Jules Verne - Die fünfhundert Millionen der Begum [WDR]

  • Genre: Abenteuer
    Label: Radio - WDR
    Laufzeit: . ca. 58 Min
    Erscheinungsjahr: 1968


    Inhalt:
    „... 500 Millionen, das Vermögen einer indischen Prinzessin, warten auf einen Erben: Als Erbfolger wird der „nette“ französische Arzt Dr. Sarrasin ermittelt, der sein Glück noch gar nicht fassen kann. Sofort schmiedet er große Pläne: Er möchte mit dem Geld eine moderne und blühende Stadt, nach streng hygienischen Gesichtpunkten errichten. Doch plötzlich meldet sich noch jemand, der Anspruch auf die Millionen erhebt: Es ist der deutsche Professor Schultze. Auch er ist voller Pläne und auch er will eine Stadt bauen. Doch diese steht völlig konträr zu den Vorstellungen des anderen Erben: Schultze baut ein Stahlimperium auf, eine Industrieansiedlung nach Krupp'schen Muster: Waffenschmiede für Geschütze und Kanonen.


    Nach kurzer Zeit sind die Pläne Realität geworden: Der sauberen und idealisierten Stadt France-Ville steht in unmittelbarer Nähe der düstere und Unheil verkündende Ort Stahlstadt gegenüber. Es dauert nicht lange und ein Konflikt bahnt sich an. So verwundert es auch nicht, als Schultze eine Riesenkanone mit einem geheimnisvollen Geschoss auf seinen vermeintlichen Gegner richtet - der Musterstadt droht Gefahr. ...“


    Quelle: http://www.j-verne.de/verne26.html



    Kritk:
    Mit den wunderbaren Reiseerzählungen des Jules Verne hat diese Geschichte überhaupt gar nichts mehr zu tun. Dunkel und düster beschreibt der Autor der Erfolgsgeschichten wie "20.000 Meilen unten dem Meer" oder "in 80 Tagen um die Welt" in diesem Hörspiel die zur erschreckenden Realität gewordene Vision eines durch und durch preußisch-militärischen Geistes.


    Der Deutsche Prof. Schultze errichtet mit der Hälfte der dem Hörspiel den Titel gebenden 500 Millionen (Franc) der Begum ein Imperium. Eine Stadt aus Stahl, in der Kanonen jeglicher Größe und Stärke hergestellt werden. Mit der größten und stärksten seiner Waffen will er die ganz konträr zu seinem Stahlimperium mit der anderen Hälfte der Millionen der Begum durch den Franzosen Sarrasin aufgebaute "Musterstadt" - France-Ville - zerstören....


    Ein Unterfangen, das den Bewohnern von France-Ville durch einen bei Schultze eingeschleusten Spion bekannt wird. Nur, es bleibt zu wenig Zeit auf die unausweichlich tödliche Gefahr zu reagieren. Und Schultze ist kein Mann, mit dem man verhandeln könnte....


    ...


    Das Hörspiel wirkt in der Beschreibung des deutschen Professors und in der sich hierin manifestierenden Charakterisierung
    typisch deutscher Denk- und Verhaltensmuster fast schon visionär. Entlarvt es doch den Gelehrten als durch und durch faschistoide Persönlichkeit, die ihrem neurotischen Drang nach Perfektionismus durch eine auf Gewaltausübung und endgültige Vernichtung hin ausgerichtete Forschungsarbeit Ausdruck verleiht.


    Wie leicht lässt sich hier der Führer des späteren nationalsozialistischen Deutschlands wieder erkennen, der mit der gleichen Besessenheit wie Prof. Schultze in Bezug auf den ausgemachten Gegner "endgültige Lösungen" fordert und diese im Rahmen menschenverachtender Verbrechen auch umsetzt....


    ...


    Es ist die Tumbheit des Charakters des deutschen Professors, es ist die Kleingeistigkeit des Schultze, die diese Rolle für Hörspielunterhaltung zumindest meiner Meinung nach vollkommen unbrauchbar erscheinen lässt. Der Typ ist in seinen Verhaltensweisen und in seinem Wahnsinn einfach vorhersehbar und kalkulierbar und damit äußerst langweilig. Wo bitte bleibt hier die Skurrilität eines Phileas Fogg, das Mysterium eines Kapitän Nemo, das Visionäre eines Prof. Lidenbrock? Wo bitte sind hier die den genannten Helden zuarbeitenden, als Sympathieträger fungierenden "Handlanger"? Sie fehlen. Ebenso wie die Helden. Schade!


    Was bleibt ist ein an sich ist spannender Plot. Immerhin will man erfahren, ob und wenn ja wie der herrschsüchtige deutsche Akademiker sein Vorhaben umsetzt. Dem Fazinosum Jules Verne wird diese Story jedoch kaum gerecht.


    Fazit:
    Eine Jules Verne Geschichte der anderen Art. Spannend - sicher. Aber auch düster und dunkel und in diesem Sinne sicher nichts für erwartungshungrige Fans der "typischen" verneschen Unterhaltung!
    Gut
    _________



    Ich suche folgende Hörspiele:


    - Doktor Ox, WDR 1968 59 Min
    - Ewiger Frühling, Chaos und Kunst, SFB/HR 1981 122 Min.
    - Frrit-Flacc, SFB 1993 30 Min
    - Das Karpathenschloß (3 Teile), DRS 1993 78 Min
    - Keraban, der Starrkopf, DRS 1989 46 Min
    - Die Kinder des Kapitäns Grant, Phonogram 1966 55 Min
    - Reise zum Mittelpunkt der Erde, DRS 1986 70 Min
    - Ein Tag aus dem Leben eines amerikanischen Journalisten, WDR 1968
    45 Min

  • Mensch, Olli, Du bist ja richtig fleissig! :]
    Auch hier schreibe ich es gerne noch mal:


    Ja, ein düsterer Verne...
    Mir hat das Hörspiel sehr gut gefallen. Zu erwähnen wäre noch:
    Sprecherliste:
    Ursula Langrock
    Kurt Fahre
    Iris Garg
    Manfred Heitmann
    Kurt Lieck
    Hermann Motschack
    Lothar Ostermann
    Christof Kwest
    Alwin Michael Rüffler
    Hans Peter Thielen
    Michael Thomas


    Musik Harald Banter
    Bearbeitung Dieter Rohkohl
    Regie Otto Düben


    Zu Deiner Suchliste:
    "Ewiger Frühling, Chaos und Kunst, SFB/HR 1981 122 Min." ist kein Hörspiel, sondern ein Beitrag, den ich beim HR mal angefragt hatte. Er ist auch nur 22 Minuten lang, nicht 122 Minuten. Kann man für geschenkte 50 € beim HR bestellen... :balla: