Polizei darf Computer nicht heimlich durchsuchen

  • BGH stoppt "Kommissar Trojaner"


    Heimliche Online-Durchsuchungen durch die Polizei sind unzulässig. Dies entschied der Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Die Durchsuchung der im Computer eines Beschuldigten gespeicherten Daten sei nicht durch die Strafprozessordnung gedeckt. Diese erlaube nur eine offene Durchsuchung, hieß es zur Begründung. Damit wurde der Antrag von Generalbundesanwältin Monika Harms abgelehnt, die den Computer eines mutmaßlichen Islamisten heimlich überprüfen lassen wollte.


    Mit dem Urteil bestätigte der BGH die Bedenken eines seiner Ermittlungsrichter, der bereits im November verkündet hatte, dass die bisherigen gesetzlichen Grundlagen für das heimliche Ausforschen von Computerfestplatten nicht ausreichten. Hausdurchsuchungen liefen offen und in Anwesenheit des Betroffenen ab, während das Ausspähen von Daten mittels so genannter Trojaner heimlich vor sich gehe, lautete seine Argumentation. Der Richter verglich solche Maßnahmen mit dem "großen Lauschangriff", weil die gespeicherten Daten oft ähnlich vertraulich seien wie eine Unterhaltung in der eigenen Wohnung. Auch mit einer Telefonüberwachung könne die Online-Durchsuchung nicht verglichen werden, da laut Bundesverfassungsgericht bereits abgespeicherte Daten nicht mehr Teil der Telekommunikation sind.


    Regierung will fehlende gesetzliche Bestimmung ergänzen


    Die Entscheidung ist brisant, weil das Bundesinnenministerium erst vor kurzem die technischen Voraussetzungen für Online-Durchsuchungen beim Bundeskriminalamt verbessern wollte. Damit sollte unter anderem die Aufklärung möglicher Terrorplanungen verbessert werden. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble sprach sich nach der Urteilsverkündung dafür aus, rasch eine Rechtsgrundlage für verdeckte Online-Ermittlungen zu schaffen. Die Strafverfolgungsbehörden müssten auch auf diese Weise ermitteln dürfen.


    Die FDP begrüßte das BGH-Urteil. Eine Online-Durchsuchung übersteigt in der Intensität des Eingriffs den großen Lauschangriff", sagte die Rechtsexpertin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Dies sei ein schwerwiegender Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.


    Stand: 05.02.2007 12:05 Uhr
    Quelle: [URL=http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID6377288_NAV_REF1,00.html]tagesschau.de[/URL]


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    Ich hätte auch nicht verstehen können wenn es anders gekommen wäre.
    Nur jetzt wird wieder an den Gesetzen rumgefuscht um so ein Schlupfloch zu schaffen und doch noch die Erlaubnis zu bekommen. X(

  • Polizei setzt weiter auf "Kommissar Trojaner"


    Der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Zierke, hat nach dem vom Bundesgerichtshof (BGH) verhängten Verbot heimlicher Online-Durchsuchungen von Computern eine schnelle Rechtsgrundlage gefordert. Die Polizeipraxis benötige zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus und der organisierten Kriminalität auch die Online-Durchsuchung, sagte Zierke im Deutschlandradio Kultur. Die Menschen in Deutschland müssten nicht davor Angst haben, "jetzt durch den Staat in einer Weise überwacht zu werden, die nicht den Rechtsgrundsätzen entspricht. 99,9 Prozent der Menschen werden von dieser Maßnahme überhaupt nicht betroffen sein", sagte der BKA-Chef. Man müsse mit dem technischen Fortschritt Schritt halten können, wenn "skrupellose Kriminelle" ins Internet auswichen und dort ihre kriminellen Handlungen vorbereiteten.


    Konventionelle Methoden nicht mehr effektiv?


    Die Online-Durchsuchung sei unerlässlich für die Strafverfolgung, so Zierke weiter. "Das Internet ist das entscheidende Kommunikationsmittel des internationalen Terrorismus und die Szene arbeitet hoch konspirativ, das heißt sie arbeitet verdeckt, sie verschlüsselst, anonymisiert." Für die polizeiliche Arbeit sei heute das Eindringen in die Milieus mit verdeckten Ermittlern "fast unmöglich".


    Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte den Gesetzgeber auf, eine klare Rechtsgrundlage zur Nutzung dieser "modernen Form der Kriminalitätsbekämpfung" zu schaffen. "Wir brauchen diese Form der Kriminalitätsbekämpfung, um wirklich die Schwerstkriminalität effektiv bekämpfen zu können und die Menschen zu schützen", sagte GdP-Chef Konrad Freiberg ebenfalls im Deutschlandfunk. Zur Bekämpfung beispielsweise von Terrorismus oder von Kinderpornografie sei man darauf angewiesen, Computer auszuforschen, unterstrich Freiberg. Dies müsse natürlich unter strengen rechtsstaatlichen Kriterien wie etwa bei der Telefonüberwachung erfolgen.


    SPD warnt vor Aktionismus


    SPD-Politiker forderten hohe gesetzliche Hürden für die polizeiliche Überwachung privater Computer. "Online-Durchsuchungen müssen die Ausnahme bleiben", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, der "Berliner Zeitung" und fügte hinzu: "Der private Lebensbereich muss ein absolutes Tabu sein." Zudem dürften die Ermittler dieses Instrument nur auf Anordnung eines Richters anwenden. Darüber hinaus müsse der Verdächtige benachrichtigt werden, skizzierte der SPD-Politiker die Anforderungen an ein Gesetz.


    Sein SPD-Parteifreund, der schleswig-holsteinische Innenminister Ralf Stegner, warnte vor Schnellschüssen. "Gesetzgeberischer Aktionismus ist nicht angebracht", sagte Stegner demselben Blatt. Es müsse sorgsam mit den Rechten der Bürger umgegangen werden. Es könne nicht darum gehen, Freiheiten immer stärker zu beschränken. Der Landesinnenminister verwies darauf, dass die Polizei bereits jetzt über viele Möglichkeiten verfüge, Straftaten im Internet, wie etwa Kinderpornografie, zu verfolgen.


    Stand: 06.02.2007 09:59 Uhr
    Quelle: [URL=http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID6377288_TYP6_THE_NAV_REF1_BAB,00.html]tagesschau.de[/URL]


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    Zitat

    Darüber hinaus müsse der Verdächtige benachrichtigt werden,


    Sehr sinnvoll bei der Bekämpfung von Terrorismus :rolleyes:

  • Zitat

    Original von Tatzelwurm


    Sehr sinnvoll bei der Bekämpfung von Terrorismus :rolleyes:


    Das wird wahrscheinlich ähnlich gemeint sein wie bei der Telefonüberwachung. Da muss erst hinterher benachrichtigt werden. Allerdings wird auch das trotz gesetzlicher Vorgabe selten gemacht, also denke ich dass die Benachrichtigungsklausel bei der Online-Überwachung in der Praxis ebenso ignoriert wird.