Leben in der Surflücke

  • Leben in der Surflücke


    Von Christoph Seidler


    Sie klingen so schön, die Werbesprüche, die zeitlich unbegrenztes und ganz und gar flottes Surfen per DSL versprechen - oft gerade einmal für einen Zehner im Monat. Doch längst nicht überall ist DSL verfügbar. SPIEGEL ONLINE hat einige Alternativen für Geplagte zusammengestellt.


    Flatrates sind für immer mehr Bundesbürger der ganz normale Weg ins Internet. Doch nicht jeder kann das schnelle Surfen genießen. Vor allem da, wo die Telekom Anfang der Neunziger Glasfaserkabel im Boden versenkte, ist es Essig mit dem DSL-Vergnügen. "DSL ist in vielen Anschlussbereichen verfügbar", heißt das dann im Werbedeutsch. In vielen, aber eben nicht in allen.


    Schön, aber nicht DSL-vernetzt: Wo es viel Gegend gibt, aber wenig Großstadt, kann es eng werden mit dem Internet
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    Schön, aber nicht DSL-vernetzt: Wo es viel Gegend gibt, aber wenig Großstadt, kann es eng werden mit dem Internet
    Nach Angaben des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) gibt es in Deutschland rund 5.200 Ortsnetze mit rund 7.900 Hauptverteilern. Jeder Fünfte davon ist nach Schätzung des Verbandes gar nicht oder nur eingeschränkt DSL-fähig. Im Osten ist sogar fast jeder zweite Hauptverteiler technisch so beschaffen, dass schnelles Surfen ausfallen muss.


    Wimax: Beeindruckend bei Geschwindigkeit und Reichweite


    Für alle, die aus solcherlei Gründen nicht mit DSL ins Netz gehen können, gibt es allerdings einige Alternativen. Der derzeit wohl ernstzunehmendste DSL-Konkurrent heißt dabei Wimax. Das ist die Abkürzung für "Worldwide Interoperability for Microwave Access".


    Geschwindigkeitstechnisch bricht der neue Drahtlosstandard alle Rekorde: Zwei bis fünf Megabit pro Sekunde verspricht die Technologie. Beeindruckend ist auch die Reichweite von Wimax, die bei ungefähr 50 Kilometern pro Funkzelle liegt. Normale WiFi ("Wireless Fidelity") Funknetze, die es in zahlreichen Privathaushalten, Unternehmen und öffentlichen Orten zu Popularität gebracht haben, bringen es gerade mal auf ein Fünfhundertstel davon.


    In einigen Leuchtturmprojekten wird derzeit der Ausbau von Wimax vorangetrieben, etwa in den rheinischen Gemeinden Sankt Augustin und Swistal, wo die Telekom probefunkt. Die Konkurrenz von Intel, Capgemini und Siemens hat vorgenommen, die neue Technik in Düsseldorf im Praxistest vorzuführen: Dort soll Wimax unter anderem dazu dienen, WM-Touristen zu einer multimedialen Stadtführung zu verhelfen oder der Feuerwehr eine bessere Kommunikation mit der Einsatzzentrale zu ermöglichen. Privates Surfen ist dabei allerdings nicht vorgesehen. Doch andernorts wird Wimax schon vermarktet: AirMax oder DSLonair heißen die Produkte, die aber längst noch nicht überall verfügbar sind.


    Intel fördert - ganz eigennützig


    Darüber, wie populär Wimax in der Fläche tatsächlich werden wird, gehen die Meinungen auch erheblich auseinander. Euphorische Beobachter wie etwa die Analysten von Steria Mummert gehen davon aus, dass sich Wimax "voraussichtlich ab 2008" gegen DSL durchsetzen wird - bei einem weltweiten Umsatz an Wimax-Zubehör von respektablen 940 Millionen Euro. Doch längst nicht alle Marktbeobachter sind so euphorisch. So beklagten die Analysten von Unstrung Insider Ende Januar, dass Probleme bei der Wimax-Standardisierung viele Risikokapitalfirmen davon abhielten, im Wimax-Bereich zu investieren. Und wo kein Riskikokapital, da auch keine Services und Endgeräte.


    Der wohl größte Förderer von Wimax ist der Chiphersteller Intel. Im eigenen Interesse: Intel entwickelt und verkauft nämlich die Chips für die Sendestationen, außerdem soll die neue Generation von Intels Notebookprozessoren Wimax-fähig sein. So stieg der Chipriese vor wenigen Tagen für eine unbekannte Summe bei der Firma DBD Deutsche Breitband Dienste GmbH ein. Das Unternehmen bietet in Heidelberg und Berlin-Pankow Wimax-Dienste an. Nach einem Zeitungsbericht stehen als nächste Städte Dresden und Leipzig auf der Agenda. "Wir haben über zwei Jahre Vorsprung vor den Wettbewerbern - den werden wir konsequent nutzen", trommelte DBD-Chef Fabio Zoffi.


    Das wollten besagte Wettbewerber so nun auch nicht auf sich sitzen lassen: Kurz nach DBD kündigte auch die Bielefelder WiBEG ein Wimax-Engagement in Dresden an. Ein schöner Erfolg für die Aktivisten der Bürgerinitiative "DSL für Dresden", die jahrelang für schnelles Surfen im früheren "Tal der Ahnungslosen" gekämpft hatten.


    Eines Tages sollen übrigens auch Handys nach dem Wimax-Standard funken können. In Korea, beim drahtlosen Internet-Zugang seit jeher in der Spitzengruppe, soll bis Ende des Jahres auch die mobile Variante von Wimax kommerziell vermarktet werden.


    UMTS: Langsam und teuer


    Ein weiterer Handy-Standard der bereits heute mobilen Internetzugang bieten kann, ist UMTS ("Universal Mobile Telecommunications System"). Immerhin bieten alle großen Handy-Netzbetreiber auch Datentarife an, mit denen Surfer nicht nur per Handy, sondern auch mittels einer speziellen Laptop-Karte surfen können. Rein theoretisch ist also auch UMTS eine DSL-Alternative. Wobei die Betonung in diesem Fall für die meisten Nutzer auf dem Wort theoretisch liegen dürfte. Denn die Preise sind exorbitant. Als Ausweg bieten sich hier nur Flatrates an, die aber bisher nur von E-Plus und dem firmeneigenen Billigableger BASE vermarktet werden.


    Das ist HSDPA


    HSDPA bezeichnet eine Weiterentwicklung der Mobilfunktechnik UMTS, die eine höhere Geschwindigkeit bei der Übertragung von Daten ermöglicht. Die Abkürzung steht für "High Speed Downlink Packet Access" und weist damit auf eine besonders schnelle Datenrate beim Download von Daten hin - theoretisch sind hier 14,4 Megabit pro Sekunde (MBit/sec) möglich.


    In der ersten Ausbaustufe sollen es zunächst 1,8 Mbit/sec werden - rund fünf Mal so viel wie bei UMTS. Ermöglicht wird dies durch eine effektivere Verwaltung der Datenkanäle und verbesserte Kodierungsverfahren. Neben HSDPA wird auch bereits an der Entwicklung von HSUPA (High Speed Uplink Packet Access) gearbeitet. Hier soll auch die Datenrate beim Upload von Daten ins Netz beschleunigt werden. Während das bei HSDPA maximal 384 KBit/sec sind, verspricht HSUPA beim Upload eine Geschwindigkeit bis zu 1 MBit/sec.
    Neben dem meist hohen Preis müssen UMTS-Surfer auch ein weitere Kröte schlucken: Mit einer maximalen Rate von 384 Kilobit pro Sekunde ist UMTS das Geschwindigkeits-Schlusslicht unter den DSL-Alternativen. Etwas besser soll die Lage indes werden, wenn T-Mobile und Vodafone wie angekündigt zur Cebit das neue UMTS-Übertragungsverfahren HSDPA starten ("High Speed Downlink Packet Access"). Es soll knapp 2 Megabit pro Sekunde ermöglichen. E-Plus und O2 wollen mit einiger Verzögerung übrigens nachziehen.


    DSL aus dem All: Rückleitung nötig


    Eine weitere DSL-Alternative kommt aus dem All: DSL per Satellit wird unter anderem von der Telekom und dem Berliner Unternehmen Teles angeboten, wobei sich beide Firmen in einem längeren Rechtsstreit bekriegen. Das Geschäftsmodell ist sehr ähnlich: Die Satelliten Astra und Eutelsat Telecom 2D funken nämlich nicht nur Fernsehbilder hinunter zur Erde, sondern auch Daten - und das theoretisch mit bis zu 24 Megabit in der Sekunde (im Fall von Teles). Nutzen viele Surfer gleichzeitig die Verbindung, sinken die realen Raten jedoch stark ab.


    Ein weiteres Problem liegt auf der Hand, denn die hohen Geschwindigkeiten gibt es nur beim Download vom Satelliten. Wollen Nutzer auch ins Netz hochladen, brauchen sie dafür einen zusätzlichen Rückkanal - also etwa einen ISDN-Anschluss. "Wir empfehlen Sky-DSL deshalb nicht für Leute, die große Datenmengen hochladen müssen", sagt Teles-Pressesprecherin Maria Dehmer. Auch sei das Satelliten-Internet wegen zu langer Antwortzeiten etwa für Online-Spieler kaum geeignet.


    Und auch der Preis ist - ähnlich wie bei UMTS - ein durchaus wichtiges Kriterium bei Satelliten-Surfen. Denn die meisten der Angebote kommen nur mit einem vergleichsweise geringen Inklusivvolumen. Danach tickt wieder der Gebührenzähler, wenngleich deutlich langsamer als in den allermeisten UMTS-Tarifen.


    Internet aus der Fernsehdose


    Eine weitere DSL-Alternavtive ist der gute alte Kabelanschluss, der in vielen Regionen Deutschlands schon weit mehr kann, als nur den Fernseher zu befüttern. Verfügt das jeweilige Kabelnetz bereits über einen Rückkanal, dann kann es auch zum Surfen genutzt werden. Mehrere Anbieter, wie Kabel Deutschland und Iesy bieten das Surfen über die Fernsehdose, meist mit einer Geschwindigkeit von satten zwei Megabit pro Sekunde an - oft auch als Flatrate-Angebot.


    Quelle: www.spiegel.de