Kunst: Spuren einer Reise

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    Pantoffeltierchen aus Tinte und Buntstift: Andreas Seltzers „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ (2004-06)
    Foto: Andreas Seltzer, Courtesy Laura Mars grp, Berlin


    Jules Vernes Die Reise zum Mittelpunkt der Erde gehört zu den literarischen Schätzen unserer Kindheit. Der fantastische Abenteuerroman, den Verne 1864 schrieb, kombiniert das damalige neue Wissen über Naturphänomene und vermeintlich Vertrautes mit Magma speienden Vulkanen, Kugelblitzen, Urtieren, fremdartigen Pflanzen und dampfenden Höhlengewässern zu einer anderen unbekannten Welt.


    Der Berliner Zeichner Andreas Seltzer hat Vernes Science-Fiction zum Ausgangspunkt für eine zeichnerische Entdeckungsreise in den Grundfarben Rot, Blau und Gelb genommen, die jetzt in der Galerie Laura Mars grp. zu sehen ist. Handschriftliche Zeilen mit Passagen aus dem Roman bilden den Hintergrund skurriler Gebilde mit kranartigen Fangarmen und Schaufeln. Dazwischen tauchen immer wieder Erdbälle mit fiktiver Geografie und sich kreuzenden Wegesystemen auf, durch die der Betrachter von Blatt zu Blatt mäandert, um schließlich im Irgendwo eines Nirgendwo anzukommen. Das Zeichnen wird zur Spur, zur Kartografie eines fantastischen Anderswo, das bar von Sinn und Ordnung sein eigenes Erscheinen zelebriert.


    Andreas Seltzer ist vor allem durch den von ihm 1990 in Berlin gegründeten Bilderdienst bekannt geworden. Mit ihm stöberte Seltzer bereits in visuellen Randbezirken, lange bevor die Bildwissenschaften sich die Erforschung des Sichtbaren jenseits der Grenzen von Kunst, Wissenschaft und Alltagskultur auf die Fahnen schrieben haben.


    Diese Zwischenräume vermag das Medium Zeichnung schon wegen seiner unaufgeregten Randstellung im Kunstbetrieb bestens auszuloten. Den Beweis tritt die dreiteilige Reihe an, in der die Galerie Laura Mars grp. auch Andreas Seltzers Bildbericht zeigt. Den Anfang machte im Januar die Zeichenserie „Kongo” von Vitek Marcinkiewicz: Der Berliner Senatsstipendiat stellte wunderbare Urwaldszenen aus, die sich in Schwarzweiß- und Grauwerten auflösten.
    Der letzte Teil des Ausstellungszyklus widmet sich ab 27. Februar unter dem Titel Soziale Grapheme den Signaturen des Alltäglichen. Er präsentiert Zeichnungen aus verschiedensten Quellen: Blätter mit Nahverkehrsplänen, Kreidekonturen, die die Polizei nach Unfällen anfertigte, Schnittmarkierungen eines Berliner Chirurgen, Schulwegkarten und Konstruktionszeichnungen eines Kombinationsmodells aus Schiffschaukel und Baukran. Sie entstammen zum Großteil dem Fundus des Bildersammlers Andreas Seltzer, der diese Ausstellung mit kuratiert.


    Bis 21.2.: Andreas Seltzer: „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde”
    27.2.-9.3.: „Soziale Grapheme”
    Laura Mars grp., Sorauer Str.3, Kreuzberg,
    Di-Fr 13-19 Uhr, Sa 12-16 Uhr


    Anja Osswald 12.02.2007 | 16:03 Uhr
    Andreas Seltzer, Courtesy Laura Mars grp, Berlin


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