Islamisten-Gruppe warnt Deutschland und Österreich vor Anschlägen

  • Neues Islamisten-Video mit Drohungen gegen Deutschland: Eine Gruppe namens "Stimme des Kalifats" warnt vor Attentaten, wenn die Bundeswehr nicht aus Afghanistan abzieht. Auch Österreich sei im Visier. Erst gestern war ein Video der beiden deutschen Geiseln im Irak veröffentlicht worden.


    Berlin - Das sechs Minuten lange Video, das SPIEGEL ONLINE vorliegt, wurde in demselben einschlägig bekannten Internetforum veröffentlicht, auf dem schon am Samstagmorgen die grausamen Bilder zweier deutscher Geiseln im Irak verbreitet worden waren. "Warum solltest Du (Deutschland) all diese wirtschaftlichen Interessen gefährden wollen für das Wohl von Bush und seiner Bande?", fragt ein Sprecher darin auf Arabisch und mit Blick auf das deutsche Engagement in Afghanistan. "Ist es nicht dumm, die Mudschahidin zu ermutigen, Anschläge in eurem Land zu verüben?"


    Das erste Video mit den beiden deutschen Geiseln stammte von einer Entführergruppe im Irak, die sich "Pfeile der Rechtschaffenheit" nennt. Für das zweite Video, das am Samstagabend bekannt wurde, zeichnet die "Stimme des Kalifats" verantwortlich, ein islamistischer Online-Fernsehkanal.


    Als Reaktion auf die darin enthaltende Warnung hat das österreichische Verteidigungsministerium schon die Sicherheitsvorkehrungen für sein Kontingent in Afghanistan erhöht. Das berichtete die österreichische Nachrichtenagentur APA. Allerdings habe Österreich lediglich fünf Offiziere in Afghanistan stationiert. Das Auswärtige Amt in Berlin wollte zu dem Video zunächst keine Stellungnahme abgeben.


    Eine Institution namens "Stimme des Kalifats" ist schon mehrfach in Erscheinung getreten, erstmals 2005. Dabei handelte es sich zunächst um den Versuch, eine wöchentliche Internet-Fernsehsendung unter diesem Namen zu etablieren, die Terrorsympathisanten in aller Welt mit Informationen über die dschihadistische Internationale versorgt. Die Macher der Sendung, von der nicht einmal ein halbes Dutzend Ausgaben erschienen, entstammten nach eigenen Angaben der "Global Islamic Media Front" (GIMF).


    Terroristen oder Trittbrettfahrer?


    Die GIMF war ursprünglich eine Art Online-Nachrichtenagentur, die dem Terrornetzwerk al-Qaida nahe stand. Mittlerweile scheint sie aber komplett in die Hände von Terrorsympathisanten übergegangen zu sein, die es als ihre Aufgabe betrachten, Neuigkeiten von al-Qaida & Co. (die sie im Internet auf einschlägigen Dschihad-Websites zusammensuchen) einem möglichst großen Publikum zugänglich zu machen. Zu Terroranschlägen haben sich bisher aber weder die GIMF noch der Kanal "Stimme des Kalifats" bekannt.


    Einige Experten vermuten, dass es sich eher um Trittbrettfahrer als um Terroristen handelt, die lediglich versuchen, mit lautstarken Erklärungen und Drohungen Angst und Schrecken zu verbreiten. Es gibt bereits Beispiele für solcherlei Trittbrettfahrer-Zusammenschlüsse, etwa die "Brigaden des Abu Hafs al-Masri", die 2003 und 2004 ständig mit Anschlägen in Italien und gegen den Vatikan drohten, und außerdem die Verantwortung für einen Stromausfall in den USA übernahmen.


    Seit einigen Monaten hat die GIMF allerdings auch eine deutschsprachige Filiale. Auf der Webseite der "Globalen Islamischen Medienfront" werden Terrorvideos aus dem Irak, Bekennerschreiben und andere Propaganda verbreitet. Die an Deutschland und Österreich gerichtete Drohung war dort in der Nacht zum Sonntag in einer mit deutschen Untertiteln versehenen Version verlinkt. Vor kurzem führten Reporter von SPIEGEL TV ein interview mit einem Macher der deutschsprachigen GIMF-Seite, in der der Mann unter anderem erklärte, nach außen wirke er völlig normal, tatsächlich befinde er sich aber im Krieg.


    "Bush und seine Bande"


    In dem Droh-Video der "Stimme des Kalifats" heißt es unter anderem: "Der weise Mensch zerstört seine Sicherheit nicht durch seine eigenen Hände. Wir fragen uns: Welchen Nutzen hat Deutschland davon, dass es 2750 Soldaten als Unterstützung für die Nato-Truppen schickt, um die Lügen von Bush und seiner Bande zu verteidigen?" Im Hintergrund ist währenddessen ein vermummter "Nachrichtensprecher" zu sehen, ebenfalls eingeblendet ist das Foto eines deutschen Militärfahrzeuges, offenbar in Afghanistan. "Die deutsche Regierung log ihr Volk an, als sie sagte, dass die Teilnahme der Deutschen bei den Nato-Truppen für den Wideraufbau gedacht ist", heißt es weiter.


    Auch auf die Fotos, die deutsche Soldaten in Afghanistan zeigen, die mit Skeletten und Totenköpfen hantieren, nehmen die Videomacher Bezug. Aiman al-Sawahiri, der Stellvertreter des Qaida-Chefs Osama Bin Laden, wird in dem Video als "unser Scheich" bezeichnet. Dass die deutschen Soldaten lediglich im Norden stationiert seien, "wird sie nicht in Sicherheit vor den Mudschahidin der al-Qaida und der Taliban bringen", sagt der Sprecher laut der deutschen Übersetzung weiter.


    An die Adresse Österreichs gerichtet heißt es in der Aufzeichnung laut des deutschen Untertitels: "Eure Soldaten sind für unsere Brüder, die Mudschahidin, keine wirkliche Bedrohung." Doch sie seien eine "wichtige Unterstützung" für "Bush und seine Bande". Noch sei Österreich ein sicheres Land, aber das könne sich ändern, wenn es erst einmal in den Fokus der Mudschahidin gerate. Die neue Regierung werde deshalb "eingeladen", ihre Soldaten aus Afghanistan abzuziehen. Sie habe ohnehin keinen Nutzen davon. "Entscheidet schnell und zieht eure Soldaten ab, denn dies ist nicht euer Krieg."


    Nach Informationen aus Österreich ist es unwahrscheinlich, dass das Video der "Stimme des Kalifats" eine Reaktion auf das Geisel-Video der irakischen Gruppe "Pfeile der Rechtschaffenheit" ist, in dem ebenfalls der Abzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan gefordert wird. Nachrichtenagenturen zitierten österreichische Behörden mit der Aussage, das Drohvideo sei ihnen schon seit Freitagabend bekannt.


    Am Samstagmorgen war ein Video veröffentlicht worden, das zwei seit Wochen im Irak verschleppte deutsche Geiseln zeigt, eine Mutter und ihren etwa 20-jährigen Sohn. Die Frau bittet in dem Film mit verzweifelter Stimme die deutsche Regierung um Hilfe. Die Entführer fordern den Abzug Deutschlands aus Afghanistan binnen zehn Tagen.


    quelle: dpa/Reuters

    Unterwegs sein


    das ist es doch
    per pedes per Rad
    per Bahn per Flugzeug
    per Kopf in ferne Zonen
    zu finden was unauffindbar
    jenseits der Grenzen
    deiner selbst