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Titel: 20.000 Meilen unter den Meeren
Genre: Abenteuer
Label: Der Hörverlag
Laufzeit: ca. 145 Minuten (5.1 DVD)
Erscheinungsjahr: 2003
Preis: ca. Euro 29,95
ISBN: 3-89940-286-3
Inhalt:
"Die Abraham Lincoln läuft 1867 mit dem Auftrag aus, ein unbekanntes
Meeresungeheuer zu suchen. Neben Kapitän Farragut sind der Erzähler
Pierre Aronnax - ein Biologe -, sein Diener Conseil und der Harpunier
Ned Land an Bord. Bei der Begegnung mit dem vermeintlichen Ungeheuer werden Aronnax, Conseil und Ned Land über Bord gespült. Sie enttarnen das Ungeheuer als ein 90 Meter langes U-Boot mit allen technischen Finessen, das von Kapitän Nemo beherrscht wird. Die drei sind für neun Monate Gefangene auf der Nautilus und durchfahren mit ihr die Ozeane.
Sie kommen in den Genuss des Luxus an Bord, sehen die Meerenge von
Suez und besuchen die versunkene Stadt Atlantis, doch immer hin und
her gerissen zwischen Neugier und der Sorge, als Eingeweihte in die
Geheimnisse der Nautilus nie mehr auf die Erde zurückzugelangen.
Könnte ihnen eines Tages die Flucht gelingen? Oder ist es vielleicht
doch möglich, Käpitän Nemo zu einer Rückkehr in die menschlichen
Gesellschaft zu bewegen?"
Kritik:
Mit der Vertonung der Vernschen Geschichte um die Abenteuer des
Meeresbiologen Aronnax, seines Diensers Conseiles und des Harpuniers
Ned Land an Bord des Unterseebotes Nautilus sind die Produzierenden in
der Tat gleich ein mehrfaches Wagnis eingegangen.
Dies in Bezug auf den Inhalt, die technische Umsetzung, die
Handlungsführung, die Dramaturgie sowie zu guter letzt die
Sprecherbesetzung.
Denn die Erwartungen an das erste in Dolby 5.1 produzierte Hörspiel in
Bezug auf die oben genannten Kriterien sind entsprechend hoch.
Gerade auch deshalb weil der "Stoff" allenthalben bekannt ist, die
Geschichte bereits mehrfach hör- und filmtechnisch adaptiert wurde,
die vollmundigen Ankündigen ein in allen Belangen qualitativ
herausragendes Produkt versprechen und letztlich auch weil Walter
Adler für die Regie verantwortlich zeichnet....
Nun, zumindest in Bezug auf den technischen Aspekt bietet die
Produktion ein wirklich exorbitant gutes Hörerlebnis. Die Dolby
Digital (5.1) Effekte sind mannigfaltig ausgewählt und intonieren das
jeweilige Geschehen entsprechend des Machbaren. Die unterschiedlichen
"Sprecherorte" sind audiotechnisch differenziert und werden
authentisch inszeniert.
Dies gilt sowohl für die räumliche Platzierung der Akteure als auch
für die "tonliche" Visualisierung der jeweiligen Lokalitäten.
....
Allein dies reicht bei weitem nicht aus, um die überschäumenden
Lobpreisungen dieser Produktion auch nur im Ansatz gerechtfertigt
erscheinen zu lassen. Denn neben den klar positiv zu erwähnenden
technischen Finessen weist das Produkt nichts auf, was es(insbesondere
im Vergleich zu anderen Umsetzungen des vernschen Stoffes) besonders
wohlwollend erwähnenswert erscheinen ließe.
In diesem Sinne zu den Negativkritikpunkten:
Die Sprecherauswahl:
Die Auswahl der Sprecher ist brillant. Leider nur unter dem
Gesichtspunkt schauspielerischer Fähigkeiten. Nicht aber in Bezug auf
Stimmlage und Stimmcharakteristik. Gottfried John spricht den Prof.
Aronnax. ...
Beleibe leider nicht so, wie ich mir einen französischen
intellektuellen Meeresbiologen vom Sprachduktus und eben auch
stimmlich vorstelle. Ersteres ist sicher eine Frage des Skriptes (auf
die hier zu benennen Mängel komme ich später noch zu sprechen),
letzteres eine Frage der Sprecherauswahl.
Zusätzlich zur stimmlich vorhandenen Jovialität wäre ein wenig
Affektiertheit mindestens genauso von Nöten gewesen um der Rolle
adäquat gerecht zu werden.
Unpassend auch Ernst Jacobi als Nemo. Er kann stimmlich nichts, aber
auch wirklich gar nichts von dem bieten, was den unheimlichen,
mysteriösen, strengen und autoritären Charakter des Nemo ausmacht. Er
wirkt hingegen eher blass und leider vollkommen unspektakulär.
Hermann Lause als Conseil? Genauso eine Fehlbesetzung. Wo bitte ist
stimmlich das typisch "dienerhafte" dieser Rolle umgesetzt? Wo bitte
ist der notwendige, mit dem Charakter assoziierte untertänige Tonfall?
Genau: Nicht vorhanden. Die Rolle wirkt damit profillos, austauschbar
und einfach überflüssig.
...
Kommen wir zum Hörspielskript:
Eine Verne Umsetzung muss sich für mich alt und angestaubt anhören.
Dies steht nicht notwendigerweise im Gegensatz zu einer mit moderner
Technik daherkommenden Intonierung. Geräusche und Effekte dürfen ruhig
in 5.1. abgemischt werden und spektakulären Charakter haben. Die
Dialoge, die Wortwahl und die Satzbildung allerdings sollten bei einer
Vernevertonung schon den offenkundigen Eindruck vermitteln, ein paar
Tage älter zu sein.
Immerhin wird man nur so auch der literarischen Vorlage gerecht. Nur
so kann man das typische "Altbackene" der Geschichten passend
vermitteln.
Genau dies fehlt der neuen Produktion allerdings. Die Dialoge wirken
unpassend "frisch" (obwohl im Inlet des Covers angermerkt ist: "nach
der anonymen deutschen Erstübersetzung 1875!!!!), zu modern und wenig
zeitgenössisch angepasst. Der die Dialoge immer wieder abwechselnde
Erzähltext unterbricht störend das Hörspiel.
In diesem Sinne kommt die Story wie "zusammengekleistert" und mit
wenig Liebe zum Detail umgesetzt daher. Das Interagieren der
Charaktere wirkt zäh, studiotechnisch aufbereitet und gekünstelt. Was
fehlt ist Elan, Begeisterung und ein gelebtes Miteinander.
Musik und Effekte:
So gut wie die 5.1 Effekte technisch platziert sind, so unpassend ist
nach meinem Hörgefühl die Art der Effekte und Geräusche. Alles wirkt
sehr kalt, steril und tot. Im Zusammenhang mit der düsteren Musik
kommt für mich eine eindeutig beklemmende, dunkle, technizistische
Atmosphäre auf. Fast schon endzeitmäßig sci fi like .
In jedem Fall ist dies (20000) meilenweit entfernt von dem, was
stimmungsmäßig mit einer gut unterhaltenden abenteuerlichen,
lebendigen Verne Geschichte gemein hin assoziiert wird.
Fazit:
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die wunderschöne
Geschichte aus der Feder des Jules Verne in dieser Vertonung zu einem
Prestigeobjekt sich künstlerisch-intellektuell definierender
Hörspielschaffender verkommen ist.
Technisch perfekt, sicherlich, modern intoniert, na klar, anders als
bisherige Vertonungen, natürlich.
In seiner modernen Form leider aber auch mangelhaft unterhaltend und
damit am Ziel vorbei. Zumindest aus meiner bescheidenen und
beschränkten Sichtweise.
Ich stelle mich mit meiner Kritik möglicherweise ganz weit ins
Abseits.. Immerhin wird die Produktion von wirklich anerkannten
"Experten" gebührend gefeiert. Dennoch: Meine Meinung bleibt: Unter
dem Aspekt guter Unterhaltung bricht das Werk zusammen.
Geht so
-> Hier gibts die Originalrezi:
http://www.hoerspiel-rezensionen.de/cms/include.ph…p&contentid=894