Wird Dresden zum "Kanzlermacher"?

  • Es war als absoluter Extremfall gehandelt worden, doch nun könnte es tatsächlich an den 219.000 Bürgern des Wahlkreises 160 liegen, wer stärkste Fraktion im neuen Bundestag wird. In Dresden I wird wegen des Todes einer NPD-Direktkandidatin erst am 2. Oktober abgestimmt. Je nachdem, wie sich die Wähler dort nun verhalten, könnten sich die Mehrheitsverhältnisse im Bund um bis zu drei Sitze verschieben. Dies entspricht genau dem Vorsprung, den die Union derzeit vor der SPD hat. Rein theoretisch könnte es also noch ein Patt im Bundestag geben.


    Bisher feste CDU-Wählerklientel


    Bei den vergangenen drei Bundestagswahlen holte die CDU in Dresden I zwar stets das Direktmandat - allerdings mit zunehmend schrumpfendem Abstand zur SPD. 2002 gewann die CDU nur mit 4000 Stimmen Vorsprung. Bei den Zweitstimmen lag die SPD mit 32,9 Prozent sogar vor der CDU mit 30,5 Prozent.


    Gewinnt der CDU-Kandidat Andreas Lämmel erneut, könnte der Partei in Sachsen wieder ein Überhangmandat zufallen. Die Kandidatin der SPD, Marlies Volkmer, wurden bisher keine großen Chancen eingeräumt - eher der Kandidatin der Linkspartei, Katja Kipping. Es ist also noch alles offen - mit einem harten Wahlkampf ist also zu rechnen.


    Experte: Beim Unentschieden "hat Köhler ein Problem"


    Sollte der Wahlausgang in Dresden tatsächlich zu einem Patt im Bundestag führen, wäre dieses ein Präzedenzfall in der Geschichte des deutschen Bundestags. Bei einem Unentschieden "hat Herr Köhler ein Problem", so der Berliner Wahlforscher von der Freien Universität (FU), Lutz Erbring, gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Normalerweise erhalte der Führer der größten Fraktion im Parlament den Auftrag zur Regierungsbildung. "Es wäre absolut begründungsbedürftig, wenn man davon abweichen würde", sagt Erbring.


    Allerdings gebe es keine rechtliche Verpflichtung, den Chef der größten Gruppierung zu beauftragen. Sollte der erste Anlauf zur Regierungsbildung zu keinem Erfolg führen, könne der Bundespräsident den Führer der nächst größeren Fraktion beauftragen, so der Experte.


    Ipsen: Kein klarer Auftrag zur Regierungsbildung


    Auch für den Verfassungrechtler Jörn Ipsen bedeutet das Wahlergebnis keinen klaren Auftrag zur Regierungsbildung. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte Ipsen, im Grunde schlage jetzt die Stunde des Bundespräsidenten: "Er hat das Recht, mit einzelnen Fraktionen Gespräche zu führen, um dem Bundestag einen mehrheitsfähigen Kandidaten vorzuschlagen."


    Quelle: [URL=http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID4768212_REF1_NAV_BAB,00.html]http://www.tagesschau.de[/URL]