"Enterprise": Rückblick und Vorschau

  • Die Wogen haben sich oberflächlich geglättet. Die Xindi-Waffe wurde zerstört. Die Delphic-Ausdehnung ebenso. Die Enterprise hat mal wieder die Erde gerettet, wofür ihr Captain namens Archer heldenhaft sein Leben gegeben hat. Zeit also, ein paar Gedanken über die Zukunft, genauer gesagt die vierte Staffel, von "Star Trek: Enterprise" zu formulieren.


    Jedem, der die letzte Folge der dritten Staffel namens "Zero Hour" (etwa: "Die Stunde Null") gesehen oder schon etwas darüber gelesen hat, dürfte auffallen, dass bei der obigen Einleitung ein Aspekt, und zwar die letzte Szene der Episode, weggelassen wurde. Die Herren Autoren Berman und Braga haben mal wieder versucht, mit der Holzhammermethode einen Cliffhanger zu erschaffen und sind wie des Öfteren kläglich gescheitert. Sie können dieser Argumentation nicht zustimmen? Dann schauen wir uns das Ende doch mal genauer an.


    Wir haben es offensichtlich mit einer Zeitreise zu tun. Wow, viel klischeehafter geht es nun wirklich nicht mehr. Man könnte jetzt anfangen, die einzelnen Trek-Episoden auf Zeitreisen zu untersuchen und nebenbei eine Strichliste führen. Leider fehlt mir dazu die Zeit (enger Terminplan), aber jeder, der sich in Trek auskennt, dürfte ganz unverbindlich zustimmen, dass die Zeitreise als stilistisches Mittel im Dramenaufbau mehr als ausgeleiert ist.


    Dann zu der Frage, wo man gelandet ist, natürlich mitten im Zweiten Weltkrieg. Dieses Thema ist sicherlich geschichtlich interessant, aber auch schon häufig frequentiert worden. Einen Vorteil hat es natürlich für die Autoren, die Feindbilder sind klar definiert, jeder (auch der totale Durchschnitts-Amerikaner) weiß, wer zu dieser Zeit die Guten und wer die Bösen sind. Damit gibt es keine interessanten Überraschungen wie beispielsweise bei den Xindi, dass man etwa nicht genau weiß, wer denn nun der Gute und wer der Böse ist, beziehungsweise, dass Charaktere einfach mal so die Seite wechseln.


    Weiterhin haben wir es höchstwahrscheinlich mit einer alternativen oder zumindest abgeänderten Realität zu tun. Dies kann aus dem unbekannten Alien in Uniform aus der letzten Szene geschlossen werden. Auch alternative Realitäten (auch Spiegeluniversum genannt) sind nicht wirklich neu - vielleicht nicht ganz so überbeansprucht wie Zeiteisen, aber auf jeden Fall auch schon öfters da gewesen. Das Gute daran ist, dass man sich ganz einfach des mächtigen roten Knopfes bedienen kann. Innerhalb weniger Sekunden ist es möglich, in die "normale" Raum-Zeit-Ebene zurückzukehren und alles, was vorher geschehen ist, kann getrost ad acta gelegt werden. Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass der Cliffhanger von Staffel 3 zu Staffel 4 sich ausgelutschter und unkreativer Plotelemente bedient, welche die Aufmerksamkeit von Dingen, die wichtig sind, wie zum Beispiel Charaktere und deren Entwicklung, ablenkt.


    Nun, all dies muss nicht notwendigerweise bedeuten, dass der Anfang der vierten Staffel ein totaler Reinfall wird, aber wenn Berman und Braga die Episoden schreiben, wird es sicherlich schlimm. Die Jungs bringen es Science-Fiction-mäßig in letzter Zeit leider einfach nicht mehr auf ein hohes Niveau. Wie heißt es doch so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt. In diesem Sinne können wir ja noch bis Anfang September hoffen, dass man sich besinnt und einen interessanten, spannenden (soll heißen, dass man nicht nach zehn Minuten den Ausgang der Episode herleiten kann), kreativen, von Charakterentwicklung geprägten Staffelstart hinlegt.


    Weiter geht es mit ein paar Wünschen und Anregungen, was im Idealfall von der vierten Staffel zu erwarten wäre. Das Problem einer jeden Serie ist es, wie man es schafft, den Gelegenheitszuschauer anzusprechen und gleichzeitig die treuen Stammzuschauer nicht zu langweilen. Ein Kompromiss hierzu wären so genannte Minihandlungsbögen, in welchen innerhalb von drei bis fünf Episoden ein bestimmtes Thema behandelt wird, wobei jedoch die einzelne Folge trotzdem noch verständlich bleibt. Sicherlich eine Herausforderung für die Autoren, aber eine gute Möglichkeit, beiden Zuschauerfraktionen etwas zu bieten.


    Es wurde angekündigt, dass "Enterprise" in der vierten Staffel nur noch 22 Episoden beinhalten wird. (Im Vergleich dazu hatten die ersten beiden Staffeln jeweils 26 Episoden und die dritte 24.) Dies ist sicherlich auf den ersten Blick traurig, da man von der absoluten Zeit her gesehen weniger Trek zu sehen bekommen wird, doch gibt es (theoretisch) ein paar positive Aspekte. Das Produktionsteam hat mehr Zeit, sich auf die einzelnen Episoden zu konzentrieren und somit besteht die Möglichkeit, dass langweilige "Überbrückungsepisoden" nicht mehr so oft vorkommen. Nebenbei passt man sich mit dieser Politik modernen TV-Standards an.


    Ein weiteres Gerücht, welches durch die Weiten des Internets schwirrt, ist, dass "Enterprise" wieder mehr erdbezogen wird. Man könnte sich also vorstellen, dass nachdem die Enterprise nach den ersten drei bis vier Episoden in die gewohnte Raum-Zeit-Ebene zurückgekehrt ist, sie nahe der Erde stationiert wird und von da zu kleineren Missionen aufbricht (wie bereits gesagt drei bis vier Episoden lang). Auf diese Weise hätte man die Möglichkeit, Entwicklungen auf der Erde genauer zu untersuchen und gleichzeitig auch noch spannende Weltraumabenteuer zu erleben.


    Das Schlüsselelement einer jeden Serie sind aber immer noch die Charaktere und deren Interaktion untereinander beziehungsweise deren Entwicklung. Hier besteht großer Handlungsbedarf. Man muss sich mit den oder zumindest einem Charakter identifizieren können. Die Charaktere, die bis jetzt etabliert worden sind, müssen aus der Klischeeecke herausgeholt und vielschichtiger gemacht werden. Dazu muss man ihnen natürlich mehr Zeit auf dem Bildschirm einräumen und sich nicht immer wieder nur Archer, T'Pol und Tucker zuwenden. Die Beziehung der Letzteren kann meinetwegen auch erforscht werden, aber bitte auf einem anspruchsvollen Niveau. Der Hauptkritikpunkt bei der ganzen Angelegenheit ist, dass es bitte nicht wie in einer Soap zugehen soll. Wir wollen einfach keine Weekly Soap im Weltraum! Wann kapieren das die Autoren endlich?


    Zu guter Letzt ein paar Worte zur neuen Sendezeit. Scott Bakula sagte kürzlich in einem Chat, dass er vom Freitagabend begeistert sei. Diese Begeisterung kann ich nur bedingt teilen. Nur zur Erinnerung: "Voyager" und "Enterprise" liefen auch schon mal in Deutschland zu dieser Sendezeit mit nur bescheidenem Erfolg. Die meisten Leute in der primären Zielgruppe der Serie haben einfach am Freitagabend etwas anderes zu tun, als sich vor den Fernseher zu setzen. Sicherlich, es gibt Videorekorder, werden Sie jetzt sagen. Stammzuschauer werden sicherlich davon Gebrauch machen (wenn man nicht gerade mal wieder vergisst, seinen VCR zu programmieren), aber mir geht es mehr um die Gelegenheitszuschauer. Davon gibt es meiner Meinung nach am Freitagabend potenziell weniger als am Mittwoch. Aber schauen wir einmal, wie sich die Quoten entwickeln werden.


    Am Ende bleibt einem, wie schon nach den letzten Staffeln, nichts anderes übrig, als auf das Prinzip Hoffnung zu bauen. Es ist unbestritten, dass "Enterprise" sich in den zurückliegenden Jahren durchaus weiterentwickelt hat - teilweise wurden Verbesserungen vorgenommen, manche Sachen sind auch nach hinten losgegangen, aber alles in allem geht es voran. Zumindest hat man die meiste Zeit dieses Gefühl. Wenn diese Bestrebungen nun konsequent fortgesetzt werden, ist es durchaus möglich, dass sich "Enterprise" auf dem hart umkämpften TV-Markt etablieren kann. Ansonsten ist die Zukunft so ungewiss wie die Weiten des Weltraums!


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