 nachsagt. Dennoch ist McLaren-Mercedes so erfolgreich und schnell wie seit Jahren nicht mehr. Als Mercedes in die Königsklasse eingestiegen ist, hätte man sich aber ebenso gut für einen anderen Partner als McLaren entscheiden können.


    Mit Sauber stieg Mercedes in die Formel 1 ein


    "Mir kam zugute", erinnerte sich Hubbert im 'kicker'-Interview, "dass unser Entwicklungschef Dr. Hönig damals anfing, Sauber mit Gruppe-C-Motoren zu unterstützen. Das war Ende der 80er-Jahre wieder ein allmählicher Einstieg. Der nächste Schritt wäre schon damals die Formel 1 gewesen, ist aber am Vorstand gescheitert. Werner Niefer, der mich anfangs unterstützte, hat plötzlich dagegen gestimmt, als klar war, was die Mehrheit im Vorstand will. Und ich stand ziemlich allein. Heute aber bin ich dankbar für diese Entwicklung."


    Die unverbesserlichen Formel-1-Fans in Stuttgart, die ihr spektakuläres Konzept vom Boxermotor mit zwölf Zylindern somit wieder zu den Akten legen mussten, fanden aber einen Umweg, taten sich mit Peter Sauber zusammen und ermöglichten dem Schweizer den Einstieg in den schnellsten aller PS-Zirkusse mit Mercedes-Know-how. "Concept by Mercedes-Benz" stand damals auf den schwarzen Sauber-Boliden, ehe es wegen eines Sponsorenstreits zum Bruch kam.


    Für 1995 wurde dann doch ein vollwertiger Formel-1-Einstieg anvisiert, weshalb sich Hubbert und sein Adjutant Norbert Haug, ein ehemaliger Journalist, der zum Sportchef gemacht wurde, am Stuttgarter Flughafen mit den möglichen Partnern trafen - natürlich unter strengster Geheimhaltung: "Wir hatten damals ein Partnerschaftskonzept entwickelt und drei Partner eingeladen, ihre Vorstellungen zu präsentieren: McLaren, WilliamsF1 und Tom Walkinshaw, der zu dieser Zeit frei war. Wir haben uns für McLaren entschieden, sie waren am überzeugendsten", so Hubbert.


    Australien 1997 war der Wendepunkt für die "Silberpfeile"



    "Es war ein kontinuierlicher Aufbau, von Zweifeln begleitet, 1995 und 1996 extrem schwierig", fuhr er fort. "Aufwärts ging es erst 1997 mit dem umlackierten ersten 'Silberpfeil'. In dem gewann David Coulthard für uns in Melbourne das erste Rennen - das war der Wendepunkt. Es hätte aber auch anders ausgehen können, weil der Vorstand diskutierte: 'Wenn die Serie der Sieglosigkeit nicht zu Ende geht, stellen wir die Formel 1 wieder ein.'"


    Absoluter Tiefpunkt der Ehe mit McLaren war laut Hubbert das Rennen in Indianapolis 2000, als Mika Häkkinen - auf dem Weg zum dritten WM-Titel - mit Motorschaden ausfiel. Imagetechnisch hätte man sich keinen schlechteren Zeitpunkt für eine solche Niederlage aussuchen können, und auch sportlich läutete jener Grand Prix die Wende hin zum Negativen ein: "Hätte sein Motor gehalten, wäre Mika Weltmeister geworden. Dann wären auch die zwei folgenden Jahre völlig anders verlaufen", ist sich der ehemalige Mercedes-Vorstand noch heute sicher.