Das große Siegerinterview mit Michael Schumacher

  • Michael Schumacher über seine siegreiche Strategie, den Fight mit Fernando Alonso, Ferraris endgültig bestätigte Konkurrenzfähigkeit und vieles mehr.


    Frage: "Michael, das war ein faszinierendes Rennen. Erzähl uns doch von den drei Runden nach Fernando Alonsos zweitem Boxenstopp!"


    Michael Schumacher: "Die waren natürlich die schönsten für mich. Ich habe ja schon beim ersten Boxenstopp versucht, die Zeit herauszuholen und eventuell die Führung zu übernehmen. Da ist mir aber in Kurve sechs ein kleines Missgeschick passiert, bei dem ich eine halbe Sekunde verloren habe. Es war ganz einfach zu rutschig und ich habe es wohl ein bisschen übertrieben."


    "Man konnte dann schön sehen, welche Zeiten ich hinter Fernando fahren konnte, denn als ich freie Fahrt hatte, war ich um eine halbe Sekunde schneller. Ich wusste, dass er gebrauchte Reifen hatte, keine neuen mehr zu dem Zeitpunkt, was mir natürlich noch zusätzlich entgegenkam. Das hat sich auch bewahrheitet, denn ich kam ja doch mit einem ziemlich großen Vorsprung nach dem letzten Boxenstopp auf die Strecke zurück."


    Frage: "Du fuhrst schnellste Runde unmittelbar vor dem Boxenstopp und noch einmal eine tolle Zeit in der ersten Runde danach. Wie entscheidend war das?"


    Schumacher: "Nicht so sehr. Wichtiger war, aus der Boxengasse vor ihm herauszukommen. Wie gesagt wollte ich das schon beim ersten Boxenstopp schaffen, aber ich musste mich noch gedulden. Es war nicht einfach, denn in bestimmten Phasen des Rennens wirkte Fernando ein bisschen langsamer, dann wieder ich. Vor den Boxenstopps gab er natürlich alles, aber ich konnte seine Pace zum Glück halten."


    Frage: "Danach schonte Fernando Alonso seinen Motor für Barcelona. Wann ging denn bei dir die Freude los - erst bei der Zieldurchfahrt, in der letzten Kurve schon? Wie muss man sich das vorstellen?"


    Schumacher: "Da gibt es unterschiedliche Momente. Nach dem tollen Boxenstopp, der tollen Teamarbeit, als wir in Führung liegend wieder auf die Strecke kamen, war schon mal die erste Freude da, und danach waren es noch mal ungefähr 18 Runden, die wir durchhalten mussten, um durch das Ziel zu fahren. Bis zum Schluss ist man dann sehr verhalten, weil man erst dann an den Sieg glaubt, wenn man wirklich die Linie überquert."


    Frage: "Warst du überrascht davon, dass du beim ersten Boxenstopp noch nicht in Führung gehen konntest?"


    Schumacher: "Es ist keine Überraschung, dass es so schwierig war. Wenn man hinter einem anderen Fahrzeug ist, ist es wegen der Luftverwirbelungen schwieriger, gerade bei Windbedingungen wie heute. Unterm Strich waren wir aber reifen-, auto-, motoren- und benzinseitig super unterwegs."


    Frage: "Nach dem Qualifying warst du nicht restlos glücklich, jetzt aber schon. Bist du zufrieden damit, wie es gelaufen ist?"


    Schumacher: "Ja. Wir haben uns gestern dafür entschieden, diese eine Runde länger draußen zu bleiben, was ehrlich gesagt aber keine zwei Zehntel ausmacht. Der Grund für meinen Rückstand gestern war eher, dass meine Runde nicht perfekt war, die von Fernando aber schon. Ich vertraute aber auf unsere gute Strategie und wusste, dass wir eine gute Pace haben würden."


    Frage: "Wie schwierig war es, diesen Sieg vor heimischer Kulisse einzufahren?"


    Schumacher: "Das war schon ein hartes Stück Arbeit, denn es war bis zum zweiten Boxenstopp ein sehr hochwertiges Rennen, in dem wir beide am Limit waren und in dem wir das Rennen beide einteilen mussten. Fernando hat phasenweise auf seine Reifen geachtet, hat aber fünf, sechs Runden vor den Boxenstopps wieder damit angefangen, extrem viel Druck zu machen. Da hat er seine Drehzahlen erhöht, aber wir natürlich auch. Wir sind schön dran geblieben - und konnten ihm nach seinem Boxenstopp mit weiteren hohen Drehzahlen den ersten Platz abspenstig machen. Danach war es ein ruhiges nach Hause fahren, um keine Fehler mehr zu machen."


    Frage: "Ist das Verstellen der Drehzahl das, was man immer über die Cockpitkamera am Lenkrad sieht?"


    Schumacher: "Auch, ja. Da gibt es verschiedene Knöpfe, aber unter anderem eben auch die Drehzahl."


    Frage: "Worin lag heute der Unterschied zu Renault?"


    Schumacher: "Dass wir schneller waren! Warum und weshalb, das wird nicht nur an einem Teil gelegen haben, sondern daran, dass wir im Verhältnis in letzter Zeit besser entwickelt haben. In den letzten Rennen haben wir ja schon kleine Schritte nach vorne gemacht, und es sind Kleinigkeiten, die heute den Ausschlag für den Sieg gegeben haben. Deswegen stehen wir ganz oben."


    Frage: "Du riechst ein bisschen streng. Wie gut schmeckt der Champagner?"


    Schumacher: "Ich hätte ihn sicherlich lieber woanders als auf dem Anzug, aber den Weg nach innen hat er noch nicht gefunden..."


    Frage: "Welche Bedeutung hat dieser Sieg vor heimischer Kulisse für dich?"


    Schumacher: "Es ist sicherlich ein schöner Moment, das hier zu schaffen. Der Nürburgring ist Tradition - und natürlich auch mit sehr vielen Erinnerungen verbunden. Zum Teil kommen diese aus der Formel 1, aber auch aus der Zeit davor. Mit so viel Unterstützung hier das Rennen zu gewinnen, ist natürlich wunderschön."


    Frage: "Balbir Singh war heute dein Maskottchen. Er muss jetzt wahrscheinlich eine Dauerkarte kaufen, oder?"


    Schumacher: "Stimmt! Das ist ja nicht so schlimm, denn wir spielen am Donnerstagabend immer Fußball. Da kann er dann ja dabei sein..."


    Frage: "In einer Woche sind wir schon in Barcelona, wo dein Ferrari normalerweise sehr gut funktioniert, nicht wahr?"


    Schumacher: "Ja. Man sollte nicht überrascht sein, wenn Renault dort vorne ist - aber auch nicht bei uns. Der Bessere möge gewinnen!"


    Frage: "Du bekommst für Barcelona einen neuen Motor. Siehst du dich damit als Favorit?"


    Schumacher: "Ich denke, wir müssen dieses komische Verständnis der Motorenfrage endlich mal aufklären: Wenn man einen Motor für zwei Rennen hat, dann entwickelt jeder - zumindest wir machen das so - einen Motor, der für beide Rennen gleichwertig einsetzbar ist. Da gibt es weder einen Leistungsverlust noch irgendwelche Vorteile. Man hat eine gewisse Drehzahl, man weiß genau, wann und wie lange man die einsetzen kann - und das muss man sich für beide Rennen einteilen. Insofern macht das keinen Unterschied."


    Frage: "Ist der Monat Mai im Kampf um die Weltmeisterschaft der Monat der Wahrheit?"


    Schumacher: "Nein. Da gibt es noch viele Monate der Wahrheit..."


    Frage: "Du hast jetzt zweimal knapp gewonnen. Heißt das, dass ihr schneller seid als Renault? Sagen diese beiden Rennstrecken vielleicht zu wenig aus für solche Rückschlüsse?"


    Schumacher: "Der Sieg war nicht so knapp, um ganz ehrlich zu sein. Wir waren das ganze Rennen hindurch schneller. Ich konnte die Pace im Windschatten halten und davonfahren, als ich dann vorne war. In Imola hatten wir in gewissen Phasen des Rennens Reifenprobleme, ansonsten hätten wir auch dort ähnlich gut wie hier ausgesehen. Man darf meiner Meinung nach behaupten, dass wir im Moment ein besseres Paket haben. Ob das für alle Strecken gilt, muss man herausfinden. Das kann sich sicher je nach Streckencharakteristik verändern."


    Frage: "Im Endeffekt ist dein Rückstand auf Fernando Alonso heute nur um zwei Punkte geschrumpft, also muss die Konkurrenz langsam etwas tun. Wer könnte in diesen Zweikampf am ehesten eingreifen?"


    Schumacher: "Ich würde mich freuen, wenn da noch jemand hineinfahren könnte. Das habe ich ja auch gestern schon gesagt. Am meisten Unterstützung kann ich von meinem Teamkollegen erwarten, der heute ein Superrennen hingelegt hat. Vielleicht kann er noch einen Zacken zulegen und Fernando wichtige Punkte wegnehmen. Ich hoffe nur, dass er sie nicht mir wegnehmen wird!"


    Frage: "Kann man sich nach so einem tollen Sieg vorstellen, noch einmal zwei Jahre anzuhängen?"


    Schumacher: "Ich denke, du hast noch mehr Fragen, oder?"


    Frage: "Dein Vater hat vorhin gesagt, dass dieser Sieg für ihn keine Überraschung ist. Hat er so viel Ahnung vom Rennsport oder wie kommt das?"


    Schumacher: "Vielleicht Vertrauen."


    Frage: "Noch eine abschließende Botschaft an die Fans?"


    Schumacher: "Beim Heim-Grand-Prix zu gewinnen, ist ein schönes Gefühl, das ich schon längere Zeit nicht mehr hatte. Gestern waren wir noch ein bisschen verhalten, aber auch optimistisch hinsichtlich der Strategie. Das hat sich heute bewahrheitet, also können wir mit diesem Resultat sehr glücklich sein. Wir haben in der Meisterschaft weitere zwei Punkte aufgeholt. Klasse für Felipe (Massa; Anm. d. Red.), der zum ersten Mal das Podium erreicht hat - ein sehr gutes Resultat also für Ferrari. Darauf können wir aufbauen. Wir hoffen, auch bei den nächsten Rennen so zuverlässig schnell zu sein wie bisher. Ich hoffe, ihr hattet alle Spaß, und freue mich darauf, euch beim nächsten Rennen wieder zu sehen und wieder auf eure Unterstützung zählen zu können!"



    quelle: dpa

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