Scharon verlässt Likud

  • Israel vor politischem Erdbeben


    Israels Regierungschef Ariel Scharon ist am Amtssitz von Staatspräsident Mosche Katzav eingetroffen. Dort wolle er um die Auflösung des Parlaments bitten, um Neuwahlen binnen 90 Tagen durchzusetzen, hieß es aus seinem Büro. Zuvor war bekannt geworden, dass Scharon angesichts massiver interner Opposition den von ihm geführten Likud-Block verlassen und eine neue Partei gründen will. Im Laufe des Tages werde der Premier eine offizielle Erklärung abgeben, hieß es weiter.


    Damit erreicht die seit Tagen andauernde Regierungskrise in Israel einen vorläufigen Höhepunkt. Begonnen hatte sie mit einem Führungswechsel bei der mitregierenden Arbeitspartei. Der neue Parteichef Amir Perez hatte angekündigt, er werde seine Partei aus der Koalition abziehen. Die Partei segnete den Ausstieg am Sonntag offiziell ab.


    Die Knesset, das israelische Parlament, soll nun am kommenden Mittwoch offiziell über die Selbstauflösung abstimmen. Als wahrscheinlicher Termin für Neuwahlen gilt der 28. März - obwohl er eigentlich schon nach dem Ablauf der 90 Tage-Frist läge.


    Eine neue Partei unter der Führung Scharons wird sich vermutlich zwischen dem konservativen Likud und der sozialdemokratischen Arbeitspartei positionieren. Scharon wolle damit den Friedensprozess vorantreiben, verlautete aus seinem Umfeld. Der 77-Jährige war in seiner Likud-Partei in den vergangenen Monaten immer wieder auf heftigen Widerstand wegen seiner Palästinenser-Politik gestoßen. Seit der Entscheidung für den israelischen Abzug aus dem Gaza-Streifen ist der Likud tief gespalten.


    "Beispielloses politisches Erdbeben"


    Nach Informationen der Tageszeitung "Haaretz" kann Scharon auf die Unterstützung einiger Likud-Mitglieder zählen. Bis zu 14 Likud-Parlamentarier wollten der neuen Partei beitreten, darunter auch mehrere Minister. Auch Politiker anderer Parteien wie der frühere Minister Dan Meridor (Zentrums-Partei) und der ehemalige Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, Avi Dichter, seien an der neuen Partei interessiert. Nach einem Bericht der Zeitung "Jerusalem Post" will auch der kommissarisch amtierende Finanzminister Ehud Olmert Scharon bei der Parteineugründung unterstützen.


    Nicht ausgeschlossen ist außerdem, dass der abgelöste Chef der Arbeitspartei, Friedensnobelpreisträger Schimon Peres der neuen Partei Scharons beitreten könnte.


    Der Austritt Scharons aus der Likud-Partei, zu deren Gründern er zählt, könnte nach Einschätzung der Tageszeitung "Jediot Aharonot" ein "beispielloses politisches Erdbeben" auslösen. Laut Umfragen ist die neue Formation in der Lage, aus dem Stand 28 Parlamentssitze zu erringen. Sie würde damit neben der Arbeitspartei die stärkste Fraktion in der Knesset stellen, der Likud ohne Scharon käme auf nur 18 Sitze.


    * Dossier: [URL=http://www.tagesschau.de/thema/0,1186,OID4589294_NAV_REF,00.html]Israels Abzug aus dem Gaza-Streifen.[/URL]
    * RealAudio: [URL=http://www.tagesschau.de/audio/0,2773,OID4973472_NAV_BAB,00.html]Scharon verlässt Likud-Partei [B. Marx, Tel Aviv][/URL]



    Quelle: [URL=http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID4972632_NAV_REF1,00.html]http://www.tagesschau.de[/URL]