Museum für Kommunikation: Auf Reise mit Jules Verne
Von Meike Kolodziejczyk
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Mehr als nur Handgepäck: Damen-Reisetasche um 1900. Foto: Museumsstiftung Post und Telekommunikation
In der neuen Ausstellung „In 80 Dingen um die Welt“ umrundet das Frankfurter Museum für Kommunikation die Erde – und wirft ein Licht auf die sich anbahnende Globalisierung im 19. Jahrhundert.
Ein Globus findet sich in jeder Ecke, jedem Winkel, jeder Vitrine. Groß, klein, aus Messing, aus Porzellan, gestützt von Giganten, umschwirrt von Maiden, als Propaganda-Nippes, als Tintenfass. Und auf jeden Fall als Symbol, als immer wiederkehrendes Ding. „Das Ding unter Dingen“, formuliert es Manuel Gogos. Das Symbol für den Zugriff des Menschen auf die Welt. Oder – positiv formuliert – für das im 19. Jahrhundert aufkommende Reisefieber und Interesse an anderen Erdteilen, wesentlich beeinflusst durch die technischen Entwicklungen dieser Zeit.
Denn darum dreht sich die neue Ausstellung im Frankfurter Museum für Kommunikation (MFK), die heute eröffnet wird. Es geht um die Weltreise des englischen Exzentrikers Phileas Fogg und seines französischen Dieners Passepartout, die Jules Verne in seinem am 28. März 1872 begonnenen Roman „In 80 Tagen um die Welt“ geschildert hat. Das Buch liefert die Stichworte und damit das Inventar für die Schau „In 80 Dingen um die Welt“.
Das 19. Jahrhundert bilde „die unmittelbare Vorgeschichte unserer Gegenwart“, sagt Gogos. Das, was wir heute als Globalisierung und Vernetzung der Welt begreifen, habe sich „alles damals angebahnt“, mit der Industrialisierung, dem Kolonialismus, neuen Handelswegen, Erschließungen, Erfindungen und Errungenschaften, die die Welt „zusammenschrumpfen“ ließen.
Der Suez-Kanal, die Vereinheitlichung der Zeit, die Verlegung des ersten Transatlantikkabels, das Telefon – all das entstand etwa in der Zeit, in der Jules Verne „In 80 Tagen um die Welt“ schrieb. Genau wie das Reichspostmuseum und der Weltpostverein. Deren Gründung sowie der Ausbau der Kommunikationswege, hat maßgeblich Heinrich von Stephan als Generalpostdirektor vorangetrieben. Er ist neben Jules Verne der zweite Protagonist der Ausstellung. MFK-Direktor Helmut Gold spricht mit Blick auf dessen Verdienste und die damalige Entwicklung von einer „beschleunigten Globalisierung“, von einer „beschleunigten Welterfahrung durch Vermessung und Vernetzung der Welt“.
Vernes Romanfigur Phileas Fogg habe bei seiner Reise „alles genutzt, was damals möglich war“. Der in Folge einer Wette ausgelöste Trip stelle quasi eine „Machbarkeitsstudie“ dar, sagt Kurator Gogos, in einer Epoche, in der auch eine „ganz spezifische Dingwelt“ aufgetaucht sei. Dinge wie ein Reiseschreibset im messing-beschlagenen Holzkoffer, ein klappbarer Militärschreibtisch, ein Spazierstock mit eingebautem Kompass, ein Schmuckanhänger aus einem Stück des ersten Transatlantikkabels oder der „Bradshaw’s Overland Guide to India“ mit sämtlichen Fahrplänen der interkontinental-europäischen Eisenbahnen. Und Dinge wie Land- und Weltkarten. Und Globen, darunter das Exemplar, das einst Jules Vernes Schreibtisch zierte.
80 Dinge, die inhaltlich oder zeitlich im Kontext zu „In 80 Tagen um die Welt“ stehen, sind in der mit historischen Foto- und Lithografien ergänzten Schau zu sehen. Jede Station des Romans, vom Londoner Salon über Paris, Indien, China, Japan und Amerika, wird mit Objekten der Museumssammlung und Themen der Zeit verwoben. Der Rundgang endet im Arbeitszimmer von Heinrich von Stephan.
Vom Schreibtisch aus reisen
Getroffen haben sich dieser und Jules Verne mutmaßlich nie. „Sie hatten aber offenbar ein gemeinsames Band: den Zeitgeist“, erläutert Gogos den Grund, aus dem die beiden „Visionäre“ in einer Ausstellung zusammengebracht wurden. Visionäre, die sich in einer Welt der Kolonialisierung und beginnenden Globalisierung sehr unterschiedlich bewegten: Während Heinrich von Stephan aufgrund seines Amtes viel reisen musste, hat Jules Verne seinen französischen Heimatort kaum verlassen.
Die Ausstellungsmacher sehen eine Parallele zwischen der Ära des „viktorianischen Internets“, in der sich die Welt durch die Lektüre von Zeitungen, Illustrierten und Büchern erschließen ließ, und heute. Um die Erde zu umrunden, müsse man Schreibtisch oder Sofa schließlich nicht mehr verlassen, sondern nur den Computer anwerfen, sagt Kurator Manuel Gogos, frei nach dem Motto: „ In 80 Klicks um die Welt.“
Die Ausstellung
„In 80 Dingen um die Welt. Der Jules Verne Code“ lädt vom 25. März bis zum 30. August im Museum für Kommunikation Frankfurt, Schaumainkai 53, zu einer Reise um den Globus und durch die Zeit ein.
Eröffnung ist am Mittwoch, 25.3., 19 Uhr, mit Musik von Ruth Zetzsche und dem Pianisten Werner Fürst.
Zu sehen ist die Ausstellung dienstags bis freitags von 9 bis 18 Uhr, samstags, sonntags und feiertags von 11 bis 19 Uhr.
Der Eintritt kostet für Erwachsene und Jugendliche ab 16 Jahren 3 Euro, für Kinder ab 6 Jahren 1,50 Euro, für Gruppen ab zehn Personen ist der Eintritt freitags frei.
Neben einem Begleitprogramm zur Ausstellung gibt es ein Begleitbuch für 19,90 Euro. myk
Infos: www.mfk-frankfurt.de
Quelle: http://www.fr-online.de/freize…rne,1474298,30213708.html