Beiträge von Volker Dehs

    Hallo Poldi. Ja, das wird immer wieder behauptet, stimmt aber nicht, es gibt keinerlei Übereinstimmungen bei Personen, Reisemitteln und Reiseetappen oder Ereignissen, nur beim Titel. Ich vermute, dass Méliès das Stück 1882/3 im Theater gesehen hat, aber wohl nur der paradoxe Titel (versteht den eigentlich jemand? Also ich nicht) im Gedächtnis hängen geblieben ist.

    Einen Parallelfall bildet ja sein vorausgegangener Film Die Reise zum Mond (mit dem die Reise durch das Unmögliche viele strukturelle und inhaltliche Parallelen ausweist), der immer wieder als Verne-Verfilmung bezeichnet wird, aber viel stärker auf Offenbachs gleichnamiger Operette von 1875 zurückgeht, die selber mit Vernes Romanen nichts weiter zu tun hat, als dass sich die Bühnenbildner an Illustrationen aus den Hetzel-Ausgaben orientiert haben. Die kennt nur kaum einer der heutigen Kommentatori, die statt dessen lieber auf den naheliegenden Verne zurückgreifen.

    Méliès war kein großer Leser, sondern wurde sehr viel mehr, wenn nicht ausschließlich, von Theater, Zauberei und Variété geprägt. Oder andersrum: Hätte der Film etwa den Titel "Ingenieur Maboulofs Reise ins Blaue" getragen, wäre niemand auf die Idee gekommen, einen Zusammenhang mit Jules Verne herzustellen.

    Das sieht wirklich interessant und ansprechend aus. Allerdings wage ich die Behauptung (aufgrund der Bildmotive und des Textes in den Sprechblasen), dass es sich nicht um eine Bearbeitung von Vernes Theaterstück handelt, sondern des Films gleichen Titels von Georges Méliès von 1904.

    Es war auch gar nicht meine Absicht, dir das zu unterstellen! 8o Theater, wie Kunst allgemein, ist Geschmackssache, keine Frage, und natürlich hat man das Recht, sein Missfallen dadurch zu bekunden, dass man einfach weggeht. Grundsätzlich wollte ich nur darauf hinweisen, dass die Einbindung provokanter Aspekte durchaus sinnvoll sein kann, wenn das Thema es erlaubt oder erfordert. Schade nur, wenn - wie in eurem Fall - Nebensächlichkeiten den Genuss des Ganzen eingeschränkt und schließlich beendet haben. Aber wie du schon schriebst: da gab es ja noch eine Alternativveranstaltung.

    Naja, Sex und Erotik als Selbstzweck (ohne Bezug zum Werk) oder als bloße Publikumsprovokation, das passt besser zum Theater der 1980er Jahre. Ich dachte, darüber wären wir hinweg, aber wenn das heute wieder verfängt...

    Grundsätzlich passt das orgiastische Ausufern der Lust ja durchaus zu Vernes Geschichte (und Offenbachs opéra-bouffe); auch wenn Verne es gezwungenermaßen bei Andeutungen belässt, kann man heutzutage schon deutlicher werden, um eine entsprechende Wirkung zu erzielen. Aber ich habe die Münsteraner Aufführung nicht gesehen, und deshalb bleiben meine Ausführungen nur theoretisch.

    In Luzern ging es auch deftig zur Sache, allerdings waren die Andeutungen dort einmal mehr wesentlich wirkungsvoller als die plakative Zurschaustellung - das ist ein wesentlicher Unterschied, der im Theater immer wieder gerne übersehen wird. Provokation ist zeitgebunden, weil der Geschmack und die Sitten sich wandeln, und deshalb immer nur von eingeschränkter Wirkung.

    Dann wünsche ich euch viel Spaß!!! Trotz Bearbeitungen und weitgehender Eingriffe in die musikalische Struktur, die ja auch für diese (ehemalige DDR-) Fassung von André Müller u.a. gilt,bleibt immer noch genug von Offenbachs Geist übrig.

    Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich an einer Aufführung am Theater von Luzern teilgenommen, die auf derselben Bearbeitung beruhte, und die die Regie noch um die üblichen Offenbach-Hits und Anspielungen auf die Luzerner Stadtgeschichte "bereichert" hatte, um dem Publikum zusätzliche Schmankerl anbieten zu können. Damit kam das Stück gut an. Naja. Trotzdem aber ein schönes Erlebnis unter freiem Himmel, was fast den angekündigten Gewittern zum Opfer gefallen wäre (die gibt es ja auch für den heutigen Abend wieder). Die fanden dann erst am folgenden Tag statt, haben ganze Bahngleise aus den Fugen gespült und damit meine Rückreise nach Göttingen um einige Abenteuer bereichert, auf die ich wie bei den Offenbach-Zutaten auch gerne verzichtet hätte...

    Hallo miteinander,

    ich wollte auf dem Forum schon antworten, aber wie viele andere kann ich mich dort nicht einloggen.

    Dafür, dass Verne diese Statue persönlich gesehen hat, gibt es kein direktes Zeugnis, da er aber diese WA besucht hat (im Gegensatz zu den WAs von 1889 und 1900), ist dies sehr wahrscheinlich. Der Kopf der Freiheitsstatue war inwändig über Wendeltreppen zu erklimmen und erfreute die Besucher mit einem schönen Ausblick. Zumindest kannte Verne diese Tatsache durch Illustrationen in zeitgenössischen Zeitschriften.

    Nach meiner Überzeugung findet sich ein literarischer Niederschlag dieser Sehenswürdigkeit in Vernes Werk in den Abenteuern der Familie Raton (Kap. X u. XI), in der die Rattenfamilie das Innere der Sphinx von Romiradour hochsteigt.

    Auszüge von Verne-Texten in Anthologien und Schulbüchern waren sogar ein ganz besonderes Steckenpferd in Wolfgangs letzten Jahren. Soweit er es noch konnte, z.T. mit Hilfe seiner "Sekretärinnen", hat er die Auszüge mit Sicherheit auch penibel erfasst.

    Bei den verschiedenen Corian-Biliographien (es sind ja in der Tat mehrere Reihen mit unterschiedlichen Schwerpunkten) musste er sich an die formalen Vorgaben der jeweiligen Herausgeber halten, was bei den Angaben nicht immer ohne bedauerliche Verluste abging, aber die Einheitlichkeit der Reihen gewährleisten sollte.

    Sehr ökonomisch kann man die Vorgehensweise des Verlags nicht nennen, schließlich liegt eine eingehend kommentierte und mit Anmerkungen versehene Neuübersetzung dieses Romans seit 2005 vor, noch dazu in drei verschiedenen Ausgaben (Artemis&Winkler, dtv, Coppenrath).

    Wenn man sich tatsächlich an eine kommentierte Gesamtausgabe der Außergewöhnlichen Reisen machen will, dann böten sich zunächst einmal doch ausreichend andere Titel an, um die Reihe bedarfsgesrechter fortzusetzen?! Strange.

    Der Empörung angesichts dieses buchhändlerischen Kannibalismus, mit dem gewisse Schurken (anders will ich sie gar nicht nennen) Leichenfledderei begehen, bzw. Bücher überhaupt erst zu Kadaver zerstückeln, kann ich mich nur rückhaltlos anschließen. Pfui deibel!

    Abgesehen davon handelt es sich bei dem kleinen Artikel, der Anlass dieser Kommentare war, natürlich um einen satirischen Beitrag, das erkennt man auch an der Anspielung auf die damals gängige Mär von Jules Verne als "polnischen Juden" und am Umfeld der anderen Artikel.

    Maschu1's theoretische Chronologie scheint mir sehr plausibel.

    Korrigieren an meinem Artikel in der Nautilus muss ich auch die irrtümliche Annahme, die frz. Veröffentlichung des Briefes sei - wie bei der empörten Antwort des deutschen Arztes - auf Verne selbst zurückzuführen. Das schien mir damals nicht fragwürdig, weil der Artikel im Progrès de la Somme nach meinem damaligen Wissen der früheste Abdruck war und zudem in einer Zeitung der Stadt erfolgte, in der Verne wohnte. So war es auch mit anderen "offenen Briefen" geschehen, die zuerst in lokalen Zeitungen erschienen und später von anderen Publikationen weiter verbreitet wurden.

    Meine damalige Annahme setzte natürlich voraus, Verne habe eine Abschrift seines verschickten Briefes weitergereicht, aber die jetzige Entwicklung legt ja nahe, dass die Veröffentlichung auf den Empfänger zurückzuführen ist.

    Der Nachsatz zu Tissot ist nicht Bestandteil des Briefes, sondern Kommentar der französischen Redaktion. Die Zuschreibung muss wohl missverständlich wegen des Druckbildes in der Nautilus Nr. 23 entstanden sein. Vernes Brief endet mit der Unterschrift, wie ich aus einer Photokopie des 1976 versteigerten Originals ersehen konnte, und entspricht auch sonst dem Abdruck

    Vielleicht ist es doch umgekehrt gewesen... Nachdem ich die wesentlichen großen Pariser Tageszeitungen durchgegangen bin, habe ich keine Wiedergabe des Briefes vor dem 9. Januar 1891 gefunden. Es ist ja eigentlich logisch, dass die Veröffentlichung von Vernes Brief auf den Empfänger zurückgeht, und nicht auf Verne (der die Antwort des Deutschen bereits im Jahr zuvor herausgegeben hatte). Da der Text seines Briefes in der deutschen Zeitung auch auf Französisch erfolgte, ist es durchaus möglich, dass die frz. Zeitungen just darauf angesprungen sind und abgeschrieben haben. Ein Hinweis ist die Veröffentlichung des Briefes in der Zeitung Petit Journal vom 9. 1., in dem die Wiedergabe des Briefes auf den Korrespondenten der Zeitung mit Hinweis auf "Berlin, 8. Januar" bezogen wird. Mal schauen, ob die Wiedergabe in der Danziger Zeitung die erste ist oder es eventuell noch einen früheren Abdruck gibt... Dass der Brief zuerst in einer deutschsprachigen Zeitung erschienen ist, damit hätte ich nun nicht gerechnet!

    Norbert: dass Vernes Brief in der Danziger Zeitung zwei Tage vor dem ersten bislang bekannten Abdruck von Vernes Brief in einer frz. Zeitung (Le Progrès de la Somme, Amiens, 9. 1. 1891) erschienen ist, kann man als Hinweis darauf werten, dass der Brief zuvor bereits in einer überregionalen frz. Zeitung abgedruckt worden ist, auf die sich die deutschen Übersetzungen beziehen und die es noch zu identifizieren gilt. Die Zeitungen haben damals gewohnheitsgemäß voneinander abgeschrieben, was die Anzahl der Nachdrucke erklärt.

    Ausschließen kann man schon mal als Quelle Le Temps, wo am 11. 1. 91 "nur" eine Zusammenfassung des Briefes erschienen ist.

    Auch ich danke für die schnelle Antwort! Ich denke, dass die Übersetzung der Listen der Unterseebewohneri einen Gutteil der Übersetzungsarbeit beansprucht haben, da sie häufig nur durch Konsultation (und vorheriger Identifikation) von Vernes Quellen möglichst ist und sich in Vernes Original eine Menge Transkriptionsfehler eingeschlichen haben. Mit Googlen ist es da in vielen Fällen nicht getan. Ironischerweise sind diese rechercheaufwändigen Passagen gleichzeitig diejenige, die von den meisten Leseri - vermutlich damals wie heutzutage - nur allzu gern übersprungen werden. Zu Unrecht, wie ich meine, aber spannungstragend sind sie nun warhaftig nicht!

    Auf jeden Fall scheint mir die Ausgabe interessant, um registriert zu werden, auch wenn ich der Meinung bin, dass es anstrenger und aufwändiger ist, eine alte Übersetzung inhaltlich und stilitisch zu renovieren, als ganz neu zu übersetzen.

    Könnte mir jemand vielleicht Titel und Seitenzahlen (von... bis...) des Nachworts der neuen Ausgabe nennen, damit ich die Ausgabe in meine alljährlich erscheinende Verne-Bibliografie des Bulletin de la Société Jules Verne aufnehmen kann ? Herzlichen Dank im voraus. Ist der Text selbst mit Anmerkungen versehen?

    Richtig, es handelt sich um eine auf knapp zwei Stunden zusammengekochte Fassung. Ich habe zwar an dem angeführten Kolloquium (über die politischen Aspekte bei Jules und Michel Verne) teilgenommen, hatte aber leider die Kinovorführung knapp verpasst...

    Ohne Werbung in eigener Sache machen zu wollen (am Verkaufserlös der Bücher bin ich eh nicht beteiligt): Exemplare sind - falls Interesse besteht - nach meiner Erfahrung günstiger direkt bei der Bibliothek Wetzlar zu erwerben als im Online-Handel. Prüfung kann natürlich trotzdem hilfreich sein. Mit 16 € ist das dicke Büchlein aber wirklich nicht zu teuer.

    Auch wenn seit der Veröffentlichung 23 Jahre vergangen sind und viele neue Publikationen nicht berücksichtigt werden konnten, gibt das Buch immer noch einen guten und zum Teil kommentierten Überblick über das, was über JV veröffentlicht worden ist und wo man es in öffentlichen Bibliotheken einsehen kann. Vieles "Altes" ist immer noch aktuell und zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Viele neue Publikation sind gerade deshalb peinlich, weil sie das bereits Veröffentlichte nicht kennen und meinen, das Rad immer wieder neu erfinden zu müssen.

    Wolfgangs Bibliografie(n) sind veröffentlicht worden und ihrerseits zumindest in meiner Bibliografie verzeichnet. Die sollte man natürlich als Interessierter in Sachen Verne kennen und benutzen:

    VD: Bibliographischer Führer durch die Jules-Verne-Forschung 1872-2001. Schriftenreihe und Materialisen der Phantastischen Bibliothek Wetzlar, 2002, S. 36-37

    Wolfgangs Bibliografien sind erschienen in Loseblattsammlungen des (inzwischen wohl nicht mehr existenten) Corian Verlags Heinrich Wimmer, verfügbar in zahlreichen Bibliotheken, die in meine Bibliografie aufgelistet sind