Koalitionspoker in der Endrunde

  • Feilschen auf den letzten Metern


    Union und SPD sind sich offenbar in vielen Punkten über eine große Koalition einig. Strittig sind aber nach wie vor die Themen Haushalt, Finanzen und Arbeitsmarkt. Der endgültige Abschluss der Koalitionsverhandlungen lässt aber noch auf sich warten.


    Gegen 23.00 Uhr vertagte sich die große Runde auf heute Nachmittag. Anschließend saß noch ein kleiner Kreis mit den Parteivorsitzenden weiter zusammen, der sich aber gegen 01.00 Uhr auflöste. Der designierte Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sagte nach Ende der Runde: "Es sieht alles gut aus."


    Viele Streitpunkte...


    Gesprächsbedarf gibt es jedenfalls auch weiterhin. Denn nicht nur die Sanierung der Staatsfinanzen ist umstritten. Weitere Knackpunkte sind nach Angaben aus Verhandlungskreisen der Kündigungsschutz und der Atomausstieg und die Anhebung des Arbeitslosengeldes II in Ostdeutschland auf Westniveau. Eine grundlegende Reform des Gesundheitssystems wurde aus den Verhandlungen mittlerweile gänzlich herausgenommen. Über sie soll erst im kommenden Jahr wieder gesprochen werden, sofern eine große Koalition von Union und SPD zustande kommt.


    ... und Einigungen


    Mehrere Medien berichteten, dass die Erhöhung der Mehrwertsteuer von derzeit 16 Prozent auf 19 Prozent ab 2007 beschlossene Sache sei. Auch in anderen Punkten erzielten die Gesprächpartner offenbar Vereinbarungen. Berichte, der Rentenbeitrag solle angehoben werden, wurden zunächst von der CDU dementiert und später dann auch von jenen Medien, die die Meldung in Umlauf gebracht hatten, zurückgezogen.


    Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa sieht ein Entwurf des Koalitionsvertrages darüber hinaus folgende politische Ziele vor:


    Arbeitsmarkt


    Union und SPD wollen die Kosten der Arbeitsmarktreform Hartz IV deutlich senken. Unter anderem sollen unverheiratete, volljährige, unter 25 Jahre alte Kinder grundsätzlich in die Bedarfsgemeinschaft der Eltern einbezogen werden.


    Familienpolitik


    Alle familienpolitischen Leistungen sollen in einer "Familienkasse" zusammengeführt werden. Es muss jedoch noch geklärt werden, ob diese Familienkasse beim Bund oder bei den Ländern angesiedelt wird. In dem Koalitionsvertrag wird die Einführung eines Elterngeldes ab 2008 fest vereinbart. Es soll als Einkommensersatzleistung bis höchstens 1800 Euro für ein Jahr an Mütter oder Väter gezahlt werden. Die Zusatzkosten werden auf 1,5 Milliarden Euro beziffert. Um die Kinderarmut zu bekämpfen, haben die Koalitionsparteien den Ausbau des Kinderzuschlags vom kommenden Jahr an vereinbart. Zusätzlich sollen damit 200.000 Kinder und ihre Eltern erreicht werden.


    Energiepolitik


    In der Energie- und Umweltpolitik wird die Überarbeitung der Förderpolitik bei erneuerbaren Energien angekündigt. Ab 2009 darf der subventionierte Steinkohlebergbau "keine Rechtsansprüche" mehr geltend machen.

    Lebensmittelkontrolle


    Als Konsequenz aus mehreren Lebensmittelskandalen wollen Union und SPD die Kontrolle verbessern. Das Bundesamt für Verbraucherschutz solle mehr Kompetenz für die länderübergreifende Koordination bekommen.


    Verkehrspolitik


    Die Autofahrer sollen nicht mit zusätzlichen Autobahngebühren belastet werden. "Eine Pkw-Maut lehnen wir ab", zitiert dpa aus dem Vertragsentwurf.
    Bildungspolitik


    Union und SPD verständigten auch sich auf den Erhalt des Studenten-Bafögs in bisheriger Form. Die Förderung soll weiter je zu Hälfte als Darlehen und als Zuschuss ausbezahlt werden. In der strittigen Frage der Studiengebühren stellen beide Seiten fest, dass sie "unterschiedlicher Auffassung" sind.


    Investionen


    Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet darüberhinaus, dass eine große Koalition in der anstehenden Legislaturperiode rund 25 Milliarden Euro investieren wolle. Über die kommenden vier Jahre solle dieser Betrag in die Bereiche Forschung, Verkehr und Gebäudesanierung gesteckt werden, hieß es unter Berufung auf Informationen aus der Union.


    Unterzeichnung am 18. November?
    Der Koalitionsvertrag soll am 18. November unterzeichnet werden. Am 22. November ist die Wahl der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel zur Bundeskanzlerin vorgesehen.


    * Wer setzt sich durch im Koalitionspoker?
    * Dossier: [URL=http://www.tagesschau.de/thema/0,1186,OID4624280_REF1_NAV_BAB,00.html]Mit Sparprogramm in die große Koalition.[/URL]
    * Video: [URL=http://www.tagesschau.de/video/0,1315,OID4942658_RES_NAV_BAB,00.html]Endspurt Koalitionsgespräche [B. Scharkus, ARD Berlin].[/URL]
    * RealAudio: [URL=http://www.tagesschau.de/audio/0,2773,OID4940440_NAV_BAB,00.html]Verhandlungen im Endspurt [W. Langlott, ARD Berlin].[/URL]
    * RealAudio: [URL=http://www.tagesschau.de/audio/0,2773,OID4943162_NAV_BAB,00.html]Wolfgang Bosbach (CDU) im Interview [swr][/URL]



    Quelle: [URL=http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID4936654_NAV_REF1,00.html]http://www.tagesschau.de[/URL]