Cody McFadyen: Die Blutlinie


  • Smoky Barrett - eine hervorragende FBI-Agentin - hat Schreckliches erlebt: Durch einen brutalen Mörder verliert sie nicht nur ihren geliebten Mann, sondern auch ihre kleine Tochter. Sie selbst trägt von dem brutalen Überfall hässliche Wunden in Gesicht und am ganzen Körper davon. Doch die Verletzungen ihrer Seele sind weitaus schlimmer: Seit Wochen verlässt sie ihre Wohnung nicht mehr, starrt die Wände an und lässt sich von Selbstzweifeln und -vorwürfen zerfressen. Die Brutalität und Menschenverachtung, die ihr selbst immer wieder in ihrem Berufsleben begegnet sind, musste sie somit schmerzlich an ihrem eigenem Leib erfahren. An ihre Weiterarbeit als Leiterin ihres Ermittlungsteams ist nicht mehr zu denken. Einzig ihre psychiatrische Behandlung führt sie fort. Die Therapie hält sie gerade noch von einem Selbstmord ab.


    Doch dann passiert etwas, dass Smoky - ich möchte sie bei ihrem Namen nennen, denn irgendwie ist sie mir im Laufe des Lesens ans Herz gewachsen - aus ihrer Lethargie und ihrer Lebensmüdigkeit reißt: Ihre beste Freundin wird auf geradezu bestialische Art und Weise ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden. Sie lässt ihre kleine Tochter Bonnie schwer traumatisiert zurück: Das Kind spricht seit dem kein einziges Wort mehr.


    Smoky ist die Patentante der kleinen Bonnie und nimmt das Kind ohne zu zögern, aber mit großen Zweifeln, ob sie der Aufgabe gewachsen ist, bei sich auf. Sie kehrt in den Dienst des FBI zurück, um den Täter, der ihrer Freundin das Leben genommen hat, zu fassen. Dieser hat sich mittlerweile an das FBI gewandt: Er nennt sich Jack Junior und behauptet ein direkter Nachfahre des legendären Jack the Ripper zu sein. Das Team um Smoky, die glaubt durch die Suche nach dem Mörder, ihre Vergangenheit bewältigen zu können, nimmt die fieberhafte Jagd nach Jack Junior auf. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, denn der Täter verfolgt - von einer unglaublichen Obsession besessen - ein grausames Ziel: Weitere grausamen Morde werden und sollen folgen.


    „Wenn Ihnen dieses Buch keine Angst macht, sollten Sie ihren Arzt aufsuchen.“ (New York Times)


    Normalerweise kann ich bei so einer Empfehlung auf einem Buchrücken nur müde lächeln. In diesem Fall sollte man die Warnung aber wirklich ernst nehmen: Das Buch gehört zu denen, die noch lange Zeit „nachklingen“, auch wenn man es schon seit einiger Zeit aus der Hand gelegt hat. Nicht die Beschreibung der blutigen Taten, sondern die saubere psychologische Betrachtung der Charaktere - insbesondere die von Smoky Barrett - machen nachdenklich. Als Fan von Hakan Nesser, Fred Vagas und Stieg Larsson sollten mich solche Bücher eigentlich gar nicht ansprechen. Aber dieses hat die Qualität zum Verbleib in meinem Bücherregal und wird sicherlich nicht in einem der Aktionshäuser des WWW landen.


    Mein Fazit:
    Das Buch war eines von der Sorte, nach dem eigentlich jeder sucht: ein Buch, an das man im Laufe des Tages immer wieder denken muss und man wartet schon sehnsüchtig darauf, es wieder in die Hand nehmen und weiter lesen zu können. Auch wenn man an der einen oder anderen Stelle wirklich die Luft anhalten muss und man am liebsten die Augen zumachen möchte, ob der Beschreibungen der schrecklichen Szenen. Einen Rat sollten Sie doch unbedingt befolgen: Stellen Sie unbedingt sicher, dass Sie, während Sie das Buch lesen, nicht allein zu Hause und dass alle Fenster und Türen fest verschlossen sind. (Anette Frisch)


    Cody McFadyen: Die Blutlinie
    Kartoniert | Thriller. Bastei Lübbe | ISBN 978-3-404-15853-9| 8.95 Euro