Das kleine Nürnberger Theater startet mit Jules Verne in die Herbstsaison

  • So plant das Gostner Hoftheater die nächste Spielzeit

    Das kleine Nürnberger Theater startet mit Jules Verne in die Herbstsaison - 06.07.2020 06:00 Uhr


    NÜRNBERG - Für wie viele Zuschauer genau das Gostner Hoftheater in Nürnberg ab Herbst spielen wird, ist noch offen. Doch der Plan für die nächste Spielzeit steht bereits.


    Der Schweizer Laurent Gröflin ist neuer künstlerischer Leiter am Gostner Hoftheater, das er gemeinsam mit Geschäftsführerin Isabelle Pyka managt.

    © Foto: Wolf Ebersberger


    Und sicher ist: eine hat Corona überlebt – Sibylle Berg, wer sonst. Die Autorin war in dieser Spielzeit das erste Opfer der Krise. "Wonderland Ave.", ihr bitterböser Blick in eine automatisierte Zukunft, war an dem rührigen freien Theater im Stadtteil Gostenhof schon zu Ende geprobt und musste dann doch kurz vor der Premiere Mitte März im Rahmen des allgemeinen Corona-Shutdowns abgesagt werden. Pech! Zwei weitere Produktionen fielen sogar ganz ins Wasser.


    Den Spielplan für die nächste Saison hat zum ersten Mal Laurent Gröflin gestaltet. Die Aufführung von Sibylle Bergs satirischem Ensemblestück ist nun für April 2021 als eine von sieben Eigenproduktionen angesetzt. Wie viele Zuschauer dann im Publikum sitzen dürfen, wird sich zeigen. 15 oder 20 statt der üblichen 80? Lohnt es sich da überhaupt, Theater mit Anspruch zu machen? Einem Anspruch, dem sich auch Gröflin als neuer künstlerischer Leiter des Hauses verpflichtet fühlt.


    Innenhof wird bespielt

    Der 41-jährige Theatermann aus Basel hat bereits als freier Regisseur am Gostner gearbeitet. Er inszenierte etwa "Quo Vadis Gostenhof?!" und "being Don Quijote?". Seit dieser Spielzeit ist er ganz in der Austraße aktiv – das aktuelle Angebot hat jedoch noch Gisela Hoffmann, die langjährige einstige Chefin, zusammengestellt.


    Momentan, in Zeiten der Pandemie, wird immerhin der Innenhof bespielt, improvisierend mit Musik und Lesungen – und einer Buddel Rum von der Bar. Schließlich lautet das Motto "Piratennest am Goldfischteich", und den jeweils sorgsam verteilten 30 Zuschauern wird einiges Seemannsgarn versprochen.


    Nicht ganz zufällig, denn die nächste Spielzeit soll am 18. September ganz maritim und maskulin eröffnet werden: Mit Jules Verne und dessen Roman "20 000 Meilen unter dem Meer". Laurent Gröflin selbst wird die Abenteuer auf dem U-Boot Nautilus in Szene setzen.


    Premiere bereits ausverkauft

    Die Premiere ist schon ausverkauft. Die Proben haben gerade begonnen, erzählt der Theatermacher, der in dem Stück auch das Spielzeitthema "Aufbruch" anklingen lassen will. "Wir müssen – nach und trotz Corona – wieder neugierig werden auf die Welt. Auch auf Kunst, Theater, andere Menschen. Da hilft ja manchmal schon ein gemeinsamer Kaffee. . ."


    So wie bei unserem Gespräch im Hof des kleinen Privattheaters, wo Laurent Gröflin sehr lässig seine Pläne vorstellt, während die Handwerker ein und ausgehen und es in den alten Räumlichkeiten baumäßig staubt. Das Gostner macht sich für die neue Saison schick, und bietet dann zum Beispiel einen größeren und richtig eleganten Kassenbereich in Grau und Rot.


    Für das erste Programm unter seiner Leitung hat sich der Schweizer nicht nur eigene Gedanken gemacht, sondern sich auch gleich neu vernetzt. So plant er etwa das Stück "Habe Häuschen. Da würden wir leben" von Roger Willemsen (was konnte das Multitalent Willemsen eigentlich nicht?) als Koproduktion mit dem Theater Ansbach. "Einen Abend der Sehnsucht", verspricht er, "auch der unerfüllten" – schließlich geht es auf der Bühne um Kontaktanzeigen.


    Bei der Produktion "Guguss" ( französisch für einen naiven Clown) kommt es sogar zur Zusammenarbeit mit Brüssel, wo Gröflin studiert hat. Das dortige freie "Inti Théâtre" entwickelt für und mit Nürnberg ein Stück über den Art-Brut-Künstler und Erfinder Gustav Mesmer, der – verrückt oder nicht – gern von Flugmaschinen träumte.


    Jugendstück am Start

    Neu im Regie-Team des Gostners sind ab Herbst auch Sarah Speiser und Benjamin Schad. Speiser, spezialisiert auf physisches Theater, wird "Das Interview" inszenieren, das vor allem durch die Verfilmung des 2004 ermordeten holländischen Filmemachers Theo van Gogh bekannt wurde. Schad, sonst im Opernfach zuhause, widmet sich dem Klassiker "Antigone" von Sophokles, der ja auch am Staatstheater Nürnberg zu sehen sein wird.


    In der vom Gostner Hoftheater stets gut gepflegten Sparte Jugendtheater geht das Stück "Hässlich" an den Start. Schauspieler Helwig Arenz behandelt darin die Frage, wie bereits Teenies den Schönheitsidealen von Mode und Werbung ausgesetzt sind und entsprechend darunter leiden. Man darf gespannt sein.


    Quelle: https://www.nordbayern.de/kult…hste-spielzeit-1.10230078