Bohlen: „Musik-Downloads endlich freigeben!“

  • Plattenbosse haben ab sofort ein neues Feindbild: Ausgerechnet Geldgeier Dieter Bohlen sagte in einem ZDF-Interview, die harte Strafverfolgung von Jugendlichen sei „absoluter Schwachsinn“. Mehr noch: Nichts spreche gegen kostenlose Musikdownloads. Warum Dieter Bohlen Recht hat - aber eben auch nicht…


    Was ist passiert?


    Nachdem Madonna vor kurzen mit dem Mega-Konzern Warner gebrochen hat, ist Erfolgsproduzent Dieter Bohlen nachgezogen. Er kritisierte das fast schon maßlose Vorgehen der deutschen Plattenindustrie gegen den illegalen Musikdownload – und damit eigentlich gegen Kinder und Jugendliche. In einem bisher nie da gewesenen Umfang wurden 2007 Strafanträge mit hohen Geldforderungen an die Musiktauscher gestellt.

    SWR3-Standpunkte:


    „Dieter Bohlen hat Recht“

    ...meint SWR3-Online-CvD Stefan Scheurer


    Was hat schwere Körperverletzung mit illegalem Musikdownload zu tun? Offenbar viel, denn die Musikindustrie will ähnlich viel „Schmerzensgeld“. Das wundert inzwischen auch manch Staatsanwälte, die dieses Vorgehen boykottieren. Grund: Unverhältnismäßig. Und dennoch ist der Schaden verheerend, den die Plattenindustrie ihrerseits anrichtet. Denn ein Gerichtsverfahren kann sich eine Familie genauso wenig leisten, wie 5.000 oder 10.000 Euro, um die (zweifellos bestehende) „kleine Dummheit“ der Kids auszubaden.

    Bohlen:
    „Du kannst doch den Leuten nicht sagen ‘Hier hast Du einen Hammer, aber jetzt hau bloß den Nagel nicht in die Wand.’


    Dieter Bohlen bringt es damit auf den Punkt: Die Wirtschaft hat mit Internet und MP3 die Möglichkeiten zum Tauschen geschaffen – allerdings ohne juristische Bedienungsanleitung. Und die Plattenindustrie hat MP3 lange verschlafen (ist also ein Stück weit an der Entwicklung auch selbst schuld). Ja, richtig ist, dass Musik Geld kosten muss wie Brot und Benzin. Aber bitte: Reißt Euch mal am Riemen. Mit horrenden Geldforderungen ganze Familien in den Ruin zu zwingen, steht der Musikindustrie nicht zu. Hoffentlich beginnt endlich ein Denkprozess.

    „Dieter Bohlen macht es sich viel zu einfach“

    ...meint SWR3-Musikredakteur Thomas Müller


    Niemand will Kids kriminalisieren oder ihnen das Geld aus der Tasche ziehen, aber Stars wie Bohlen machen es sich einfach. Sie können leicht auf einen Teil ihrer Einnahmen verzichten. Die Musikindustrie braucht dagegen dieses Geld, um Nachwuchsbands zu finanzieren und zu fördern. Am Karrierestart stehen erst mal die Kosten für Studio, Produktion, Werbung usw. Solche Vorfinanzierungen rechnen sich nur dann, wenn man Stars unter Vertrag hat, die Gewinne erzielen. Denn nicht jeder Newcomer startet durch und trägt sich selbst. Durch die Einnahmeverluste wegen illegaler Downloads verlieren die Musikunternehmen immer mehr die Grundlagen, Talente zu fördern. Und damit schießt sich der Musikfan letztlich selbst ins Knie: Weniger Förderung bedeutet weniger Produktionen und am Ende des Tages weniger Auswahl.


    SWR3.online