Frankreich offenbart sich immer wieder als überaus lohnendes Reiseziel. Spannendes offenbart die Reise entlang der UNESCO-geadelten Region vom Loire-Tal bis zur Atlantikküste: Hier wird historischen Stätten neues, modernes Leben eingehaucht, Kreativität und Kunst viel Freiraum geboten und für alle zugänglich gemacht. Die Ufer der Loire ab Nantes bis zur Mündung am Atlantik als spannende Kunstmeile, eine Erlebnisreise mit täglich neuen Überraschungen.
Tag 1: Angers - Mittelalterlicher Schatz & moderne Kunst
Ausgangspunkt der Reise ist die historische Stadt Angers, ab Paris gut per TGV zu erreichen. Angers war im Mittelalter Hauptstadt der Grafschaft Anjou. Das mittelalterliche Schloss – umgeben von massiven Mauern und 17 Wehrtürmen - zeugt bis heute von der einstigen Macht. „Der größte Schatz aber ist im Inneren“, verspricht unsere kundige Begleiterin Marie. Es ist der Saal mit der sagenhaften „Tapisserie de l'Apocalypse“, dem riesigen, 100m langen Wandteppich aus dem 14. Jahrhundert, der in mehr als 70 großflächigen Bildern apokalyptische Szenen in drastischen Darstellungen zeigt.
Mit den hübschen kleinen Fachwerkhäusern in schmalen gepflasterten Gassen gleicht die mittelalterliche Altstadt einer märchenhaften Kulisse. Am Platz vor der Kathedrale überrascht eine moderne Skulptur als spannender Kontrast. Alte und neue Kunst gibt es dann auch andernorts zu bewundern: Die vormalige Abtei Toussaint beherbergt die klassischen Skulpturen des Bildhauers David d'Angers, im prächtigen Stadtpalais „Logis Barrault“ aus dem 15. Jahrhundert befindet sich das sehenswerte „Musée des Beaux Arts“. Im Garten lockt die riesige, knallbunte „Schlangenfrau“ von Künstlerin Niki de Saint Phalle. Und dann noch eine Überraschung: Ein paar Schritte weiter öffnet sich die Place Saint Croix, wo ein prächtiger Fachwerkbau ins Auge springt, die famose „Maison d'Adam“. „Um 1490 erbaut, das schönste und meistfotografierte Haus von Angers“, wie Marie stolz anmerkt.
Tag 2: Fontevraud - Königliches UNESCO Welterbe
Eine Fahrtstunde von Angers entfernt dann der nächste Höhepunkt: die Königliche Abtei von Fontevraud, UNESCO Weltkulturerbe im Herzen des Loire-Tals. „Fontevraud ist vielmehr eine Klosterstadt“, meint Marie. 14 Hektar umfasst das gesamte Areal; es ist Europas größter und besterhaltener Klosterkomplex. Seit der Gründung im 12. Jahrhundert wurde Fontevraud über die Jahre stetig weiter ausgebaut und präsentiert sich heute als architektonisches Gesamtkunstwerk, das Romanik, Gotik und Renaissance vereint. Interessant ist auch, dass Fontevraud zugleich Nonnenkloster und Mönchskloster beherbergte. Fontevraud versteht sich vor allem als Begegnungsort für Kunst und Kultur. „Es soll ein lebendiges Monument sein“, meint Marie. Deshalb gibt es ein ganzjähriges Programm mit verschiedensten Events.
Besonders stolz ist man auf das neue „Fontevraud Museum of Modern Art“, eine Stiftung und private Sammlung klassischer und außergewöhnlicher Werke aus aller Welt. Außergewöhnlich sind auch die Kochkünste von Michelin-Sterne Chef Thibaut Ruggeri, der nachhaltige Menüs je nach Mondphase kreiert. Serviert werden die Köstlichkeiten im klösterlichen Ambiente eines ehemaligen Refektoriums – nunmehr Teil des ebenfalls integrierten 4-Sterne Boutique-Hotels Fontevraud.
Tag 3: Saumur - Prickelnde Erlebnisse
Wir sind nun mitten im Weinbaugebiet von Saumur, insgesamt rund 2.735 Hektar umfasst die Weinregion Anjou-Saumur. Die Weinberge befinden sich an den Hanglagen der Loire, Kalksteinböden verleihen den Weinen besonderen Charakter. Hauptprodukt der Region ist der „Crémant de Loire“, der berühmte Schaumwein. Aber auch die „normalen“ Loire-Weine sind durchwegs köstlich, wie wir beim Besuch der Weinkellereien feststellen können.
„Maison Ackerman fondée en 1811“ verweist auf die lange Tradition der Weinkultur. Der weit verzweigte Weinkeller beeindruckt mit unzähligen Kammern und Regalen, wo der Crémant in Flaschengärung heranreift. Zur Verkostung serviert man uns die Top-Sorte „Royal Ackerman“ mit feinster Perlage, durchaus vergleichbar mit Champagner.
Fast ebenso lange Tradition hat die Kellerei „Bouvet-Ladubay“ etwas weiter entlang der Loire-Weinstraße. Wir steigen in das kühle Tuffstein-Gewölbe und staunen über das riesige, unterirdische Labyrinth. Insgesamt acht Kilometer messen die verzweigten Gänge, es werden sogar Besichtigungen per Fahrrad angeboten. Und natürlich gibt es auch Weine zu verkosten. Aber das ist lang noch nicht alles: Bouvet-Ladubay versteht sich auch als Zentrum für zeitgenössische Kunst und bietet Räumlichkeiten für „Artists in Résidence“. So finden saisonal wechselnde Ausstellungen statt, wie auch die hohen Kellergewölbe als Raum für moderne Installationen zur Verfügung stehen. Eben aktuell: faszinierende Laser-Projektionen, die im unterirdischen Raum überirdische Illusionen erschaffen.
Tag 4: Saint Nazaire - Kilometerlange Kunstmeile
Die Reise führt weiter die Loire entlang in Richtung Flussmündung zur Hafenstadt Saint Nazaire. Marie empfiehlt, während der Fahrt die Augen offen zu halten: „Die Loire-Ufer zwischen Nantes und Saint-Nazaire sind „D'Art Contemporaire Estuaire“ gewidmet, es gibt an die 30 Installationen namhafter Künstler zu entdecken!“ Über die Jahre entstanden bemerkenswerte Objekte, eine kilometerlange Open-Air Kunstmeile. Erst auf den zweiten Blick entpuppt sich das schräge, halb versunkene Haus mitten im Fluss als Kunstobjekt, die eigenwillige Idee von Künstler Jean-Luc Coucoult.
An der Atlantikküste dann, wie zufällig angespült, die skurrile Installation „Der Fuß - der Pullover - das Verdauungsorgan“, drei riesige Skulpturen in weißem Kalkstein. Ein Stück weiter am Strand entlang scheint eben ein Ungeheuer aus dem Meer zu tauchen – die „Seeschlange“, ein von Künstler Huang Yong Ping geschaffenes, überdimensionales Schlangenskelett, bei Wellengang furchterregend lebendig wirkend. Saint-Nazaires lange Tradition in der Schiffsbauindustrie und als Kreuzfahrthafen findet sich in der sehenswerten Expo „Escal Atlantic“ historisch dokumentiert.