Scarface

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    Regie: Brian DePalma
    Drehbuch: Oliver Stone
    Produktion: Martin Bergman
    Musik: Giorgio Moroder


    Cast:
    Al Pacino
    Michelle Pfeifer
    Robert Loggia
    Steven Bauer
    Mary Elizabeth Mastrantonio
    F. Murray Abraham


    Rezension


    Scarface. Nun, wie will ich diesen Film bezeichnen?
    Der Begriff "Meisterwerk" trifft es nicht in Gänze. Vielmehr handelt es sich um eine cineastische Offenbarung - und zwar in allen Bereichen!


    Die Geschichte erzählt mit der Konsequenz und Vehemenz einer Shakespearesquen Tragödie -und mit ebenso vielen Morden innerhalb und außerhalb der Familie- vom Aufstieg des kubanischen Exilanten Antonio Montana, seines Zeichens machthungirger, dennoch in seinem Rahmen moralisch und konsequent handelnder junger Mann, der den amerikanischen Traum Wirklichkeit werden lässt - "with a vengence", wie es im Trailer heißt. Und genau hier muss man Drehbuchautor Oliver Stone Respekt zollen: "Scarface" geriet zu keiner Sekunde zu einem pro-amerikanischen Propagandaschund, nein, sogar die damalige miserable Lage der Exilkubaner wird ungeschönt gezeigt. Und Stone spendierte den Figuren Tiefe. Tony Montana ist eben keineswegs der eiskalte Killer, der nur auf Macht und Geld aus ist. Oh nein, Tony hat mit sich selbst zu kämpfen, er zerbricht letztlich an seinen eigenen Moralvorstellungen, an seiner Paranoia und an seiner Kokainsucht.
    Der Weg nach oben und der schnelle Fall nach unten - Oliver Stone hat ein grandioses Drehbuch geliefert, das hart, ehrlich, konsequent und dennoch emotional, aber nie übermäßig pathetisch den Werdegang Tony Montanas zeichnet.
    Letztlich entpuppt sich "Scarface" nicht als Actionfilm, nicht als pointenreiches Possenspiel. Es ist eine Charakterstudie und gleichsam ein Werk, daß der Gesellschaft auf sehr drastische Weise die Perversion des Kapitalismus vorhält und wie selbiger Menschen zerstört. Anerkennung, "keine Angst vor gar nichts", soziale Anerkennung, all dies sind Dinge, die gemeinhin als positiv bewertet und erstrebenswert gelten. Was aber, wenn es keine Grenze gibt? Wenn man in diese Spirale gerät, die einen zu immer mehr, immer schneller treibt? Wenn man Macht und Geld alles unterordnet, oder besser: alles unterordnen _muss_? Diese Zerrissenheit, Emotionen gegen emotionale Kälte, Vorsicht gegen Kurzschlussreaktionen, Fürsorge gegen fehlgeleitete Moral, letztlich Liebe gegen Misstrauen und Ehrlichkeit, Moral gegen Kaltblütigkeit - all das sind innere Konflikte, die der Hauptcharakter auszufechten hat. Wer also einen tumben Metzelfilm möchte: Bitte, in der B-Movieabteilung jeder Videothek dürfte für eueren Geschmack "Besseres" zu finden sein.



    Darstellerisch ist der Film wie ein Lehrbuch.
    Al Pacino IST Tony Montana. Mit einer solchen Intensität habe ich selten einen Schauspieler einen Charakater spielen sehen. Allein der Ausdruck in seinen Augen, als er seinem Partner und Freund klarmacht, daß dieser sich nicht an Montanas Schweseter heranzuwagen hat - Gänsehaut! Keine Grimasse, keine verzogene Visage - einfach nur den Ausdruck in den Augen, der eindeutig den Sensenmann darstellt. Und egal in welcher der zahlreichen emotionalen Hochs oder Tiefs Montana sich befindet: Pacino gibt hier wirklich ein Paradebeispiel dessen ab, was darstellerisch als Optimum herauszuholen ist - bis hin zur legendären Finalszene.
    F. Murray Abraham, Michelle Pfeiffer, Steven Bauer - ebenfalls Namen, die einem alles andere als unbekannt sein dürften. Und allesamt überzeugen. Auf jeden einzeln einzugehen, sprengte den Rahmen dieser Rezension, nur soviel: Es gibt keinen einzigen Aussetzer im gesamten Cast.



    Für die Musik war der großartige Giorgio Moroder verantwortlich und er spendierte "Scarface" einige der nachhaltigsten Disco-Hits der End-70er/80er Jahre. Wählte man heute vermutlich düstere Hip-Hop Werke, griff Brian DePalma anno 1983 auf den vorherrschenden Disco-Pop zurück, dem Moroder zudem einige passende, bewegende und düstere Synth-Einlagen mehr spendierte. Insgesamt spiegelt auch die Musik die im Film vorherrschende Zerrissenheit wieder: Sommer, Sonne, Strand auf der einen, Blut, Gewalt, Korruption und Paranoia auf der anderen Seite.



    Fazit:
    Scarface ist Pflichtprogramm. Für jeden Cineasten. Für jeden, der Action- oder Gangsterfilmen etwas abgewinnen kann. Für jeden, der einfach sehen, bzw. erleben möchte, wie perfektes Kino funktioniert.
    Ein Klassiker, der aus den modernen Unterhaltungsmedien nicht wegzudenken ist. Ein Klassiker, der Filmgeschichte schrieb. Ein Klassiker, der auf ewig unerricht bleiben wird. SO wird großes Kino gemacht.


    -edit-
    PS:
    Finger weg von der "Freigegeben ab 16 Jahren"-Fassung.
    In dieser hat man seitens Universal ein regelrechtes Schlachtfest hingelegt und dieses Meisterwerk um knapp 20 Minuten gekürzt!
    Und zwar ohne Rücksicht auf Kontinuität oder Handlungsnachvollziehbarkeit.

    Hey, ihr Hobbyfriseusen.
    Der Pudel von eurer Oma hat eure Barbiepuppen zerfleischt und ICH hab ihm dabei geholfen - wir hatten einen Mordsspaß!

  • vielen dank für den hinweis. ich werde ihn mir mal zu gemüte führen. :]

    Unterwegs sein


    das ist es doch
    per pedes per Rad
    per Bahn per Flugzeug
    per Kopf in ferne Zonen
    zu finden was unauffindbar
    jenseits der Grenzen
    deiner selbst