Wie wird ein neuer Papst gewählt?

  • Das Konklave
    Wie wird ein neuer Papst gewählt?


    Von Jörg Seisselberg, ARD-Hörfunkkorrespondent in Rom


    Beim letzten Mal wäre einer beinahe zu spät gekommen. Im Oktober `78, nach dem Tod Johannes Paul des Ersten, war der Zeremonienmeister bereits dabei, die Pforte zur Sixtinischen Kapelle zu schließen - da stürmte mit wehender Soutane der letzte Kardinal herein. Ein marienbegeisterter Pole namens Karol Wojtyla hatte kurz vorher noch einen Ausflug zu einer Wallfahrtstätte gemacht - und hätte, so eine im Vatikan gern erzählte Anekdote, um ein Haar das Konklave verpasst, in dem er zum Papst gewählt wurde.



    Theoretisch kann jeder Katholik Papst werden


    Laut Kirchen-Reglement kann zwar im Prinzip jeder getaufte Katholik auf den Stuhl Petri kommen - de facto aber wird seit Jahrhunderten der neue Papst aus dem Kreis der anwesenden Kardinäle bestimmt. Wer Chancen hat und wer nicht, sagt Vatikan-Buchautor Marco Politi, werde auf dezente Weise schon vorher abgesteckt: "Über die eventuellen Kandidaten spricht man in einer sehr soften Art. Also man sagt nicht, dieser Kardinal müsste Papst sein, sondern: Dieser Kardinal ist ja ein besonders weiser Mann, das ist ein Mann, der besonders gut den Glauben in der Gesellschaft vertritt und so weiter."


    Auch diesmal sind einige Favoriten bereits ausgeguckt. Der Deutsche Ratzinger gehört dazu, die Italiener Tettamanzi und Scola werden genannt, einige halten es aber auch für möglich, dass es erstmals einen Papst aus Südamerika, Afrika oder Asien gibt. Für alle Kandidaten gilt: Wer auf den apostolischen Stuhl will, muss zwei Drittel der 117 wahlberechtigten Kardinäle hinter sich bringen. Die einfache Mehrheit reicht erst, wenn nach 34 Wahlgängen immer noch keine Entscheidung gefallen ist.



    Wahlreden nicht vorgesehen


    Wie die Wahl genau abläuft, hat Johannes Paul in den 1996 von ihm neu geschriebenen Regeln geradezu detailversessen festgelegt. Alle Kardinäle bekommen einen Stimmzettel auf dem in Latein aufgedruckt steht: "Ich wähle zum höchsten Pontifex". In die untere Hälfte muss jeder den Namen seines Favoriten eintragen, den Zettel zweimal falten und mit erhobener Hand zum Altar schreiten. Dann spricht der Kardinal die vorgegebene Eidesformel, legt seinen Stimmzettel auf einen Teller, von dem er in die Wahlurne gleitet. Abgestimmt wird zweimal vormittags und zweimal nachmittags. Wahlvorschläge und Wahlreden sind nicht vorgesehen, alle Kardinäle sollen sich in jedem Wahlgang frei entscheiden dürfen. Das ist zumindest die Theorie.


    Praktisch schälen sich im Laufe der Abstimmungen meist zwei oder drei Kandidaten heraus, auf die sich die Wahl konzentriert. Erhält keiner von ihnen eine Zwei-Drittel-Mehrheit, werden die Wahlzettel an einer, genau beschriebenen Stelle aufgespießt, auf eine Schnur gezogen und unter Beigabe von nassem Stroh verbrannt. Dies gibt am anderen Ende des Schornsteins schwarzen Rauch, der den Wartenden signalisiert, dass sich die Kardinäle auch bei diesem Wahlgang auf keinen Kandidaten einigen konnten.



    Kein Gespräch jenseits der Mauern


    Die Rauchzeichen sind die einzig erlaubte Kommunikation mit der Außenwelt. Nachdem die Tür zur Sixtinischen Kapelle mit dem Schlüssel (auf Latein: cum clave) abgesperrt wurde, darf kein Kardinal mit irgendwem jenseits der Mauern sprechen, nicht einmal mit seinen engsten Mitarbeitern. Bis der Papst gewählt ist, sind die Purpurträger ganz auf sich gestellt, alle Mobiltelefone werden selbstverständlich eingezogen.


    Um das Rausdringen von Information zu verhindern, werden Spezialisten des Vatikans vor Beginn des Konklaves die Unterkünfte der Kardinäle neben der Sixtinischen Kapelle auf Geheimsender und versteckte Mikrophone untersuchen. Sollte doch ein Kardinal tricksen und gegen das Gebot der strengen Geheimhaltung verstoßen, droht ihm die härteste Strafe des Vatikans: Er wird exkommuniziert - also aus der Kirche geworfen. Ein Grund, warum bislang so wenig Geheimnisse aus dem Konklave nach draußen gedrungen sind.



    Mehr Info und ein paar Archivbilder von 1978 bei [url=http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID4218070_REF1,00.html]Tagesschau.de[/url]