Der Mann hinter John Sinclair

  • Köln - Er gilt als der erfolgreichste deutsche Autor - und doch kennt ihn fast niemand. Seine Romanhefte und Taschenbücher, in denen Geisterjäger John Sinclair von Scotland Yard das Böse bekämpft, wurden gut 270 Millionen Mal verkauft.


    Der Gruselspezialist Helmut Rellergerd schreibt seit gut 30 Jahren unter dem Pseudonym Jason Dark und bleibt dabei als Privatmann gern im Schatten. "Ich bin ein Mann des Hintergrunds", sagt der 61-Jährige, der in Bergisch Gladbach bei Köln täglich neue Schauer-Märchen erfindet. Auf seiner uralten Schreibmaschine entstehen Titel wie "Schrei aus dem Dunkel" oder "Lockruf des Trolls".



    Krimis und Gruselgeschichten sind Rellergerds Domäne. "Aber sie sind harmlos, keine Brutalität, kein Sex, denn der Jugendschutz prüft vorher jeden Titel." Trotz seiner Millionen-Verkaufszahlen ist Rellergerd, gelernte Chemie-Fachkraft, bescheiden geblieben: "Ich verstehe mich nicht als Dichter oder großer Erzähler, ich bin ein kreativer Handwerker, und ich schreibe in einer ganz alltäglichen Sprache." Titel wie "König des Groschenromans" oder "Trivial-Autor" stören Rellergerd nicht. Seine Leser kommen "quer aus der Bevölkerung" und sind zu 60 Prozent weiblich: "Ich habe Leser im Alter von 16, 17 Jahren bis ins Altersheim. Die können nicht alle dumm sein. Sie suchen Unterhaltung und Entspannung."


    Seit 27 Jahren schreibt Rellergerd, der sogar seine beiden Kinder zunächst lange über seinen Job im Unklaren ließ, ein Romanheft pro Woche für den Lübbe Verlag, seit 1981 zudem einen Roman pro Monat. Neu erschienen ist eine Krimi-Reihe für Kinder: Unter dem Titel "Die 3" machen drei furchtlose Kids Gaunern das Leben schwer. Im Herbst kommen zudem neue Thriller mit dem Agenten Don Harris vom europäischen Geheimdienst ESI in die Regale. Sehr erfolgreich laufe auch eine CD-Hörspiel-Reihe. Ausflüge in die TV-Welt mit John- Sinclair-Verfilmungen bei RTL seien dagegen missglückt, erzählt der Autor.


    Die Ideen gehen Jason Dark auch nach drei Jahrzehnten in dem Genre nicht aus. "Anregungen kommen von überall her, aus Fernseh-Magazinen, aus dem Internet, von den Medien." Wichtige Quellen sind auch Fachbücher, Geschichtswerke und die Bibel. "Außerdem habe ich mein ganzes Leben lang gelesen, von Mittelalter-Literatur über Goethe und Kleist bis Jules Verne oder Edgar Allen Poe, das prägt." Rellergerd sitzt täglich mehrere Stunden diszipliniert an seiner Schreibmaschine und brütet Geschichten aus. Trotz seiner "Fließband-Produktion" sei ihm eine Wiederholung bisher nicht vorgekommen. "Da würden mir die Leser sofort aufs Dach steigen."


    Auf Berühmtheit hat Rellergerd bewusst verzichtet, der Reichtum anderer Erfolgsautoren ist für ihn ebenfalls ausgeblieben: "Würde ich in Amerika leben, wäre ich mit meiner Auflage Millionär, aber hier habe ich mich bisher mit eher niedrigen Pauschalhonoraren begnügt, und ich kann gut leben davon." Dennoch werde er nicht mehr lange an Sinclair schreiben, sondern sich neuen Krimi-Themen und -Figuren zuwenden. Mit mehreren Verlagen sei er im Gespräch. "Solange ich beim Schreiben selbst noch eine Gänsehaut bekomme, mache ich auf jeden Fall weiter."


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