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Zwei Erben sind es, die sich die sagenhafte Erbschaft der Begum in Höhe von 500 Millionen teilen können: der sympathische französische Arzt Sarrasin und der widerwärtige deutsche Professor Schultze. Während der Franzose vor einem Kolloquium internationaler Wissenschaftler verspricht, das Geld für sein Volk und das Wohl der Masse auszugeben, ist Schultze ebenfalls davon überzeugt, es zum Wohle der Menschheit anzulegen - aber auf völlig andere Weise. Während der Franzose auf amerikanischem Boden die Musterstadt France-Ville gründet, die nach streng hygienischen Grundsätzen aufgebaut wird und als Muster für die Zukunft dienen soll, erbaut der bösartige deutsche Professor ein Stahlimperium, dem er Sinnvollerweise auch noch den Namen Stahlstadt gibt. Hier werden nur Kanonen und Geschütze aller Größen und Kaliber hergestellt. Natürlich ist dem Deutschen die hygienisch-musische Nachbarstadt ein ständiger Dorn im Auge. So wundert es schließlich niemand, daß er eine Riesenkanone mit speziell dafür konstruierten Granaten herstellen und auf France-Ville richten lässt. Alle sind davon überzeugt, daß mit einem einzigen Schuss France-Ville vernichtet werden kann. Rettung scheint für die französische Musterstadt nicht mehr möglich zu sein. Da gelingt es einem Elsässer, sich als Arbeiter in die Stahlstadt einzuschleichen und nach und nach das Vertrauen des Professors zu gewinnen. Doch als dieser ihm alle Geheimnisse von Stahlstadt zeigt, scheint damit auch das Schicksal des jungen Marcel besiegelt: Er soll sterben, damit er das Geheimnis keinem verraten kann. Doch die Flucht gelingt ihm, und in France-Ville kann er die aufgeregten Bewohner beschwichtigen: Schultzes Schuss wird wirkungslos über ihre Stadt hinweggehen. Der junge Wissenschaftler hat die Flugbahn richtig berechnet, denn wenig später fliegt heulend und pfeifend die Riesengranate über sie hinweg und donnert ins All, um künftig als Komet herumzufliegen. Schultze hatte sich in der erforderlichen Anfangsgeschwindigkeit verrechnet. Trotzdem befürchtet man in France-Ville den Einmarsch der deutschen Truppen aus Stahlstadt, als plötzlich die erlösende Nachricht eintrifft: Schultze ist bankrott. Als der ehemalige Spion Marcel zusammen mit einem Freund in die verlassene Stahlstadt eindringt, finden sie den deutschen Bösewicht bereits tot vor - die gerechte Strafe hat ihn ereilt.
Die krasse Schilderung der Deutschen und ihrer Vorliebe für jede Form des Militarismus hatte wohl ihre Ursachen im Erleben des deutsch-französischen Krieges 1870/71, aber damit ist kaum Vernes oft verzeichnetes Bild vom »hässlichen Deutschen« zu entschuldigen, auch wenn Schultze ein besonderes Zerrbild und einen Einzelfall darstellt.
Inhaltsangabe von Thomas Ostwald. Aus dem Buch „Jules Verne Handbuch“, herausgegeben von Heinrich Pleticha, Bertelsmann Club / Deutscher Bücherbund, Stuttgart, 1992.