Red Bulls "amerikanisierte" Vorschau

  • 14. Juni 2007 - 09:10 Uhr

    Red Bull lässt in der Vorschau nicht seine Fahrer sprechen sondern man macht sich lieber über den NASCAR-Sport in den USA lustig


    (Motorsport-Total.com) - "Wo kommt ihr denn alle her?", so lautete die allgemeine Frage an die Crews der Teams Red Bull Racing und Toro Rosso, die in der Lobby ihres Hotels in Indy abhingen, während die in Kanada eingeschmutzte Team-Kleidung unvermeidlich in den Tiefen der örtlichen Reinigungen als Irrläufer unterwegs war. "Oh, England - das liegt in der Nähe von Europa, stimmt's? Sicherlich sprecht ihr gut Englisch!"


    Gewisses geographisches und sprachliches Unwissen ist in den USA an der Tagesordnung. Das gilt ganz besonders in diesem Landesteil, der irgendwo in der Mitte der riesigen Landmasse liegt. Mehr Toleranz erfordert die Unkenntnis, die unseren Sport betrifft. "Ihr seid wegen des Grand Prix hier?" Welcher Grand Prix? Formel 1? Was ist das denn für eine Serie? Fahren die Earnhardts auch mit? Sind das Serienautos oder getunte Wagen?"


    Der Grand-Prix-Sport der Formel 1 mag eine lange und ehrbare Geschichte in den Vereinigten Staaten haben, und die Nation brachte mit Phil Hill und Mario Andretti sogar schon Weltmeister hervor. Aber ehrlich gesagt ist die Sportart in diesem Teil Nordamerikas bisher kein Publikumsmagnet.


    Weshalb? Nun, eine der Ursachen ist die Tatsache, dass die USA die NASCAR haben - eine Serie, die deutlich weniger kompliziert und gelegentlich recht spektakulär ist. Während die Formel 1 der modernsten Technologie für Rennwagen mit freistehenden Rädern entspricht, ähneln die Fahrzeuge der NASCAR optisch ganz normalen Straßenautos.


    Obwohl sie ungefähr viermal so viel wiegen wie ihre Formel-1-Verwandtschaft, bringen sie es dank der Power altmodischer, aber kraftvoller Achtzylinder auf Spitzengeschwindigkeiten von gut 320 km/h. Beide Serien gibt es seit über einem halben Jahrhundert. Seit Jahresbeginn hat Red Bull Standbeine in beiden Championaten: Mit Red Bull Racing und der Scuderia Toro Rosso im Formel-1-Lager, und mit dem Team Red Bull in der NASCAR.


    Aus Sicht derjenigen, die in der Formel 1 arbeiten, erscheint vieles aus der NASCAR-Szene geradezu furchterregend. Das gilt beispielsweise für die Anzahl der Rennen pro Saison - in der NASCAR gibt es ungefähr zweimal so viele Meisterschaftsläufe wie bei uns. Oder die Boxenstopps: Nur sieben Mechaniker dürfen sich um das Auto kümmern, und die benötigen ungefähr 14 Sekunden zum Tanken, Wechseln der Reifen und eventuellen kleinen Einstellarbeiten.


    Die Namen der Fahrer enden oft mit Junior, und einer heißt tatsächlich Dick Trickle! Doch am einem halben Jahrhundert. Seit Jahresbeginn hat Red Bull Standbeine in beiden Championaten: Mit Red Bull Racing und der Scuderia Toro Rosso im Formel-1-Lager, und mit dem Team Red Bull in der NASCAR.


    Doch am fürchterlichsten - noch fürchterlicher als zu viert nebeneinander über ein Superspeedway-Oval zu brettern - ist die Tatsache, dass dem Publikum erlaubt wird, ins Fahrerlager zu gehen, um sich die Rennwagen aus der Nähe anzuschauen.


    Verrückt! Aber es scheint, als sei die wichtigste Lektion, die die Formel 1 von der NASCAR lernen kann, Humor und Selbstironie zu haben. Fahnden Sie einmal mittels einer Internet-Suchmaschine und geben das Stichwort "Formel-1-Humor" ein. Viel werden Sie nicht finden. In der amerikanischen Serie schwelgt man hingegen in Ironie. Kostprobe gefällig?


    Die zehn Gebote des Autorennsports:
    10) Die Anzahl der Massenkarambolagen, in die man verwickelt wird, entspricht proportional der Häufigkeit des Spruchs: "Ich glaube, heute wird alles gut gehen."
    9) Du kommst nur gerade dann an die Spitze des Feldes, wenn du gerade Sprit brauchst.
    8) Wenn ein Reifen eigene Vorstellungen von der Fahrtrichtung entwickelt, dann wird er die realisieren.
    7) Kein Teil des Autos bricht während Testfahrten - das geschieht nur in den Rennen.
    6) Der Fahrer hinter dir ist stets derjenige, dem du in der Vorwoche ins Heck gefahren bist.
    5) Das Ersatzteil, das du nicht mitgenommen hast, ist exakt das, das du benötigst.
    4) Die Anzahl der Runden, die dich vom Ziel trennen, liegt immer um eine über der Gesamtzahl, für die du noch Benzin im Tank hast.
    3) Das gute Auto deines Teams wird zu Schrott gefahren. Das schlechte kommt mit zwei Runden Rückstand ins Ziel.
    2) Auf Strecken, auf denen Du von der Bahn fliegst, ist die Begrenzungsmauer am Pistenrand stets ganz besonders hart.
    Und das Erste Gesetz des Autorennsports lautet...
    Eine Massenkarambolage von zehn Autos ereignet sich niemals "hinter" dir!


    Sogar die Fahrer selbst machen sich über sich lustig. Das beweist die Antwort des legendären Dale Earnhardt auf die Frage, weshalb er so lange brauchte, um endlich ein Top-Event der NASCAR, die Daytona 500, zu gewinnen: "Erst nach 19 Jahren stellte ich fest, dass ich zuvor immer mit angezogener Handbremse unterwegs war."


    Mal sehen, was es an diesem Wochenende in Indy zu lachen gibt.