2 x auf der geheimnisvollen Insel

  • 1. Kurt Vethake: Die geheimnisvolle Insel


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    Bildquelle: http://www.hoerspielwelten.de


    Ausgaben: LP: Fontana 6434 226, MC: Philips 7172 157


    Regie, Buch & Produktion: Kurt Vethake, Toningenieur: Ludwig Bender, Hammondorgel: H. J. Nehm (1974)
    Sprecher: Eberhard Krug (Cyrus Smith), Hans Schwarz (Nab), Peter Schiff (Gedeon Spilett), Klaus Jepsen (Pencroff), Santiago Ziesmer (Harbert), Heinz Rabe (Ayerton), Hans Eberhard [= Eberhard Krug] (Kapitän Nemo), Karl Heinrich [= Heinz Rabe] (1. Soldat], Knut Reschke [ungenannt] (2. Soldat), Knut Reschke (Erzähler)


    Vorlage: bearbeitete & gekürzte Übersetzung von Bärmeier & Nikel
    Adaptierte Kapitel: 1, 2, 3, 4 (Auszug: Top, Nab & Smith werden gefunden), 5 (Auszug: „Ehe das Feuer brennt, glühen ja meine eigenen Arme“), 6 (Auszug: Die Höhle wird gefunden), 10 (Auszug: Die Tonnen werden gefunden), 12 (Auszug: Die Lage der Insel wird bestimmt), 16, 18, 19, 20 (Auszug. „Ich bin Ayrton“), 21 (Auszug: „Die Sache mit der Flaschenpost kommt mir spanisch vor“), 22 (Auszug: Das Piratenschiff wird gesichtet), 23 (Auszug: Alle Mann ins Granit-Haus), 24 (Auszug: „Einfach in die Luft geflogen“ & Der Ofenrohr-Torpedo), 25 (Auszug: „Der Vulkan lebt also noch“), 26 (Auszug: Die Nautilus), 27 (Auszug: Kapitän Nemo & sein Tod: „Beten wir für den Verlorenen Sohn: Vater unser ...“), 28 (Auszug: Der Vulkan bricht aus), 29 (bis: „Gott sei seiner Seele gnädig. Amen“)


    Die Adaption von Kurt Vethake hält sich gewohnheitsmäßig eng an der Vorlage, das wird schon gleich beim Anfang deutlich


    Hörspiel:
    „Geht’s wieder hinauf?“
    „Im Gegenteil, hinunter!“
    „Wir stürzen ab, Mr. Smith!“
    „Den Ballast raus!“
    „Der letzte Sack ist auch schon leer.“
    „Steigt der Ballon?“
    „Nein!“
    „Da unten plätschert doch was!“
    „Unter der Gondel ist die See!“
    „Keine 150 m unter uns!“
    „Alls, was nicht niet- und nagelfest ist, hinaus und hinunter! Und dann gnade uns Gott!“
    Die Worte verklangen am 23. März 1865 gegen 16 Uhr in der Luft über der Wasserwüste des Pazifik.
    Kaum jemand dürfte wohl jenen katastrophalen Nordoststurm vergessen haben, der um die Tagundnachtgleiche herum losbrach und das Barometer auf 710 mm hinunterdrückte.


    Buch:
    „Geht’s wieder hinauf?“
    „Im Gegenteil, hinunter!“
    „Wir stürzen ab, Herr Smith!“
    „Gott, den Ballast raus!“
    „Der letzte Sack ist auch schon leer.“
    „Steigt der Ballon?“
    „Nein!“
    „Da plätschert doch was!“
    „Unter der Gondel ist die See!“
    „Keine 150 m unter uns!“
    Auf einmal hörte man mit Donnerstimme rufen:
    „Alls, was nicht niet- und nagelfest ist, hinaus und hinunter! Und dann gnade -- “
    Die Worte verklangen am 23. März 1865 gegen 16 Uhr in der Luft über der Wasserwüste des Pazifik.
    Kaum jemand dürfte wohl jenen katastrophalen Nordoststurm vergessen haben, der um die Tagundnachtgleiche herum losbrach und das Barometer auf 710 mm hinunterdrückte.


    Wie im Buch erfolgt erst nach der Landung des Ballons auf der Insel eine Rückblende auf die Ereignisse in Richmond, die zur Flucht der Männer im Ballon führen. Dabei ist weder in der bearbeiteten Bärnikel-Fassung noch in Vernes Originaltext ein Dialog beim Besteigen des Ballonszu finden. Hier hat Vethake also aus dem Erzähltext die Szene in verteilten Rollen neu nachspielen lassen:


    Hörspiel:
    „Steigen Sie in die Gondel, Mr. Smith! – Sie sind wahrscheinlich Mr. Spilett?“
    „Ja, der bin ich. Verbindlichsten Dank, daß Sie mich mit auf diese Luftreise nehmen.“
    „Steigen Sie ein. Du auch, Harbert. Paß auf Top auf. – Die Halteleine n sind los, jetzt müssen wir den ersten Ballast abwerfen. Ein paar von den Sandsäcken müssen losgebunden werden.“
    „Hilf ihn, Nab!“
    „Ja, Sir, lasse Nab das machen.“
    „Wir steigen.“
    „Ja, die Ballonfahrt beginnt.“
    „Achtung, sie haben unsere Flucht bemerkt!“
    --
    „Alarrrrrrrm!“
    „Der Ballon hat sich losgerissen.“
    „Nein, da sind Leute drin.“
    „Gefangene, die fliehen wollen. Schießt, Leute, schießt!“
    --
    „Keine Angst, Freunde, wir sind schon zu hoch. Die Kugeln erreichen uns nicht mehr.“
    „Sehen Sie, Mr. Smith, wir schweben bereits über den Festungswällen. Da drüben ist Grants Armee.“
    „Wahrhaftig, wir fliegen in die Freiheit!“


    Ferner wird die Flucht der 5 Freunde in den beiden Buch-Versionen keineswegs von den Südstaaten-Soldaten entdeckt. Diese Abweichung könnte sich aber dadurch erklären, daß Vethake in dieser Szene der Filmfassung von 1974 folgt, die seinerzeit sowohl als TV-Vierteiler als auch in einer Filmkurzfassung unter den Titel „Herscher einer versunkenen Welt“ erschien und die ganz sicher die Produktion dieses Hörspiels anregte.


    „Ich glaube, du willst mich mächtig verscheißern“, rief der Seemann auf S. 153 der Bärmeier+Nikel-Vesion der ‚Geheimnisvollen Insel‘. Offensichtlich hatte dies „Neu-Übersetzer & Einrichter“ Lothar Baier auch mit dem Leser im Sinn. Jedenfalls hielt er es für angebracht, den Seemann Pencroft mit einem Hang zu dem wenig appetitlichen Ausdruck zu versehen. Während Passepartouts eingeschmuggeltes, zweimal geäußertes, g1eichbedeutenes französisches „Merde“ in der „In 80 Tagen um die Welt“-Ausgabe des gleichen Verlages noch einen originellen Charakter besitzt und von Kurt Vethake in seiner zweiten Hörspielfassung (siehe: ) zu einem klischeehaft komischen geflügelten Wort des Dieners weiterentwickelt wurde, ist Vethakes Übernahme des Baier-Pencroffschen Kraftausdruck in die „Geheimnisvolle Insel“-Hörspielproduktion gänzlich überflüssig und störend. Er wirkt lediglich vulgär und – insbesondere in einer Verne-Adaption – völlig deplaziert.


    Hörspiel:
    „Haben Sie Feuer?“
    „Nein, tut mir leid.“
    „Nab haben auch kein Feuer.“
    „Verdammte Scheiße!“
    „Was ist los, kriegt ihr vielleicht kein Feuer an?“
    „Sie haben es erraten.“
    „Wenn mein Herr hier wäre, der würde euch schon einheizen!“


    Buch:
    (...) während ihn Pencroff kurz und trocken nach Streichhölzern fragte. Der Reporter blieb stehen , suchte kurz in seinen Taschen und meinte, er habe sie wohl alle über Bord gehen lassen.
    Auch Nab hatte kein Feuer mehr bei sich.
    „Verdammte Scheiße!“ entfuhr es den Seemann.
    „Wenn mein Herr und Meister hier wäre, der würde euch schon einheizen!“


    Weitaus gemäßigter liest es sich da bei Hartleben. Dort fehlt natürlich auch der "Einheiten"-Kalauer:
    In diesem Augenblick kam auch Pencroff auf ihn zu und fragte im trockensten Tone, ob er nicht zufällig ein Zündhölzchen bei sich habe.
    Der Reporter blieb stehen, durchsuchte seine Taschen, fand das Gewünschte aber nicht und sagte:
    »Ich habe keine mehr und werde wohl alle mit ausgeworfen haben ...«
    Als Pencroff hierauf an Nab dasselbe Verlangen stellte, erhielt er die nämliche Antwort.
    »Verflucht!« fuhr der Seemann auf, der diesen Kraftausdruck nicht nieder zu würgen im Stande war.
    Der Reporter hörte es und fragte:
    - Es ist wohl kein Streichhölzchen zur Hand?
    - Kein einziges, und folglich auch kein Feuer!
    - O, rief Nab, da müßte mein Herr zur Stelle sein, der würde bald Rath schaffen!«

    Auch die zweite "Scheiß"-Stelle hat Vethake ohne Zaudern in sein Hörspiel übernommen:
    „Mein Herr!“
    „Insel oder Kontinent?“
    „Das ist doch jetzt scheißegal. Hauptsache, sie leben noch.“


    Buch:
    „Mein Herr!“ rief Nab.
    Der Ingenieur schien seine Kameraden nach und nach zu erkennen. Noch einmal redete er vor sich hin, diesmal waren seine Worte zu verstehen:
    „Insel oder Kontinent?“
    „Auch du heiliger Bimbam!“ rief Pencroff. „Das ist doch jetzt scheißegal. Hauptsache, sie leben noch.“


    Auch hier geht es bei Hartleben natürlich gesitteter zu:
    »Mein Herr! Mein lieber Herr!« rief Nab erfreut.
    Der Ingenieur verstand ihn. Er erkannte Nab und Spilett, sowie seine beiden anderen Gefährten und drückte ihnen schwach die Hand.
    Einige Worte entschlüpften seinen Lippen, wahrscheinlich dieselben, welche er schon früher von sich zu geben versucht hatte, die von einem ihn auch damals nicht verlassenden Gedanken herrühren mochten und jetzt zum ersten Male verständlich waren:
    »Insel oder Festland? flüsterte er.
    - O, zum Teufel, rief Pencroff, der diesen Ausruf nicht unterdrücken konnte, das kümmert uns gar nicht, wenn Sie nur wieder am Leben sind, Herr Cyrus. Was Insel oder Festland! Das werden wir ja später erfahren.«


    Auch andere Kalauer übernimmt Vethake ungerührt. Der folgende "Ingeniör"-Spruch kenne ich vorallendingen von Daniel Düsentrieb. Hörspiel.:
    „Das Feuer ist aus!“
    „Na und?“
    „Ihnen scheint nicht klar zusein, was das bedeutet.“
    „Sie scheinen sich darüber mächtig aufzuregen.“
    „Wir haben keine Zünder mehr!“
    „Dafür haben wir den Ingenieur. Dem Ingeniör ist nichts zu schwör. Dem wird schon etwas einfallen.“


    Auf ein erneutes Einheizen hat Vethake aber verzichtet. Buch:
    „Das Feuer ist aus“, rief der Seemann,“ ist Ihnen das klar?“
    „Na und?“ antwortete Spilett.
    „Wir haben keine Zünder mehr, Herrgottnochmal!“
    „Dafür haben wir den Ingenieur. Dem Ingeniör ist nichts zu schwör. Der wird uns schon wieder einheizen.“


    Der folgende Dialog offenbart den schon im letzten Zitat nachzulesenden Effekt, daß Vethake zuweilen ein paar Sätze zusätzlichen "Fülldialog" einbaut. Hörspiel:
    „Ich möchte ihn mal vor mir sehen, wahrscheinlich ist er hübsch, groß und kräftig, hat einen langen Rauschebart und silberne Haare, sitzt auf einer Wolke und hält eine Kugel in der Hand.“
    „Wollen Sie den lieben Gott suchen, hehehehe?“.
    „Ja, wenn er sich finden läßt.“
    „Ich wiederhole, es war eine Wunderwaffe!“
    „Ooch, und wer hat sie abgefeuert?“
    „Der Herr der Insel!“
    „Und wer ist das?“
    „Wenn ich das wüßte! Aber wir werden die ganze Insel von vorne bis hinten durchkämmen, bis wir hinter das Rätsel kommen.“


    Die Buch-Vorlage ist da kompakter:
    „Ich möchte ihn mal vor mir sehen“, sagte Pencroff. „wahrscheinlich ist er hübsch, groß und kräftig, hat einen langen Rauschebart und silberne Haare, sitzt auf einer Wolke und hält eine Kugel in der Hand.“
    „Wollen Sie den lieben Gott suchen?“ fragte Spilett.
    „Wenn er sich finden läßt“, antwortete der Seemann.
    „Wir werden die ganze Insel von vorne bis hinten durchkämmen“, entschied der Ingenieur, „bis wir hinter das Rätsel kommen.“


    Obgleich sich hier die "Rauschebart"-Beschreibung ebenfalls wie ein Kalauer liest, liest man dergleichen übrigens auch schon bei Hartleben:
    - Oho, mein Junge, versetzte Pencroff, das möchte ich auch, und wir gewiß Alle. Ich bin nicht neugierig, aber ein Auge gäbe ich doch darum, den Sonderling von Angesicht zu Angesicht zu sehen! Mich dünkt, er müsse schön, groß, stark sein, einen prächtigen Bart, Haare wie einen Heiligenschein haben und auf Wolken ruhen mit einer großen Kugel in der Hand!
    - Aber, Pencroff, erwiderte Gedeon Spilett, das ist ja das Ebenbild Gottes, was Sie da ausmalen.
    - Kann sein, Herr Spilett, antwortete der Seemann, aber so stelle ich mir Jenen einmal vor.
    - Und Sie, Ayrton? fragte der Ingenieur.
    (...)
    - Es ist also entschieden, erklärte Cyrus Smith, wir beginnen unsere Nachforschungen sobald als möglich. Kein Theil der Insel soll übergangen werden. Wir durchsuchen sie bis in die geheimsten Winkel, der Unbekannte vergeb es uns, um der guten Absicht willen!«


    Schließlich findet man das U-Boot:. Hier "erfindet" Vethake wieder einen eigenständigen Dialog. Hörspiel:
    „Ich ahne, wer der Herr der Insel ist.“
    „Ich bin ganz sicher.“
    „So ein Unterwasserfahrzeug wurde in dem Bericht eines französischen Professors erwähnt, der viele Monate Gast des Kapitäns war.“
    „Sie sprechen von der ‚Nautilus‘. Dieses Fahrzeug hat mich als Wissenschaftler sehr interessiert. Ich hätte es gern einmal besichtigt.“
    „Jetzt können sie es.“
    „Ja, wir werden an Bord gehen, kommen Sie!“


    Dergleichen findet sich weder im Buch-Text von Bärmeier & Nikel ...:
    Der Ingenieur schien äußert erregt; kaum lag das Boot längsseits, sprang er als erster darauf und verschwand in einer offenstehenden Luke. Seine Kameraden folgten dicht hinterdrein.


    .... noch bei Hartleben:
    Er richtete, eine Beute der maßlosesten Aufregung, seine Blicke nach vorwärts, ergriff aber plötzlich des Reporters Arm und rief:
    »Aber er ist es! Es kann kein Anderer sein! - Er! ...«
    Dann fiel er fast auf die Bank zurück und flüsterte einen Namen, den Gedeon Spilett allein verstehen konnte.
    Ohne Zweifel kannte der Reporter diesen Namen, denn er schien' einen wunderbaren Eindruck auf ihn zu machen, und er antwortete mit gedämpfter Stimme:
    »Er! – Ein Geächteter!
    - Er ist es!« antwortete Cyrus Smith.
    Auf Anordnung des Ingenieurs ging das Boot jetzt dicht an den eigenartigen, schwimmenden Körper heran. Es legte sich an seine linke Seite, von der aus ein blendendes Licht durch dicke Glasscheiben drang


    Konnte man bei dem Hörspiel bisher außer den oben breit getretenen zwei Ausrutscher in die Vulgärspracheallenfalls nur noch eine bei der vorgegebenen Kürze des Hörspiels zwangsläufig etwa kurz geratene Abenteuer-Auswahl beklagen, so gerät ausgerechnet die schlußendliche Konfrontation der Gestrantenen mit Kapitän Nemo zum Tiefpunkt des Hörspiels. Nicht, daß hier der die Adaption nicht stimmen würde, nicht das einer der Sprecher patzen würde, nicht das Eberhard Krug nicht in Hochform wäre, nein, aber das Eberhard Krug sich - gänzlich ohne Modifizierung der Tonlage - mit völliger gleicher Sprachmelodie als Ingenieur Smith und Kapitän Nemo mit sich selber unterhält, ist einfach nur noch dreist. Natürlich ist Krug prädestiniert für die Rolle von Cyrus Smith und nachdem er den Nemo bereits 1971 in "20 000" Meilen gesprochen hat, erscheint seine erneute Besetzung nur logisch, gleichwohl wäre es sicherlich besser gewesen, hier vielleicht z.B. einen Rolf Marnitz einzusetzen.


    Insgesamt kann man deshalb nur eine gespaltene Wertung abgeben. Abgesehen von den bezeichneten Mängeln ist das Hörspiel gewohnt routiniert und für ein Jugendhörspiel erstklassig, Der doppelte Krug aber, nun ja ... der hätte nicht sein müssen.

    Einmal editiert, zuletzt von Thosch ()

  • Nun das war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich ...


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    2.Toyo Tanaka: Die geheimnisvolle Insel


    Ausgaben: Maritim, LP: 47 499 NW, MC: 48 499 UW


    Regie: Toyo Tanaka, Buch: Joachim von Ullmann, Geräuscheffekte: Heinz Eisinger, Tontechnik: Christa Rentsch, Toningenieuer: Horst Grosse, Produktion: Wolf Brümmel (1978)
    Sprecher: Rolf Mamero (Cyrus Smith), Michael von Rospatt (Nab), Henry König (Gedeon Spilett), Rolf Jahnecke (Pencroff), Günter Kieslich (Harbert), Douglas Welbat (Ayerton), Franz-Josef Steffens (Kapitän Nemo), Heidi Schaffrath (Verena, seine Tochter)


    Vorlage: Die Übersetzung, nach der die Adaption geschrieben wurde ist nicht eindeutig feststellbar, da sämtlicher Text, Erzählpassagen wie Dialoge offenbar neu geschreiben wurden, wobei mit der Tochter Kapitän Nemos auch eine völlig frei erfundene Figur in die Handlung integriert wurde. Es gibt allerdings einige wenigeAnzeichen, daß sich Autor Ulmann ebenfalls bei "Bärmeier & Nikel" "bedient" hat.


    Adaptierte Kapitel [Zählung nach der "Bärmeier+Nikel-Version]: 1 (frei bearbeitet: Vorbereitung in Richmond, Der Flug über den Ozean & die Ankunft bei der Insel), 2, 3 (Auszug: Mr. Smith wird gesucht), 4 (Auszug: Mr. Smith wird gefunden), 5 (Ende: Das Cabiai) & 11 (Ende: Der Zahn ) & 12 (Anfang: Die Schrottkugel) . 10 (Ende: Die Kiste mit Werkzeugen), 18 Pencroff sticht in See), 19-21 (Auszüge: Der Schiffbrüchige / „Ich bin Ayrton“ / Die Flaschenpost), 26-28 (Frei bearbeitet: Kapitän Nemo & seine Tochter)


    „Was hast du dir bloß dabei gedacht? (..)“
    „Ich hab mir gedacht, du freust dich! (...), Ja das habe ich nur gedacht. (...), Ich bin da und nun geht’s los J“
    „Aha, und was geht los, wenn ich fragen darf ...“


    Eine berechtigte Frage: Was hat sich da Joachim von Ulmann bloß gedacht, als er Vernes Buch in dieser Weise adaptierte? Denn offensichtlich erschien ihm die Vorlage etwas sehr überarbeitungsbedürftigt. So glaubte er etwa, daß man Nabs Rolle mit einem ständigehn Hineingeplappere stereotyp nervig angelegen sollte. Leider ist das aber nicht alles Denn was geht da noch ab?


    „Mr. Smith!!“
    „Nab?!“
    „Ich hab’s!“
    „Ja, ja, ich weiß, aber du mußt mir schon verraten, was du hast.“
    „Eine Idee, eine großartige Idee!“
    „Na dann los, erzähl uns von deiner Idee!“


    Es fehlt natürlich das weibliche Element im Roman. Das haben schon unzählige Filmemacher erkannt und mindestens eine Frau gleichfalls auf die Insel verfrachtet. Das ist vom Standpunkt der Unterhaltung her durchaus legitim und dagegen wäre an sich auch nichts einzuwenden. Etwa wenn man die Harbert-Rolle gegen die eines Mädchens vertauscht. Oder wenn die Gefährten den Piraten eine Gefangene abjagen würden. Eins aber geht nicht: Kapitän Nemo mit einer Tochter zu beglücken. Aber genau mit dieser unglückseligen Idee gedachte Autor Ulmann den Hörer zu erfreuen.


    „Verena? Bist du das Verene?"
    Woher wohl die Inspiration für den Namen kommt? Doch der Reihe nach ...


    .... fragen wir uns zunächst, welche Übersetzung dieser Adaption zu Grunde gelegen haben könnte. Wie gesagt, in der Regel ist es ein völlig eigenständig nacherzählter Text, der in der Maritim-Version serviert wird. Es gibt nur wenige Stellen, wo charakteristische Textbrocken auf die "Bärmeier+Nikel-Version" hinweisen. Etwa in der "Cabiai"-Szene:


    „Cabiai? Was ist das, wenn ich fragen darf?“
    „So eine Art Schwein, es schmeckt vorzüglich, ich habe es bereits gekocht versuchen Sie mal."


    Versuchen wir also "Bärmeier& Nikel". Da liest man:
    (...) eine Art Schwein mit schwarzen, am Bauch hellen Borsten (...)
    Das Cabiaifleisch schmeckte vorzüglich (...)


    Bei "Hartleben" und "Diogenes" liest man es so jedenfalls nicht. Wie schwierig es, die Adaption auf eine Übersetzung zurückzuführen, sei exemplarisch noch am folgenden Dialog demonstriert:


    Hörspiel:
    „Au, au, verflucht!“
    „Na, na, na. Was haben Sie denn, Mr. Spilett?
    „Ach, einer meinen letzten Zähne. Und daran ist das Schwein Cabiai schuld.“
    „Komischer Zahn.“
    „Sehr komisch, ... und es ist auch gar keiner.“
    „Nicht? Na, so ein Glück, was ist es denn?“
    „Eine Schrotkugel.“
    „Unmöglich, niemand von uns hat irgendwelche Munition.“
    „Es ist eine Schrottkugel, und also ein weiteres Rätsel."
    „Glauben Sie immer noch an den großen Unbekannten, Mr. Smith?“
    „Mehr denn je, Mr Pencroff. (...)“


    Bärmeier & Nikel:
    Alle lobten das Schweinefleisch, am meisten der Seemann selber, aber plötzlich fluchte er gottsjämmerlich.
    „Was ist los?“ fragte der Ingenieur.
    „Ach, mir ist eben ein Zahn kaputtgegangen“, antwortete Pencroff.
    „Vielleicht ist das gar kein Milch-, sondern ein Kieselsteinschwein“, sagte der Reporter.
    „Das glaube ich bald auch“, antwortete der Seemann und zog den zerbrochenen Zahn mitsamt dem Steinchen heraus.
    Das allerdings war kein Steinchen, sondern eine Schrottkugel.


    Hartleben:
    Pencroff verzehrte seinen Theil mit gerechtem Stolze, als urplötzlich ein Schrei und ein gelinder Fluch über seine Lippen kamen.
    »Was giebt es denn? fragte Cyrus Smith.
    - Ich habe ... ich habe ... mir eben einen Zahn zerbrochen, antwortete kleinlaut der Seemann.
    - Aha, fiel der Reporter ein, in Ihren Pecaris stecken also Kieselsteine?
    - Ich möchte es fast glauben«, erwiderte Pencroff und zog das Corpus delicti hervor, das ihm einen Backenzahn kostete ...
    Ein Kiesel war das freilich nicht ... wohl aber ein Schrotkorn!


    Auf weitere Zitate verzichte ich dann doch lieber. Es tut mir leid, man mag dieser Fassung mit entsprechenden Kindheitsbonus sicherlich etwas abgewinnen können. Ich finde sie nun auch nicht gänzlich mißraten, das nun auch nicht. Aber gelungen? Nein, Michael von Rospatts Interpretation von Verne-Diener-Rollen (Vgl. "Fünf Wochen im Ballon" ) nervt mich einfach zu sehr. Und eine Nemo-Tochter: Das arme Hascherl, ist immer mit Papa unter den Meeren längstgefahren und glaubt deshalb, die Welt da draußen sei grundsätzlich schlecht. Noch mehr konstruiertes Klischee geht ja wohl nimmer ...