Bahrain stellt enorme Anforderungen an Fahrer und Material

  • Die optimale Abstimmung für den Grand Prix von Bahrain zu finden, stellt keine leichte Aufgabe dar. Fernando Alonsos Renningenieure Rod Nelson und Rémi Taffin erklären, warum.


    Rod Nelson, Renningenieur von Fernando Alonso


    Der Bahrain International Circuit stellt vor allem für die Bremsen eines Formel 1-Monosposto eine große Herausforderung dar. In puncto Bremsenverschleiß liegt die Strecke gemeinsam mit Montreal ganz vorne. An drei unterschiedlichen Streckenabschnitten müssen die Fahrer ihre Autos aus mehr als 320 km/h bis in den ersten oder zweiten Gang herunterbremsen. Dabei verhindert die geschwungene Streckenführung zwischen Kurve 4 und 13, dass die Bremsen vollständig abkühlen können. Das kann zur Oxidation der Scheiben und dadurch zu erhöhtem Verschleiß führen. Wir fahren in Bahrain deshalb mit der größtmöglichen Bremsenkühlung. Während des Rennens müssen die Fahrer zudem unter Umständen die Bremsverteilung verändern, um den Verschleiß unter Kontrolle zu halten.


    Die Strecke in Bahrain verfügt über ein geringes Grip-Niveau. Dies liegt daran, dass der Kurs nicht allzu oft genutzt wird und dass ständig Sand über die Anlage weht. Das erste freie Training am Freitag ist daher nicht von sonderlich großem Wert. Die Fahrer versuchen zu jedem Zeitpunkt auf der Ideallinie zu bleiben, um die Reifen sauber zu halten. Du brauchst einige Runden, um Sand von der Lauffläche zu bekommen. Gerade Freitags kommt es darauf an, die Pneus sauber zu halten, um verlässliche Informationen für die Reifenentscheidung zu erhalten. Doch die Sandkörner können noch aus einem anderen Grund zum Problem werden. Wenn ein Fahrer im Verkehr feststeckt, wird das Auto durch die von den Vorausfahrenden aufgewirbelten Körner förmlich sandgestrahlt. Dadurch kann zum Beispiel der Frontflügel beschädigt werden, wodurch sich die Aerodynamik verschlechtert.


    Reifenverschleiß ist hingegen kein großes Thema: Nicht zuletzt durch die fehlenden Hochgeschwindigkeitskurven werden die Pneus nicht allzu sehr beansprucht – ganz anders als in Sepang. Allerdings kommt den Hinterreifen eine besondere Bedeutung zu, die durch die zahllosen Beschleunigungsmanöver aus langsamen Kurven heraus sehr gefordert werden.


    In puncto Set-up verlangt Fernando nicht zuletzt ein stabiles Bremsverhalten seines Renault R25. Er will vor allem ein Blockieren der Hinterräder beim Anbremsen der langsamen Kurven verhindern und in den Kurven 10 und 13, wo er gleichzeitig bremst und beschleunigt, eine gute Balance haben. Zudem müssen wir dafür sorgen, dass der Wagen am Ausgang der langsamen Kurven ein neutrales Fahrverhalten an den Tag legt. Wir wollen Übersteuern verhindern, denn das kostest Zeit und strapaziert die Hinterreifen. Schließlich müssen wir den optimalen Kompromiss zwischen Stabilität in den schnelleren Kurven 5, 6 und 7 und einer weichen Abstimmung und damit ausreichend Grip für die langsamen Biegungen finden. Wir erreichen dies mit Gummipuffern in der Aufhängung, die das Auto bei schnellen Kurvenfahrten unterstützen, wenn sie durch die hohen Abtriebswerte zusammengedrückt werden. In den langsamen Sektionen hingegen sorgen sie im normalen Zustand für eine weiche Federung und optimieren das Grip-Niveau.


    Die Temperaturen in Bahrain werden voraussichtlich sehr hoch sein. Aber nach der Hitze in Sepang sollte die Kühlung auch am kommenden Wochenende kein Problem darstellen. Da die Luftfeuchtigkeitswerte deutlich niedriger sein werden, wird es auch für die Fahrer nicht so anstrengend wie in Malaysia. Die Asphalttemperaturen haben einen deutlichen Einfluss auf das Fahrverhalten. Bei über 40 Grad Celsius verschlechtert sich das Grip-Niveau sehr deutlich. Je nach Wettervorhersage werden wir diesen Punkt bei der Abstimmung des Autos besonders im Auge behalten.


    Rémi Taffin, Motoreningenieur von Fernando Alonso


    Für die Motoren stellt der Grand Prix von Bahrain eine ernsthafte Herausfoderung dar. Die Triebwerke laufen während 62 Prozent einer Runde unter Vollast. Dieser Wert zählt zu den fünf höchsten der gesamten Saison und bedeutet eine große Belastung für die bewegten Teile des Zehnzylinders. Zudem arbeitet der Motor auf den beiden langen Geraden in sehr hohen Drehzahlbereichen, die die Komponenten ebenfalls stark beanspruchen.


    Die größte und für Bahrain so typische Gefahr für den Motor stellt das Ansaugen von Sand dar. Schon geringste Mengen von Sand an den Kolben, den Kolbenringen oder den Ventilen wäre katastrophal. Wir schenken deshalb den Luftfiltern größte Aufmerksamkeit. In Bahrain stehen uns verschiedene Spezifikationen zur Verfügung. Diese kosten uns zwar etwas in puncto Leistung, aber diesen Kompromiss müssen wir über das Wochenende eingehen. Umso mehr, da der Motor auch in Imola eingesetzt wird – ohnehin ein sehr anspruchsvoller Kurs.


    Entgegen einer weit verbreiteten Meinung stellen die hohen Temperaturen an sich kein Problem für den Motor dar. Dessen optimaler Temperaturbereich bleibt unabhängig von den äußeren Umständen konstant. Die entscheidende Frage lautet daher, wie effizient wir den Zehnzylinder kühlen können, und welche aerodynamischen Einbußen wir dafür in Kauf nehmen müssen. Beim Großen Preis von Malaysia erwies sich die Kühlung des Renault R25 als sehr effektiv.


    Doch die Hitze hat auch direkten Einfluss auf die Motorleistung: Je höher die Temperaturen, desto mehr Drehzahlen braucht ein Triebwerk, um seine maximale Leistung zu entfalten – pro 10 Grad Celsius rund 300 Umdrehungen. Dies stellt uns vor die Entscheidung, unter Umständen das Drehzahllimit zu erhöhen. Vor dem Hintergrund der Zuverlässigkeit empfiehlt sich dies aber nur bedingt. Stattdessen modifizieren wir das Ansaugsystem, beispielsweise durch eine Verlängerung der Ansaugkanäle. Der RS25-Zehnzylinder wurde so entwickelt, dass wir auf diesem Weg jederzeit die optimale Leistung erzielen können – unabhängig von den Witterungsbediungen.



    Quelle: www.formel1.de