»Nemo's War«: Schiffe versenken in der Profivariante

  • Solobrettspiele im Test - Allein gegen das Böse


    Solo am Spieltisch: Ist das nicht irgendwie trostlos? Von wegen! Am Handy oder am Computer daddelt man schließlich auch allein – warum nicht mal unplugged mit schönem Material? Drei Empfehlungen für Einpersonenspiele.

    Von Maren Hoffmann



    Diese Spiele haben wir getestet: »Sherlock Holmes«, »Falling Skies« und »Nemos War« Foto: Maren Hoffmann / DER SPIEGEL


    Viele Leute halten es für ein bisschen nerdig bis extrem kauzig, sich allein mit einem Brettspiel hinzusetzen. Dieselben Leute finden es aber völlig normal, allein am Computer zu spielen. Solobrettspiele bringen nicht nur den Augen Erholung vom ständigen Starren auf Monitore, sondern auch schöne haptische Erlebnisse. Und außerdem das Gefühl von Selbstwertschätzung – so, als würde man sich mal etwas wirklich Schönes kochen und auch den Tisch nett decken, obwohl oder gerade weil man allein ist. Das tut der Seele gut, besonders im Corona-Blues.


    Aber nicht erst seit der Pandemie haben Spieleverlage entdeckt, dass viele Leute ganz gern mal allein spielen. Seit einigen Jahren schon wird auf vielen Spielekartons die mögliche Mitspielerzahl mit »von 1 bis x Spielern« angegeben. Dann findet sich im Regelheft ein eigenes Kapitel für die Solovariante, manchmal gibt es auch Zusatzmaterial und sogar eigene Erweiterungen für Einzelspieler. Auch reine Solospiele kommen immer öfter auf den Markt.


    Die muss man aber nicht zwingend allein spielen – man kann auch gut zu zweit den zentralen Charakter oder die Heldengruppe durch die Widrigkeiten steuern, die das jeweilige Spiel ihm oder ihr in den Weg wirft, über Entscheidungen diskutieren und sich mit Zügen abwechseln. Hier kommen drei Empfehlungen für einen erfreulichen Abend am Spieltisch – ob allein oder zu zweit.


    »Nemo's War«: Schiffe versenken in der Profivariante


    Foto: Maren Hoffmann / DER SPIEGEL


    Wer wäre nicht gern Kapitän Nemo, Befehlshaber der Nautilus, dem umwerfend steampunkigen Hightech-U-Boot 20.000 Meilen unter dem Meer? Chris Taylors »Nemo's War« nutzt die berühmte Romanfigur von Jules Verne als Folie für den vielschichtigen Hauptcharakter, der in einem Drama klassischen Aufbaus Schrecken auf den Weltmeeren verbreitet. Der zentrale Abenteuerkartenstapel hält eine Fülle von Ereignissen bereit – gegliedert in Prolog, drei Akte, Wendepunkt und Finale.


    Doch zunächst muss man sich entscheiden, was einen selbst in der Nemo-Rolle eigentlich antreibt: Ist es Forscherdrang? Kriegslust? Antiimperialismus? Oder doch eher wissenschaftlicher Ehrgeiz? Danach richtet sich die Gewichtung der finalen Siegpunkte – und die Zielsetzung des Spiels.


    Munter schippert die Nautilus auf dem Spielplan durch die Weltmeere und versucht, mit Würfelwürfen zu versenken, was das Pech hat, in die Reichweite ihrer Kanonen zu kommen. Sie sammelt Schätze ein und stiftet Rebellionen an. Dabei riskiert man immer wieder den Bug, die Crew oder Nemos Ruf – so kann man versuchen, Würfelpech zu minimieren. Gewinnen kann nur, wer vorausschauend plant.


    Frosted Games

    Nemo's War

    Inhalt: Für 1 Spieler, ab 12 Jahren

    Ab 80,50 €


    Auf dem Spielbrett häuft sich Material: jede Menge Karten, Plättchen und Skalen. Die Komplexität wirkt auf den ersten Blick etwas einschüchternd, und die 30 Seiten lange, klein gedruckte Anleitung tut wenig, diesen Eindruck zu mildern. Verschwiegen werden sollte auch nicht, dass man sie tunlichst mehr als einmal lesen sollte. Spielfehler sind ärgerlich. Doch wer die Mühe der Einarbeitung hinter sich hat, wird mit einer grandiosen Spieltiefe und einer Vielzahl von taktischen Optionen belohnt, die wirklich fesselnd sind.


    Der Schwierigkeitsgrad des Spiels lässt sich anpassen, und auch wenn die fein justierbare würfelbasierte Mechanik im Kern eine abstrakte ist, gibt es doch viele Faktoren, die das Spiel zu einem thematischen Erlebnis machen: eine schöne Grafik, die sich bis zum Epilogbuch durchzieht, viele Verne-Zitate auf den Abenteuerkarten und eine ungemeine Detailverliebtheit. Von ein paar nautischen Fantastereien abgesehen, zeigen alle Plättchen Schiffe, die es um 1870 wirklich gab – illustriert mit Bildern der tatsächlichen Gefährte. Einzig die Nautilus-Miniatur hätte angesichts ihrer zentralen Rolle ein bisschen weniger sparsam ausfallen dürfen.


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    Quelle: https://www.spiegel.de/tests/b…30-425e-8053-0b5f45497960