Weihnachtshasser

  • Ein Weihnachtshasser ich? Wie kann man nur auf so etwas kommen?
    Weihnachten ist doch eine sooooooo schöne Zeit.



    Die ganze mehr oder eher weniger liebenswerte Verwandtschaft die unvermeidlich wie eine Naturkatastrophe zum Fest der Liebe und Familie heranschwappt, um eine Orgie der Völlerei und des Konsums zu zelebrieren.
    Menschen die normalerweise am Besten nicht mal auf dem selben Planeten weilen sollten, tauschen mit verzücktem Blick oder heuchlerischer Heiterkeit sinnlose und ärgerliche Geschenke aus.
    Für diese verlangen sie natürlich freudige Reaktion. Selbst die besten Schauspieler müssen verblassen vor dieser zur Schau getragenen Besinnlichkeit.


    Schließlich muss man auch der Großtante, die man den Rest des Jahres nicht sieht und am liebsten den Rest des Lebens nicht wieder sehen möchte, mit kindlich verzückt strahlenden Augen und einem Honigkuchenlächeln, das dem Betrachter zu anderen Zeiten einen Zuckerschock versetzen würde, sagen:
    „Ach, danke liebstes Tantchen für diese geschmackvolle Bluse/Schlipsammlung/Häckeldecke/nachgemachte original Porzellanvase/gebrauchte Socke/Klobrillenbezügeeinwickelmaschine/gefälschte Raubkopie eines Filmes den ich nie sehen wollte...“


    „Ja ist es nicht schön? Ich habe auch besondere Mühe dabei gehabt, um es zu machen/es im Versandkatalog zu bestellen weil es ja eigentlich für mich gedacht war aber es in einer falschen Größe geschickt wurde aber es dir ja auch ganz wundervoll steht/ so etwas geschmacklos... äh ...volles auf dem Flohmarkt aufzutreiben...“



    Aber dieses stellt ja nur den orgastischen Höhepunkt eines langen qualvollen Weges dar, der seine Overtüre bereits vor einigen Monaten hatte und sich in der Ausgestaltung der Konsumtempel und Versorgungshöhlen ankündigte.



    Die unschuldig wirkenden Weihnachtsnaschereien, die so etwa Mitte September derart platziert werden, das keine Möglichkeit des Ausweichens besteht, lassen den sich androhenden Kampf um Geschenke/verkleckertem Plätzchenteig/Kartenschreiben/Weihnachtsbaumkauf/Weihnachtsbaumschmücken... mit dunklem Schatten erahnen.


    Aber all das nachfolgende Martyrium ist nichts gegen die Schrecken zu denen die Menschen noch fähig sind: Weihnachtslieder im Radio.
    Nicht das allerliebst altmodisch kinderstimmenschräggesungen volkstümliches Liedgut, das einen in nostalgisches Verzücken lullt und mit verträumten Augen in die eigenen Kindheit (mitunter noch gar nicht vorbei) blicken lässt.
    Natürlich können sich diese keinen Spielplatz erquietschen, natürlich müssen es noch kitschtriefigere Weisen sein.
    Allem voran die nervenzersetzende Schmalzstulle „Last Christmas“ (Mich jedenfalls überkommt hier regelmäßig das Bedürfnis meinen Kopf in den nächsten greifbaren Betonpfeiler zu rammen.)



    Sind zur Weihnachtszeit der gute Geschmack und jegliches Stilgefühl so wattiert, das sich ein normalerweise vernunftbegabtes Wesen das-alles-und-noch-viel-mehr freiwillig antun?


    Ja natürlich! Das hat aber weniger damit zu tun, das man zu Weihnachten vom freudigen Taumel zu ergriffen ist, um klare Gedanken zu fassen, als vielmehr damit, das der Masochismus eine oft verleugnete Triebfeder der Menschheit ist.



    Oder um es mit Claude Tillier zu sagen:
    „Der Mensch ist eine Maschine, die für den Schmerz eigens geschaffen ist... Der Mensch der nicht leidet, ist eine Maschine mit einem Konstruktionsfehler...“




    Und ich leide nun mal schrecklich gerne!


    Also, Juchuuuu Weihnachten ich komme!!!!!!!!




    Wünsche Euch allen, dass Ihr diese schöne Zeit übersteht :grins:


    Fohe Festtage :wsmile:


    Oh, hab noch was besseres gefunden
    :ff:

    Lesesüchtig,
    seit dem ich Buchstaben im Kopf zu Wörtern zusammensetzten kann
    (und dafür keine Stunden mehr brauche)