Dreamfall - Mitreißendes Abenteuer

  • ... weckt Sehnsucht nach einer Fortsetzung


    Mit "The Longest Journey" schuf Funcom vor einigen Jahren ein atmosphärisches Adventure um eine junge Frau namens April Ryan, die gleich zwei Welten vor dem Untergang retten und damit das Universum ins Gleichgewicht bringen musste. Mit "Dreamfall: Longest Journey" wird die Geschichte weitererzählt und bringt neue, noch viel größere Bedrohungen mit sich; aufgepeppt mit hübscher 3D-Grafik, Action-Elementen, einem grandiosen Soundtrack und zwei zusätzlichen spielbaren Helden.

    Dreamfall hat einige Zeit auf sich warten lassen und so mancher in der Spielebranche sowie unter den Longest-Journey-Fans zweifelte daran, dass aus dem Projekt noch etwas Vernünftiges werden könnte. Ein Grund dafür war auch, dass Ragnar Tornquist und sein Dreamfall-Team kein reines Klick-Adventure entwickeln, sondern etwas mehr Abwechslung durch Action-Einlagen hineinbringen wollten. So ist Dreamfall kein reines Adventure mehr, sondern bietet auch unter Zeitdruck zu lösende Rätsel, Kämpfe gegen Bösewichte und erfordert mitunter Schleichen oder Wegrennen.


    Seit wenigen Tagen ist Dreamfall auch in Deutschland erhältlich - und konnte die Sorgen zerstreuen. Das Spiel beginnt nicht mit April Ryan, sondern mit der in "Longest Journey" noch nicht aufgetauchten Zoe Castillo. Zoe muss sich im Verlauf der Geschichte von einer ziellosen Biotechnologie-Studienabbrecherin zur Heldin mausern, um ihren Ex-Freund, ihr eigenes und das Leben vieler Menschen auf den gegensätzlichen Welten Stark und Arcadia zu retten.

    Die Geschichte von Dreamfall spielt im Jahr 2219, zehn Jahre nach den Geschehnissen von "Longest Journey", die starke Auswirkungen hatten und die Zivilisation eine Zeit lang zum Erliegen brachten. Zoe startet auf Stark, genauer gesagt in Casablanca, und weiß nichts von Parallelwelten. Dass aber etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, wird ihr recht bald klar - erst bekommt sie Visionen, die sich um die ihr unbekannte und offenbar in Gefahr befindliche April drehen. Und dann verschwindet auch noch ihr Ex-Freund, der gerade für eine Verschwörungsgeschichte recherchierte.


    Zoe versucht der Sache nachzugehen und gerät daraufhin selbst in das Visier der wenig zimperlichen WATI Corporation. Diese arbeitet hinter den Kulissen an einem neuen Produkt, das die Welt verändern soll - nicht zum Besseren, wie sich bald herausstellt. Irgendwann verschlägt es Zoe dann auch endlich ins magische Arcadia, wo die aus dem alten Spiel bekannte Stadt Marcuria unter Besatzung von Magie- und nicht menschenfeindlichen Invasoren steht.


    Hier kommt April dann ins Spiel, die ihrer Weltenretter-Rolle überdrüssig ist, im Widerstand kämpft und deshalb einen "Apostel" der Besatzer auf sich angesetzt bekommt. Dieser Apostel - eher eine Art Auftragskiller als ein friedliebender Wanderprediger - ist neben Zoe und April der dritte Charakter, den es immer wieder einmal zu steuern gilt. Größtenteils erleben die Spieler das Abenteuer aus den Augen von Zoe.


    Die Steuerung am PC erfolgt per Maus und Tastatur oder per Gamepad - in der 3D-Szenerie bewegen sich die Helden in der Beobachterperspektive ähnlich wie in einem Shooter. Ein Gamepad kommt auch bei der Xbox-Version zum Einsatz, die uns aber anders als die PC-Version nicht vorlag. Anders als bei klassischen Adventures wird nicht mit der Maus in der Szene umhergeklickt, stattdessen gibt es einen Bewegungsmodus und einen, in dem Gegenstände betrachtet und angefasst werden können.


    Das Inventar ist recht simpel gehalten, aufgenommene Gegenstände können mitunter kombiniert und in bestimmten Szenen angewandt werden; was nicht mehr gebraucht wird, verschwindet meist. Lediglich Gegenstände wie ein Mobiltelefon und ein später zu organisierender elektronischer Dietrich begleiten Zoe durch das Spiel - das Handy dient zum Hacken von Computersystemen, mit dem elektronischen Dietrich werden Schlösser geöffnet. Dies geschieht in Form von Mini-Spielen, in denen - teils unter Zeitdruck - Puzzles gelöst werden müssen. Wer es nicht gleich schafft, kann es nochmal versuchen.


    Mehr Konsequenzen haben Action-Sequenzen, in denen Gegnern ausgewichen werden muss. Schafft man es nicht, unentdeckt zu bleiben oder schnell zu flüchten, ist das Abenteuer aus und es gilt, vom letzten Speicherpunkt zu wiederholen. Gespeichert werden kann - mit Ausnahme der Zwischensequenzen - jederzeit. Die Kämpfe in Dreamfall sind in der Regel nicht sehr schwer, die Steuerung fühlt sich hier aber leider nicht wie in einem Kampfsportspiel an, sondern reagiert sehr träge.


    Viele Kämpfe in Dreamfall lassen sich vermeiden, sei es durch vorsichtiges Vorgehen oder durch die Wahl der richtigen Worte in Konversationen. Friedliebendere Spieler kommen damit also auch auf ihre Kosten. Alternative Lösungsmöglichkeiten finden sich immer wieder einmal in Dreamfall. Ein Beispiel: In einer Szene kann etwa die Flucht auf zwei verschiedene Arten erfolgen - und zusätzlich kann Zeit gewonnen werden, indem eine Tür mit einem Besen blockiert wird. Schade ist nur, dass die Spieler am Ende der Dreamfall-Geschichte zum reinen Zuschauer werden, die Geschichte macht das aber mehr als wett.


    Die Präsentation von Dreamfall ist sehr gelungen. Zum einen wäre da die abwechslungsreiche 3D-Grafik, welche die Welten und ihre Bewohner sehr gut zur Geltung bringt, was auch für die vielen kleinen bis längeren Zwischensequenzen gilt. Zum anderen wäre da die gelungene Musik, die schon alleine im Startbildschirm für Atmosphäre sorgt. Die deutsche Version von Dreamfall zeichnet eine Besonderheit aus: Es ist möglich, zwischen der englischen oder deutschen Sprachausgabe zu wählen. Die optionalen Untertitel lassen sich unabhängig davon in Englisch oder Deutsch darstellen.


    Leider kommt die deutsche Sprachausgabe nicht an den deutlich stimmungsvolleren englischen Originalton heran. Sei es durch etwas andere Betonung bzw. Tonlage oder durch leicht falsch übersetzte Worte und Sätze. Mitunter wird die Bedeutung damit auch verfälscht, etwa wenn die Computernetze von Stark statt durch "Static" durch eine "Stasis" bedroht werden - obwohl eigentlich eher atmosphärische oder elektromagnetische Störungen gemeint sind. Der spannenden Geschichte setzt das zum Glück nur wenig zu. Schlecht ist der deutsche Ton nicht, er wird dem des Originals aber nicht ganz gerecht. Insofern ist es erfreulich, dass ein Umschalten möglich ist.


    Auf weniger Freude wird hingegen der Starforce-Kopierschutz von Dreamfall stoßen, der in Europa auf Geheiß des Publishers Micro Application eingesetzt wird. Dabei handelt es sich um die Version 3.0 von FrontLine, die in der Vergangenheit in die Kritik geraten ist und sich tief ins Windows-2000/XP-System eingräbt. Im Test machte der Kopierschutz bei Golem.de zwar keine Probleme, aber wer darauf verzichten will, dem bleibt wohl nur der Griff zur angeblich Starforce-freien US-Version von Dreamfall. Es gibt noch eine andere Möglichkeit, Dreamfall ohne Starforce-Kopierschutz spielen zu können: Seit 24. Mai 2006 kann das Spiel auch als Download über Funcoms Online-Shop oder über das zu IGN zählende Direct2Drive.com bezogen werden - dann steht allerdings ein 3,6-GByte-Download an.

    Als Systemvoraussetzungen für PC-Besitzer werden Windows 2000 oder XP, mindestens ein Prozessor der Pentium-4-Klasse ab 1,6 GHz, 256 MByte RAM und eine DirectX-9-Grafikkarte mit 64 MByte genannt. Wer in hohen Auflösungen mit Kantenglättung und allen Effekten spielen will, sollte deutlich mehr als die Mindestvoraussetzung vorweisen können. Ansonsten lässt sich das Spiel auch mit Onboard-Grafik spielen, wenn einige Ruckler und geringere Detailstufen verschmerzt werden können.


    Dreamfall ist seit dem 23. Mai 2006 im Handel erhältlich. Die PC-Version kostet rund 45,- Euro, die Xbox-Variante 50,- Euro. Eine Xbox-360-Ausführung ist nicht geplant.


    Fazit:


    Longest-Journey-Vater Ragnar Tornquist hat es geschafft: Dreamfall ist ein Spiel geworden, auf das kein Adventure-Fan verzichten sollte, schon gar nicht, wenn der Vorgänger zu den persönlichen Favoriten gehört. Grafik, Sound und Handlung wurden zu einem schönen Gesamtwerk verwoben, das ganz nach Art eines Films Emotionen zu transportieren weiß. Dabei ist der Wechsel vom reinen Klick-Adventure zu einem Adventure mit Action-Einlagen zum Glück größtenteils gelungen; die vereinzelten Kampfszenen leiden etwas an der trägen Steuerung, lassen sich aber meist umgehen.


    Die Entwickler haben zwar das Adventure-Genre nicht neu erfunden, ihr Spiel bietet aber alternative Lösungswege, Abwechslung und eine gesunde Prise Adrenalin. Dreamfall hat damit gute Chancen, zu einem Klassiker zu werden, ähnlich wie es bei "The Longest Journey" der Fall ist. Auch wenn Tornquist angibt, noch kein Dreamfall 2 zu planen, lässt das Ende der Geschichte doch auf eine Fortsetzung schließen - und hoffen. Es wäre schade, wenn es keine gäbe, denn die Geschichte um Zoe, April und Kian ist noch nicht zu Ende.


    quelle: golem


    screenshots: http://scr3.golem.de/?d=0605/Dreamfall&a=45608

    Unterwegs sein


    das ist es doch
    per pedes per Rad
    per Bahn per Flugzeug
    per Kopf in ferne Zonen
    zu finden was unauffindbar
    jenseits der Grenzen
    deiner selbst