Schacherreiters Bücherregal Teil 74
Mehr als bloße Science-Fiction
Der Franzose Jules Verne (1828-1905) ist ein Pionier der Science-Fiction-Literatur. Seine halbwissenschaftlichen Abenteuerromane gehören zu den Long- und Bestsellern der Weltliteratur. Der Roman "Von der Erde zum Mond" (1865) ist jetzt in der Neuübersetzung von Volker Dehs und mit den Illustrationen der französischen Originalausgabe erschienen. Ein Grund zum Neu- oder Wiederlesen.
Für Menschen von heute, die bereits auf eine reale bemannte Mondlandung zurückblicken, sind einige Ähnlichkeiten zwischen Jules Vernes Fiktion des Jahres 1865 und der Wirklichkeit des Jahres 1969 verblüffend: Die Abschussrampen für beide Raketen liegen in Florida. Die von Verne geschätzte Flugzeit (97 Stunden, 20 Minuten) kommt der realen Flugzeit sehr nahe. Bei zwei Astronauten-Namen gibt es phonetische Ähnlichkeiten (Aldrin/Ardan; Collins/Nicholl). Die Namensähnlichkeit der Raumfähren (Kolumbiade/Columbia) ist allerdings kein Zufall.
Der Grundstein für die fiktive Mondfahrt in Vernes Roman wird gelegt, als amerikanische Waffenfanatiker den Gun Club gründen. Der Sezessionskrieg ist vorbei, die Veteranen vermissen den Kanonendonner, und so füllen sie ihr Sinnvakuum durch den Bau einer riesigen Kanone, die ein Geschoß zum Mond befördern kann.
Bereits auf den ersten Buchseiten wird Jules Vernes ironisch-kritischer Blick auf den Gun Club deutlich, und fast zynisch mutet der Schluss an. Die Mondfahrer erreichen ihr Ziel nicht, und der Autor scheint ein bösartiges Vergnügen daran zu haben, sie endlos auf einer Mond-Umlaufbahn kreisen zu lassen.
1870 erlöste Verne die Mondfahrer durch den Fortsetzungsroman "Um den Mond herum". Die Abenteurer kehren auf die Erde zurück, die Raumfahrt wird in den USA eine patriotische Mission. So nah an der Realität kann Science-Fiction sein!
Jules Verne: "Von der Erde zum Mond" (Artemis&Winkler, 340 Seiten, 23,60 Euro )
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vom 03.01.2007
